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Das Genre der Scrolling Shooter wurde 1978 durch das weltbekannte Space Invaders, das erste sogenannte „Fixed Shooter” eingeleitet. 1994 fand es mit Raptor: Call of the Shadows, zumindest unter DOS, seinen Höhepunkt.

Kaum ein Genre lässt sich so einfach beschreiben. Mit einem Raumschiff oder Flugzeug fliegt man eine vordefinierte Strecke ab und ballert dabei alles nieder, was nicht schnell genug ausweichen kann. So banal, schon fast primitiv das Gameplay klingt, so reizvoll kann es auch sein. In Bruchteilen einer Sekunde muss der Spieler ausweichen, schießen, die richtige Waffe auswählen und blitzschnell Entscheidungen treffen. Die pure Pixel-Action ist ein Geschicklichkeitsspiel, dass, wenn es richtig umgesetzt wurde, im Sekundentakt Adrenalinschübe verursacht.

Der Hangar von Raptor
Der Hangar von Raptor: Hier kommen wir in den Shop und in die Missionen

Das Spiel Raptor setzte dies nicht nur grandios um, es bot dem Spieler auch ein Drumherum, was nicht nur für mehr Atmosphäre sorgte, sondern den Spieler auch zu interessanten Entscheidungen zwang.

In einem nicht näher faszinierenden Krieg heuert man als Pilot an und wählt dabei Namen, Passbild und Schwierigkeitsgrad aus. Vor jeder Mission kann man dreierlei Dinge tun. Speichern, was äußerst wichtig sein kann, eine von drei Missionen wählen oder in einem Shop Ausrüstung kaufen.

Der Shop von Raptor
Der Shop von Raptor: Hier können wir Waffen, Energie und andere nützliche Dinge kaufen

Letzteres ist der besondere Reiz, den leider zu wenige Vertreter des Genres bieten. Auf dem Schlachtfeld verdient man durch Abschüsse und Zerstörungen Geld, welches man zwischen den Missionen in Lebensenergie, Waffen und Sprengkörper investieren kann. So wird der Grundgedanke des Kapitalismus auch im Krieg perfekt umgesetzt. Wer sehr gut ist, kann sich einfacher Ausrüstung kaufen, damit er noch besser wird. Weniger gute Piloten krebseln so lange am Existenzminimum herum, bis sie komplett ableben.

Doch ganz so einfach ist das nicht, da das Geld immer knapp ist und man auch Fehlentscheidungen treffen kann. Teilweise lassen sie sich durch Verkäufe korrigieren, doch meistens wirken sie sich fatal aus. Eine tolle Wumme, aber zu wenig Energie? Keine gute Idee! Viel Energie und Schutzschilde, aber keine guten Waffen? Ebenfalls schlecht. Stets muss das Geld richtig eingesetzt werden!

Raptor Call of the Shadows
Raptor Call of the Shadows

Auf dem Schlachtfeld geht es ähnlich brisant zur Sache. Klar, die meisten Feinde sind lediglich Kanonenfutter, aber die Balance zwischen Bodentruppen und Feinde in der Luft macht das Leben besonders schwer. Generell lassen sich alle Waffen in drei Typen einteilen. Manche sind reine Bodenwaffen, andere reine Luftwaffen und ein paar greifen beide Ziele an, sind aber oft nicht so effektiv. Kurz und gut: Man muss immer wieder umschalten, sonst glüht bereits nach kurzer Zeit der Hintern des Piloten.

Erfolgreiche Rückkehr
Erfolgreiche Rückkehr

Selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad sind die Missionen, vor allem für ungeübte Spieler, eine Herausforderung. Dabei wirken die Welten nie unfair. Wenn man scheitert, hat man stets das Gefühl, es eigentlich besser zu können. Das motiviert, es immer wieder neu zu versuchen, bis man es endlich geschafft hat.

Grafisch gehörte Raptor 1994 zum besten, was man an Pixelgrafik bewundern durfte. Landschaften, Feinde und der eigene Flieger wirken wie aus eine Guss. Die Feinde sind liebevoll animiert, die Explosionen wirken optisch sehr stimmig und selbst der Boden weist kleine Wasseranimationen auf, wodurch die ganze Szene sehr lebendig wirkt. Die Schatten der Flieger tun ihr übriges und haben zudem einen praktischen Nutzen. Am Schatten kann man bereits herannahende Gegner erkennen, bevor sie in Waffenreichweite sind. So ist es, zumindest bei langsamen Gegnern, einfacher sich richtig zu positionieren.

Bosskampf in Raptor: Call of the Shadows
Bosskampf in Raptor: Call of the Shadows

Fast noch besser als die Grafik ist die Musik. Vor allem das erste Missionslied gehört heute noch zu meinen Lieblingsliedern unter der Computerspiele-Musik. Sie ist leicht melodisch, aber sehr martialisch und lädt förmlich dazu ein, mehrere Runden zu spielen. Sie ist in der Tat mehr als nur ein nettes Beiwerk im Hintergrund. Auch wenn es „nur” Midi-Lieder sind, können sich selbst heute noch einige Spiele eine gehörige Scheibe davon abschneiden.

Zur Inszenierung gehören ein paar kurze Animationen, etwa das Intro oder Szenen, wenn man im Hangar landet. Ebenso dramatisch wirken die Szenen, wenn man gescheitert ist. Wo sich andere Spiele seiner Zeit mit einem schlichten „Game Over” begnügten, zeigt Raptor noch ein wenig die Konsequenzen des eigenen Scheiterns.

Bei allen Lobliedern über das Spiel, eine Schwäche hat es dennoch. Je nach Schwierigkeitsgrad und eigenem Können ist man nach zwei bis fünf Stunden durch. Dann hat man alle Gegner gesehen und alle Zwischenboss- und Bossgegner besiegt. Für die damalige Zeit war das, für ein kommerzielles Spiel, extrem dünn. Bis dahin hatte man aber sehr kurzweiligen Spielspaß und konnte sich an der Tastatur so richtig verausgaben.

Raptor kann man heute wieder, bei Steam und gog.com, kaufen. Für wenige Euro gibt es eine 2015er Version. Diese benötigt keinen DOSBox-Emulator und lässt sogar höhere Auflösungen, bis 1280×800 Pixel, zu. Auf einigen Bildschirmen wird es als 1280×960 dargestellt, wodurch die letzten 160 Pixel einen schwarzen Rand unterhalb des Spiels bilden. Den HQ-Filter sollte man auf jeden Fall ausschalten, weil er die wunderbare Retrooptik nur trübt.

Weiterführende Links

Interview mit Scott Host Teil 1
EnDOSkopie – Wolfenstein 3D
EnDOSkopie – Commander Keen

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