„Es gibt nichts, was es nicht gibt“ – heißt es. Und dennoch soll man bei einem eigenen Spiel ganz besondere Dinge einbauen, die es von der Masse abhebt. Doch worauf muss man bei den eigenen Spielregeln und der Spielmechanik achten?
Das neue und das alte Rad
Wir können davon ausgehen, dass die meisten Genres, bezogen auf die bisherigen technischen Möglichkeiten, bereits erfunden wurden. In den letzten zwanzig Jahren wurden deshalb Genres gemixt. Die Zutaten variieren und erschaffen dabei neue Dinge, die wiederum auf vielen alten Ideen fußen.
Zu erwarten, dass man das ganz große und vor allem neue Ding erfindet, ist utopisch. Viel mehr ist es so, dass man sich zunächst an alten, bekannten und bevorzugt erfolgreichen Dingen orientiert und diese entweder im Detail verbessert oder tatsächlich mehrere Elemente auf eine Art mischt, wie es sie vorher noch nie gab.
Der Gedankengang beginnt in etwa so: „Ich hätte gerne einen klassischen Shooter wie Doom oder Quake, aber mit Rollenspielelementen. Außerdem will ich, dass der Spieler alle paar Level in einem Raumschiff fliegt und gegnerische Raumschiffe abschießt.“
Im Texteditor mag das interessant klingen, aber man braucht zunächst Spielregeln.
Grundlagen der Spielregeln
Spielregeln sind eine Sammlung von Anweisungen, die festlegen, wie ein Spiel gespielt wird. Sie definieren die Aktionen, die ein Spieler durchführen kann, die Bedingungen, unter denen diese Aktionen ausgeführt werden können, und die Konsequenzen, die sich aus den verschiedenen Aktionen ergeben. Spielregeln sind also das Herzstück eines jeden Spiels.
Spielregeln können einfach oder komplex sein. Einfache Regeln sind leicht zu verstehen und erfordern nur wenige Schritte, um sie zu erlernen. Beispiele für Spiele mit einfachen Regeln sind Tic Tac Toe, Dame oder Uno.
Komplexe Regeln hingegen sind in der Regel schwerer zu verstehen und erfordern oft mehrere Durchgänge, um sie vollständig zu erlernen. Als Gamedesigner muss man dies wissen und die Lernkurve entsprechend aufbauen. Beispiele für Spiele mit komplexen Regeln sind Strategiespiele wie Risiko, Civilization, Rollenspiele wie Dungeons and Dragons oder auch viele Brettspiele wie Monopoly oder Schach, vor allem dessen Sonderregeln wie die Rochade.
Unabhängig davon, ob die Regeln einfach oder komplex sind, ist es wichtig, dass sie klar und eindeutig formuliert sind, damit alle Spieler das Spiel verstehen und Erfolgserlebnisse haben. Es gibt für ein Computerspiel kaum etwas Schlimmeres, als wenn der Spieler scheitert, ohne zu verstehen, woran das liegt.
Die Komplexität der Spielregeln hängt auch davon ab, wie viele Variablen und Optionen es im Spiel gibt. Zum Beispiel haben Rollenspiele oft viele unterschiedliche Charakterklassen, Fähigkeiten und Gegenstände, die alle unterschiedliche Regeln und Interaktionen haben. Dadurch können die Regeln wesentlich komplexer werden als bei einem Point-and-Click-Adventure.
Entwicklung von Spielmechaniken
Spielmechaniken sind die Bausteine, aus denen ein Spiel besteht. Sie sind die Regeln und Interaktionen, die bestimmen, wie das Spiel funktioniert und wie die Spieler agieren und reagieren können.
Die Entwicklung von Spielmechaniken ist ein wichtiger Schritt bei der Gestaltung eines Spiels. Eine gute Spielmechanik ist intuitiv und macht Spaß, sie ist einfach zu verstehen, aber dennoch anspruchsvoll genug, um den Spieler zu fordern und zu motivieren. Sie sollte auch variabel sein, damit der Spieler unterschiedliche Strategien anwenden kann, um das Spiel zu gewinnen.
Die Entwicklung von Spielmechaniken beginnt oft mit der Suche nach einem Kernkonzept oder einer Idee, die das Spiel besonders macht. Diese Idee kann aus einem Genre stammen oder etwas völlig Neues sein. Zum Beispiel kann eine Spielmechanik auf der Idee basieren, dass der Spieler einen Charakter durch eine Welt voller Gefahren führen muss. Oder es kann sich um ein rundenbasiertes Strategie-Gameplay handeln, bei dem der Spieler seine Truppen durch ein Schlachtfeld führen und dabei taktische Entscheidungen treffen muss.
Sobald das Kernkonzept gefunden ist, geht es darum, es in eine Spielmechanik umzusetzen. Hier ist es wichtig, dass die Spielmechanik auf das Konzept abgestimmt ist und dass sie den Spieler in das Spiel hineinzieht. Es kann auch hilfreich sein, sich an erfolgreichen Spielmechaniken zu orientieren und diese zu adaptieren oder weiterzuentwickeln.
Ein weiterer Aspekt bei der Entwicklung von Spielmechaniken ist die Balance. Eine gute Spielmechanik sollte ausbalanciert sein, damit alle Spieler eine Chance haben, zu gewinnen. Es sollte auch eine Herausforderung für den Spieler darstellen, ohne zu frustrierend zu sein.
Viele der beliebtesten Spiele basieren auf dem Prinzip: „Einfach zu lernen, schwer zu meistern“. Das erklärt bspw. die Beliebtheit von Schach, FIFA, Autorennen, zahlreiche Shooter und weitere Spiele und Genres. Das „einfach zu lernen“ beruht auf einfache Regeln, die möglicherweise noch aufeinander aufbauen. Das „schwer zu meistern“ basiert auf die Anzahl der Variablen, Leveldesign, Schwäre der Rätsel, KI-Gegner, Zeitdruck oder schlicht die Anzahl der Kombinationen, die sich aus den einfachen Regeln ergibt, wie etwa bei dem Brettspiel Go.
Ein häufig genutzter Ansatz ist die Iteration, bei der man eine Grundidee nimmt und diese immer weiter verfeinert und verbessert. Dabei sollten Gamedesigner auch immer das Feedback der Spieler im Auge behalten und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.
Balancing von Spielmechaniken
Dies ist ein wichtiger Schritt im Entwicklungsprozess eines Spiels. Es bezieht sich auf die Anpassung von Spielregeln und -mechaniken, um sicherzustellen, dass das Spiel fair, herausfordernd und unterhaltsam bleibt.
Das Ziel des Balancings ist es, sicherzustellen, dass keine bestimmte Spielmechanik oder -strategie übermächtig wird und den Spaß für andere Spieler beeinträchtigt. Hierzu können Entwickler auf verschiedene Techniken zurückgreifen, um die Spielmechaniken zu optimieren, einschließlich statistischer Analysen und Feedback von Spielern.
In der Regel erfordert das Balancing mehrere Iterationen und Tests, um sicherzustellen, dass das Spiel eine angemessene Herausforderung bietet und gleichzeitig Spaß macht. Es ist auch wichtig, das Balancing im Laufe der Zeit aufrechtzuerhalten, da sich die Spielerfahrung ändern kann, wenn neue Strategien oder Spielstile entdeckt werden.
Balancing ist ein kontinuierlicher Prozess und es gibt keine perfekte Lösung, die für alle Spieler gleichermaßen funktioniert. In jedem Genre gibt es zahlreiche Beispiele für gutes, aber auch sehr schlechtes Balancing. Diese sollte man sich anschauen und genau studieren.
Teste Dein Spiel!
Die Erfahrung hat gezeigt, dass man als Spieleentwickler, vor allem aber als Gamedesigner, schnell zum Profi seines eigenen Spiels wird. Und man wird blind. Mit der Zeit wird es immer schwieriger, sich in einen neuen Spieler hineinzuversetzen und im schlimmsten Fall macht das Spiel nur dem Entwickler selbst Spaß. Deshalb: Lass das Spiel so früh wie möglich von vielen Menschen testen und hol Dir ehrliches Feedback, auch wenn es manchmal hart ist.
Dabei sollten nicht nur Freunde und Familie, sondern auch potentielle Zielgruppen miteinbezogen werden. Das Feedback, das man erhält, kann sehr hilfreich sein, um Schwachstellen im Design zu erkennen und zu beheben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Testen von Spielen ist die Beobachtung des Spielverhaltens der Testspieler. Hierbei können Erkenntnisse über das Spielverhalten gewonnen werden, die sonst nicht offensichtlich wären. Beispielsweise kann man beobachten, welche Elemente des Spiels besonders gut oder schlecht funktionieren, ob es Bereiche gibt, die zu leicht oder zu schwer sind, oder ob es Spielmechaniken gibt, die den Spielern Schwierigkeiten bereiten.
Um ein Spiel erfolgreich zu testen, ist es ratsam, klare Testziele zu formulieren und diese vor dem Test zu kommunizieren. So kann man sicherstellen, dass jeder Tester die gleichen Schwerpunkte im Spiel testet und vergleichbare Ergebnisse erzielt. Außerdem sollte man den Testern genügend Freiheit geben, damit sie das Spiel auf ihre eigene Art und Weise spielen können. So kann man wertvolles Feedback erhalten, das sonst möglicherweise nicht zustande gekommen wäre.
Die Testphase ist ein wichtiger Prozess und wird vor allem im Hobby-Bereich unterschätzt, aber nicht nur hier. Außerdem sollte man das Feedback offen aufnehmen und sich nicht nur die Punkte herausnehmen, die einem in den Kram passen und den Rest ignorieren oder hinbiegen. So kann man sicherstellen, dass das Spiel auch bei den Spielern gut ankommt und für lange Zeit begeistert.
Schlechte Entscheidungen
Zum Ende dieses Artikels möchte ich noch ein paar generelle, schlechte Designentscheidungen auflisten.
- Die nächste Waffe ist immer besser als die Vorherigen. Der Spieler braucht die anderen Waffen eigentlich nicht mehr.
- Eine Einheit, die alle anderen auf dem Schlachtfeld besiegt (Schere-Stein-Papier-Prinzip beachten).
- Rätsel, deren Lösung völlig unlogisch erscheint.
- Bossgegner und Zwischenbisse, die im Vergleich zum restlichen Spiel viel zu einfach oder viel zu schwer sind.
- Eine zu starke Abhängigkeit von Glück, statt von Skill.
- Ein zu kompliziertes Interface oder eine unübersichtliche Benutzeroberfläche, die den Spieler überfordert.
Es gibt sicherlich noch viele weitere schlechte Designentscheidungen, aber diese Liste sollte einen guten Überblick geben. Es ist wichtig, diese Fehler zu vermeiden, um ein erfolgreiches und unterhaltsames Spiel zu entwickeln.