Der Erfolg eines Spiels hängt mit vielen Dingen zusammen. Grafik, Sound, Technik, Gameplay, Handlung und – zumindest in vielen Genres – das Leveldesign. Worauf kommt es dabei an?
Dimensionen
Schon aus technischen Gründen unterscheidet man zwischen 2D- und 3D-Leveldesign. Es gibt natürlich auch 2,5D, aber dies folgt i. d. R. den Gesetzen des 2D-Designs, da die Dreidimensionalität eher optischer Natur ist.
Doch wo liegen die Unterschiede? Am offensichtlichsten ist die Architektur. Bei 2D muss man sich nur wenig um die Tiefe kümmern. Egal ob man von der Seite oder von oben auf das Geschehen blickt, letztlich verhält sich die Spielwelt wie ein Strichmännchen auf einem Blatt Papier.

Hinzu kommt die Wahrnehmung, welche zwei Aspekte beinhaltet.
- Wir sind selbst dreidimensionale Wesen und kennen uns in einem dreidimensionalen Raum entsprechend aus.
- Meistens sieht man in einer dreidimensionalen Umgebung nur einen Bruchteil einer zweidimensionalen Ansicht.
Der erste Punkt leuchtet schnell ein. Während 2D-Spiele eine Abstraktion sind, bei der wir uns viele Dinge gefallen lassen, bemerken wir „Fehler“ in einem dreidimensionalen Raum viel schneller. Das bedeutet, dass die Architektur viel schlüssiger erscheinen sollte als in einem 2D-Raum. Natürlich gibt es in beiden Fällen gut begründete Ausnahmen, etwa schwebende Plattformen oder schwebende Inseln.
Überblick
Der zweite Punkt stimmt natürlich nicht immer. Bei Top-Down-Spielen ist es meistens egal, ob sie zwei- oder dreidimensional sind. Im besten Fall kann der Spieler mit der Kamera raus- und reinzoomen. Er hat somit immer eine gute Übersicht.
Doch in Shootern, egal ob First-Person oder Third-Person, sieht das schon anders aus. Hier ist die 2D-Perspektive oft besser, weil man, von der Seite betrachtet, besser sieht, was um die Spielfigur herum geschieht. Dies schließt mehrere Ebenen mit ein. Der Spieler sieht, was auf der Ebene über und unter ihm passiert, sofern sie nicht außerhalb der Kamera ist.

Da sich das Leveldesign somit in vielen Fällen fundamental unterscheidet, beschränke ich dieses Tutorial auf 2D-Spiele. Ohnehin bin ich der Meinung, dass man sich zunächst mit dem Design von 2D-Spielen befassen sollte, bevor man sich auf 3D-Spiele konzentriert. Einige der nachfolgenden Gedanken und Tipps lassen sich dennoch auf das 3D-Leveldesign anwenden.
Genres
Welche Genres kommen eigentlich infrage? Hier ein paar der Häufigsten:
- Plattformer (in Deutschland besser unter „Jump ‘n‘ Run“ bekannt)
- Geschicklichkeitsspiele
- Denkspiele
- Shoot ‘em Up (damit sind auch Top-Down Shooters (TDS) gemeint)
- Metroidvania
- Action-Adventures
- Rätselspiele
- Run ‘n‘ Gun
- Beat ‘em Up
Moment, was ist hier mit Echtzeitstrategiespielen (RTS) oder Rollenspielen (RPG)? Bei RTS spricht man eher von Missionsdesign, bei RPG von Quests. In beiden Fällen kommen natürlich auch Elemente des Leveldesigns vor. Solltest du eines dieser Genres entwickeln wollen, kannst du gerne weiterlesen.
Planung
Man sollte sich einige Gedanken machen, bevor man mit dem ersten „richtigen“ Level beginnt. Bis dahin hat man zwar schon einige Prototypen gebastelt, um die Spielmechanik zu testen, aber i. d. R. sind diese Prototypen nur selten für das finale Spiel brauchbar. Bei den Planungen gibt es einige Aspekte zu berücksichtigen.
Was kann die Spielfigur bzw. der Spieler?
Das ist eines der wichtigsten Fragen. Welche Fähigkeiten hat die Spielfigur? Soll sie alles von Anfang an können, oder sollen die Fähigkeiten mit der Zeit freigeschaltet werden? In beiden Fällen ist eine angenehme Lernkurve wichtig, damit der Spieler den Umgang mit dem Hauptcharakter erlernt. Meistens ist es besser, die Fähigkeiten mit der Zeit freizuschalten. In dem Fall ist die nächste Frage entscheidend.

Wie viele Level brauche ich?
Das ist eines der schwierigsten Fragen überhaupt. Wie groß soll ein Level sein? Wie lange sollen die Spieler Spaß haben? Kann ich genügend Level erstellen, ohne das sich Herausforderungen, Gegner und Grafiken zu sehr wiederholen?
Anhand der Levelzahl gestalten sich die Lernkurve und die Verteilung von Features. Generell bin ich eher ein Freund davon, viele Levels zu erstellen, die etwas kürzer sind, statt wenige endlose.
Wie viele Gegner und sonstige Features gibt es?
Diese Frage ist u. a. wichtig, um die Anzahl von Levels zu planen. Ein extremes Beispiel: Das Spiel verfügt über 10 Gegnertypen, es sind aber 100 Level geplant. D. h. dass im Schnitt alle 10 Level ein neuer Gegner kommt. Ist das wirklich sinnvoll? Das Gleiche gilt natürlich für Features. Es muss gut überlegt sein, wann welche Spielelemente kommen, um nicht schon am Anfang alles zu verballern.

Ein negatives Beispiel aus einem meiner eigenen Spiele. In Glow gab es 10 normale Gegner und 4 Bossgegner, verteilt auf 40 Level. Die Bossgegner waren zwar relativ abwechslungsreich, aber 10 Gegner für die restlichen 36 Level waren zu wenig. Zum Ende hin gab es diesbezüglich zu wenig Abwechslung. Da wir aus zeitlichen Gründen nicht mehr Gegner erschaffen konnten, hätten wir die Levelzahl reduzieren müssen.
Welche Geschichte möchte ich erzählen?
Soll überhaupt eine Geschichte erzählt werden? Wenn ja, wie lässt sie sich vernünftig unterteilen? Wird sie im Level, zwischen zwei Levels oder überall erzählt? Gibt es nur eine Haupthandlung oder auch kleine Nebenhandlungen?
Man muss nicht die ganze Geschichte fertig haben, bevor man mit dem Leveldesign beginnt, aber man sollte es berücksichtigen, weil man sonst ggf. Teile von bereits ausführlich getesteten Levels neu bauen muss. Will man die Handlung über Schilder erzählen, die vom Spieler aktiviert werden können, kann man bequem mit Platzhaltern arbeiten.
Missionen?
Gibt es im Spiel Missionen oder vergleichbare Unterteilungen? Wenn ja, sollte man sich die oben gestellten Fragen neu stellen. Welche Features erscheinen in welcher Mission? Wie erzähle ich die Handlung? Welcher Gegnertyp taucht wo auf?

Für die Planung und Verteilung der Levels gibt es meines Wissens nach keine Zauberformel. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die Zahlen 6, 10 und 12 ganz gut funktionieren. Dabei gilt, wie bereits oben erwähnt: Je größer ein Level ist, umso weniger davon sollte es geben. Irgendwann will ein Spieler auch die Mission bzw. das ganze Spiel abschließen.
Ein paar Beispiele:
- Wolfenstein 3D hat sechs Missionen mit jeweils 10 Levels
- Duke Nukem 1 besteht aus drei Missionen mit je 10 Levels
- Commander Keen 1: Marooned on Mars hat 16 Levels, wovon einige sehr kurz sind
- Doom 1 ist im Original in drei Episoden mit 10 (E1) bzw. 9 (E2 u. 3) Levels unterteilt
- Jazz Jackrabbit 1 wurde in sechs Episoden (CD-ROM-Version 9) untergliedert
- Raptor: Call of the Shadows besteht aus drei Missionen mit je 10 Angriffswellen
Dabei sollte berücksichtigt werden, dass es verschiedene Wege gibt, die Inhalte dem Spieler preiszugeben. In Glow musste man die 40 Levels am Stück durchspielen. In einem anderen Spiel von mir, CYPEST, konnten die Spieler die Missionen und Level frei wählen, wobei von jeder Mission mehrere Level sofort spielbar waren.

Den Rest musste man durch vorher erbrachten Leistungen freispielen. Der Sinn dahinter war folgender Gedanke: Wenn der Spieler sofort eines der sehr schweren Level spielt, ist er womöglich demotiviert.
Aufbau und Architektur
Dazu gibt es mehrere Betrachtungsweisen.
Spielerführung
Stelle sicher, dass Spieler die Level intuitiv navigieren können. Führe sie durch klare Hinweise, visuelle Elemente oder subtile Anleitungen. Gefahren sollten für den Spieler vorher ersichtlich sein, etwa durch Blut an der Wand oder Skelette auf dem Boden. Es ist immer schlecht, wenn ein Spieler unerwartet stirbt.
Balancing
Achte darauf, dass die Schwierigkeit des Levels angemessen ist und eine angenehme Lernkurve bietet. Vermeide Frustration durch zu schwierige Abschnitte oder Langeweile durch zu einfache Herausforderungen.
Das Balancing muss extrem gut getestet werden. Meiner Erfahrung nach wird man als Entwickler relativ schnell zum Profi seines eigenen Spiels. Was sich für einen einfach anfühlt, kann für einen Durchschnittsspieler unschaffbar sein.
Abwechslung
Biete den Spielern eine Vielfalt an Gameplay-Elementen, Hindernissen, Gegnern und Belohnungen. Wiederholung kann schnell eintönig werden, daher sollte jedes Level neue Herausforderungen und originelle Ideen bieten. Dies ist auch ein Teil der Architektur. Wenn der Spieler in jedem Level nur von links nach rechts laufen kann, muss auf dem Weg viel Interessantes passieren. Bei einem freien Leveldesign kann man Start und Ziel sowie den ganzen Aufbau viel besser variieren. Mal ist das Level wie ein Hochhaus, mal sehr flach, dafür aber extrem breit.

Themen und Atmosphäre
Entwickle eine einzigartige visuelle Ästhetik für jedes Level, um eine bestimmte Atmosphäre oder Geschichte zu vermitteln. Konsistenz ist dabei wichtig, um eine kohärente Spielerfahrung zu gewährleisten.
Belohnungen und Anreize
Platziere verlockende Belohnungen wie Power-Ups, Geheimnisse oder Boni, um die Motivation der Spieler aufrechtzuerhalten. Diese können zur Erkundung und zum Abschluss schwieriger Herausforderungen anregen.

Geheimgänge sind ebenfalls eine gute Sache. Viele Spieler mögen es, die Geheimnisse einer Spielwelt zu entdecken. Bedenke stets, dass es sehr viele unterschiedliche Spielertypen gibt.
Flow und Rhythmus
Achte auf einen angemessenen Fluss im Level, bei dem auf ruhigere Passagen Herausforderungen folgen. Schaffe eine dynamische Abfolge von Spannung und Entspannung, um den Spieler zu fesseln. Vor allem die entspannenden Phasen werden in vielen Spielen vernachlässigt, weil es Leveldesigner für eine gute Idee halten, immer mehr und größere Gegnerwellen auf den Spieler loszulassen.
Barrierefreiheit
Berücksichtige die Bedürfnisse unterschiedlicher Spieler. Sorge dafür, dass das Leveldesign für Farbenblinde, Spieler mit motorischen Einschränkungen oder anderen speziellen Anforderungen zugänglich ist.
Wiederspielbarkeit
Biete Anreize für Wiederspielbarkeit, zum Beispiel durch alternative Routen, Geheimnisse oder verschiedene Enden. Dadurch wird die Lebensdauer des Spiels verlängert.
Manche Spieler wollen ein Level perfekt durchspielen können. Andere wollen so schnell wie möglich durch sein. Beim Leveldesign gilt es, beides zu berücksichtigen.
Lernkurve
Baue die Schwierigkeit schrittweise auf, um den Spielern die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Beziehe neue Mechaniken und Herausforderungen nach und nach mit ein, um Überforderung zu vermeiden. Denke dabei aber stets an die Zielgruppe, damit das Spiel nicht zu einfach wird.
Tempo
Das Leveldesign hängt u. a. vom Tempo des Spiels ab und das Tempo des Spiels vom Leveldesign. Um das zu verstehen, reicht es oft aus, wenn man Sonic mit Super Mario vergleicht. Mario ist ein langsamer Charakter, entsprechend sind die Level aufgebaut. Bei Sonic ist es umgekehrt.
Wenn der Charakter an Leitern oder Wänden hochklettern kann, ist es eher ein langsames Spiel. Entsprechend sollten Gegner ausbalanciert und platziert werden.

Das sind natürlich nur Tendenzen. Auch ein überwiegend langsames Spiel kann schnelle Passagen haben – und umgekehrt. CYPEST ist zwar ein sehr schnelles Geschicklichkeitsspiel, hat aber dennoch langsame Passagen. Und selbst diese können stellenweise sehr hektisch werden.
Wie fange ich mit einem Level an?
Normalerweise hat man ein großes Ziel. Commander Keen muss im ersten Teil einige Teile seines Raumschiffs finden. Das Auffinden eines dieser Teile könnte man als „Meilenstein“ bezeichnen. Dann gibt es thematische Unterteilungen. Etwa, dass man im Jungle beginnt, dann in die Wüste kommt etc. Daraus – und den oben genannten Aspekten – ergibt sich irgendwann die Anzahl eines Levels.
Der Rest hängt vor allem vom einzelnen Level ab. Gibt es ein konkretes Ziel im Level? Soll der Spieler einen Boss besiegen, ein Rätsel lösen oder eine bestimmte Anzahl von Gegenständen sammeln? Das Ziel des Levels bestimmt die Art der Herausforderungen und den Fortschritt des Spielers.
Mache eine grobe Skizze oder Zeichnung des Levels, um eine Vorstellung von der Gesamtstruktur zu bekommen. Markiere wichtige Bereiche, Plattformen, Hindernisse oder Schlüsselpunkte, die du im Level platzieren möchtest. Dies hilft dir, eine grundlegende Vorstellung von der räumlichen Anordnung zu entwickeln.
Denke über den Fortschritt nach: Berücksichtige die Lernkurve und den Fortschritt des Spielers beim Entwerfen des Levels. Beginne mit einfacheren Herausforderungen, um den Spieler in das Gameplay einzuführen, und steigere dann nach und nach die Schwierigkeit.
Erste Schritte
Sobald das Level geplant wurde, geht es an den Leveleditor. Hier definiert man die Größe und den Startpunkt. Das Levelende würde ich erst sehr spät einbauen, sobald klar ist, wo es wirklich hin soll. Meistens hat man auf dem Weg dorthin viele kleine Schritte. Hier Schlüssel, da Schalter, kleinere und größere Umwege.
Experimentiere mit Mechaniken. Spiele mit verschiedenen Gameplay-Mechaniken und -Elementen, um das Level interessant und abwechslungsreich zu gestalten. Verwende Plattformen, bewegliche Objekte, Rätsel, Gegner oder Power-Ups, um das Spielerlebnis zu bereichern. Überlege, wie diese Elemente zusammenarbeiten können, um spannende Herausforderungen zu schaffen.
Testen und Optimierung
Teste das Level regelmäßig, während du es entwickelst. Spiele es selbst durch und bitte andere Personen, es auszuprobieren. Beobachte ihre Reaktionen, ihr Feedback und ihre Schwierigkeiten. Dadurch kannst du das Level verbessern, Probleme beheben und den Spielfluss optimieren.
Meistens hat man zu diesem Zeitpunkt nur einen groben, funktionalen Aufbau. Wenn der Weg gut funktioniert, geht es an die Optimierung. Nun kümmerst du dich um die Details des Levels, um eine ansprechende Spielerfahrung zu schaffen. Achte auf eine kohärente Ästhetik, füge Hintergrundelemente und Dekoration hinzu, die die Atmosphäre unterstützen, und platziere Soundeffekte, Musik und Lichter, um die Stimmung zu verstärken.
Überlege, wie du den Wiederspielwert des Levels erhöhen kannst. Füge alternative Routen, versteckte Geheimnisse oder zusätzliche Herausforderungen hinzu, die Spieler entdecken können. Dadurch wird das Level auch nach dem ersten Durchspielen attraktiv.
Weiterführende Links
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