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Heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Spiele und Software zu verkaufen. Dabei geriet die Vertriebsform „Shareware“ in den letzten 20 Jahren immer mehr in Vergessenheit, jedoch könnte es für viele Entwickler genau das Richtige sein.

Was ist Shareware?

Unter Shareware versteht man Software, die in irgendeiner Form Einschränkungen unterliegt und deswegen frei kopiert werden darf. Der Benutzer dieser Software wird aber gebeten, sie zu kaufen, damit die Einschränkungen aufgehoben werden. Die Art der Einschränkung kann sehr unterschiedlich sein.

„Software“ steht hier für alle Arten von Programmen und schließt Spiele mit ein. Tatsächlich waren besonders in den 1990er Jahren viele bekannte Spiele Shareware, es kann sich aber auch um andere Programme handeln. Es gab Firmen, die Shareware auf Disketten und später auf CDs als Sammlungen verkauften, Spielemagazine legten die Programme ihren Zeitschriften ebenfalls bei.

Der Vorteil für Spieler war, dass sie das Spiel vor dem Kauf ordentlich testen konnten und nicht die Katze im Sack erhielten. Heute würde man es schlicht „Demoversion“ nennen, aber Shareware war – je nach Einschränkung – etwas anderes.

Mögliche Beschränkungen

Demoversion

Eine Demoversion bietet nur einen begrenzten Funktionsumfang der Software. Apogee hatte die Formel, ein Drittel des Spiels kostenlos freizugeben, den Rest musste man kaufen. Spiele wie Commander Keen und Duke Nukem, aber auch Wolfenstein 3D, Doom, Quake, Duke Nukem 3D und viele weitere Titel wurden dadurch sehr schnell verbreitet. Allerdings muss man als Entwickler von seinem Spiel sehr überzeugt sein, wenn man bereit ist, ein Drittel zu verschenken.

Trial-Version

Eine Trial-Version ist zeitlich begrenzt nutzbar. Meistens liegt das zeitliche Limit bei 30 Tagen.

Crippleware

Eine Crippleware ist funktional eingeschränkt. Etwa eine Stapelverarbeitung, die nicht mehr als 25 Durchläufe ermöglicht. Oder eine Textverarbeitung, mit der man nur fünf Seiten schreiben kann.

Nagware

Eine Nagware zeigt regelmäßig Erinnerungen an die Bezahlung der Software an. Dies passiert vor allem beim Programmstart, meistens auch nach der Beendigung und teilweise nach einer bestimmten Zeit in der Software.

Duke Nukem Episode 3
Duke Nukem war damals u. a. aufgrund des Shareware-Vertriebsmodells so erfolgreich

Es gibt auch Kombinationen. Demoversionen, die relativ aufdringlich an einen Kauf erinnert und/oder in welcher bestimmte Features überhaupt nicht oder nur eingeschränkt funktionieren. Man kann einige Funktionen mit einem Limit belegen. Etwa eine Sportsimulation, in welcher der Ligamodus nur ein Jahr gespielt werden kann. Oder eine Strecke im Autorennen, die man nur fünfmal fahren kann.

Welche Vorteile hat Shareware?

Vor dem Internet war Shareware beliebt, weil es besser war, eine eingeschränkte Version zu besitzen als überhaupt keine. Man handelte mit solchen Spielen und Programmen auf dem Schulhof und dem Arbeitsplatz. Dies führte dazu, dass sich die Spiele enorm verbreiteten, was den Entwickler entsprechend freute. So drang man sogar in Märkte vor, in denen das Spiel indiziert war – wie etwa den meisten Spielen von id Software in Deutschland.

Bis etwa 2010 gab es auch noch im Internet zahlreiche Seiten voller Share- und Freeware. Freeware ist kostenlos und kann ohne Einschränkungen genutzt werden.

keine Shareware
Titel wie Hocus Pocus wiesen in der Vollversion darauf hin, dass sie keine Shareware sind und man sie bitte nicht weiterkopieren soll

Shareware ermöglicht es, Software vor dem Kauf auszuprobieren. Der Nutzer kann sicherstellen, dass die Software seinen Anforderungen entspricht. Für den Entwickler hingegen besteht ebenfalls ein geringeres Risiko: Wenn die Shareware funktioniert hat, sollte auch die Vollversion keine Schwierigkeiten machen, was den Andrang verärgerter Kunden minimiert. Es ist für beide Seiten ein sehr faires Geschäft.

Shareware heute

In den letzten Jahren ist die Bedeutung von Shareware zurückgegangen. Dies liegt zum einen daran, dass viele Softwareentwickler ihre Produkte mittlerweile als Freeware oder Abonnement-Modell anbieten.

Im Gaming-Markt sind seit Jahren andere Vertriebsmodelle im Trend, etwa Early Access. Hinzu kommt, dass man diese Spiele – wenn man nicht gerade ein großer Publisher ist – auf wenigen Verkaufsplattformen vertreibt. Da gibt es die Möglichkeit, Demoversionen anzubieten, weshalb der Eindruck entsteht, dass Shareware irrelevant geworden ist, aber das ist nicht die ganze Wahrheit.

Wann ist Shareware etwas für mich?

Stellvertretend nutze ich als Beispiel Steam, es wäre aber auch jede andere Plattform denkbar. Steam hat Millionen von Spieler, die ich auf einen Schlag erreichen kann. Ich muss mich nicht um den direkten Verkauf kümmern, bekomme Möglichkeiten, mit meiner Community zu interagieren, und dennoch ist mein Support-Aufwand vergleichsweise klein, weil die Infrastruktur von Steam gestellt wird.

Tyrian
Tyrian (1995) Version 1.0 des Spiels wurde ursprünglich als Shareware veröffentlicht und bestand aus Episode 1 des Spiels

Auf der anderen Seite sieht es so aus, dass man einen bestimmten Anteil der Einnahmen abgeben muss und man erst Geld erhält, wenn die Einnahmen einen bestimmten Betrag übersteigen (meistens 100 Dollar). Man muss viele Fragen zur steuerlichen Situation beantworten, sich an die Richtlinien von Steam halten und wenn Steam aus irgendeinem Grund mein Spiel nicht gefällt, kann ich es dort nicht mehr verkaufen.

Der eigene Vertrieb über Shareware verringert zwar potentiell die Reichweite, gibt aber dem Entwickler die Kontrolle zurück. Auf Steam und anderen Plattformen verschwinden kleinere Titel nach wenigen Tagen in den hinteren Rängen der virtuellen Regale, wer alles selbst macht, kann den Fokus besser bestimmen, ohne sich von einem großen Unternehmen abhängig zu machen.

Dieser Aspekt ist vor allem dann interessant, wenn es sich beim eigenen Spiel ohnehin um ein Genre handelt, welches nicht sonderlich massenkompatibel zu sein scheint. Oder für das es noch kein Genre gibt. Spiele, die zwischen den Stühlen stehen. Games, die aus irgendwelchen Gründen missverstanden und somit gebannt werden könnten, regional oder global. Spiele, die bspw. aufgrund von erwachsenen Inhalten auf bestimmten Plattformen überhaupt nicht erscheinen könnten. Und natürlich generell Software, die man über Plattformen wie Steam überhaupt nicht verkaufen kann.

In diesen und vielen anderen Fällen ist Shareware ein sehr guter Ansatz, dem potenziellen Kunden ein faires Angebot zu machen. Er kann es vor dem Kauf ordentlich testen.

Wir leben und sterben alle alleine

Wer glaubt, sein Spiel würde sich automatisch gut verkaufen, wenn er es auf Steam veröffentlicht, befindet sich gewaltig im Irrtum. Solche Plattformen funktionieren wie Buchverlage. Hier werden nur wenige Titel gefördert. Die Titel, die richtig Geld einbringen. Der Rest ist nur dazu da, damit es immer neue Produkte gibt und der Laden frisch wirkt. Das heißt, dass bei wahrscheinlich 95 % aller Spiele nichts ohne eigenes Marketing funktioniert.

Wenn du das Spiel schon alleine entwickelt hast, wirst du es alleine vertreiben müssen. Niemand außer dir selbst wird dafür Werbung machen. Wenn du es im Team entwickelst, kannst du sogar das Pech haben, dass auch aus dem Team niemand Werbung für das eigene Spiel macht. Im schlimmsten Fall machst du somit alles alleine. Wenn du Erfolg hast, profitiert dein Team davon und Steam. Wenn du scheiterst, bist du an allem Schuld – und Steam interessiert es nicht die Bohne.

Bei Shareware ist es nicht viel anders, aber du musst Steam nichts abgeben, hast die volle Kontrolle und diktierst selbst, zu welchen Bedingungen du wann und wie Preise oder Inhalte änderst.

Welche Einschränkungen sind die besten?

Das hängt ganz vom Programm bzw. dem Spiel ab. Erinnerungen an einen Kauf beim Start des Spiels sollte auf jeden Fall vorkommen. Manche Spiele blockieren den Zugang sogar für eine gewisse Zeit. Das heißt, dass das Spiel für einige Sekunden nach dem Start das Weiterkommen verhindert. Der Counter läuft runter und der Spieler wird gebeten, sich die Vollversion zu kaufen. Diese Zeit kann mit jedem Spielstart erhöht werden, bis ein Maximum erreicht wurde.

Du beginnst etwa mit zehn Sekunden und nach jedem Spielstart kommen fünf weitere Sekunden oben drauf, bis zwei Minuten erreicht wurden.

Heretic
Heretic erschien im Dezember 1994 ebenfalls als Shareware

Außerdem kannst du den Inhalt, wie oben beschrieben, einschränken. Ob es ein Drittel sein müssen oder nicht schon ein Viertel reicht, musst du selbst entscheiden. Allerdings ist es hier so, dass du dann einen zusätzlichen Download für die Vollversion anbieten musst, außer du lieferst schon mit der Shareware alles aus und der Rest wird über einen Key einfach freigeschaltet. Das birgt aber ebenfalls ein paar Risiken.

Wenn Dir das alles zu viel ist, gibt es eine weitere Möglichkeit: Donateware! Das ist ein Software-Lizenzierungsmodell, bei dem die Software vollständig funktional und uneingeschränkt kostenlos zur Verfügung gestellt wird, der Entwickler jedoch freiwillige Spenden von den Nutzern erbittet.

Was ist mit Raubkopien und Cracks?

Das ist ein Problem – zumindest in der Theorie. Zunächst einmal: Wer denkt, ein Spiel, welches auf Steam vertrieben wird, kann nicht kopiert werden, befindet sich im Irrtum. Auf der anderen Seite hat bspw. GOG gezeigt, dass man sehr erfolgreich Spiele verkaufen kann, auch wenn man überhaupt keinen Kopierschutz hat.

Dennoch kursieren immer wieder Geschichten, dass bestimmte Unternehmen und sogar ganze Computersysteme den Raubkopien zum Opfer fielen. Das ist allerdings – wenn überhaupt – nur die halbe Wahrheit.

Zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass nur beliebte Spiele und Programme kopiert werden. Das heißt: Wenn dein Spiel raubkopiert wird, hast du auf jeden Fall schon etwas richtig gemacht. Hinzu kommt die Zielgruppe. Es gibt Altersgruppen, die sich vor allem teure Spiele nicht leisten können. Dies betrifft vorwiegend Teenager, die zwar wenig Geld, aber das technische Verständnis haben, um an Raubkopien zu kommen und zu verbreiten. Wenn deine Zielgruppe aus Teenagern besteht, ist das Risiko entsprechend größer. Außerdem gibt es Kulturkreise, bei denen Software nicht viel wert ist. Deutschland ist so ein Beispiel. Hier war die Anzahl von illegalen Kopien immer extrem hoch. Für Hardware wird gerne Geld ausgegeben, bei der Software ist – überspitzt ausgedrückt – häufig jeder Cent zu viel.

Und zur Wahrheit gehört ebenfalls: Wer kein Geld für dein Spiel ausgeben kann oder will, wird dies nie tun. Egal wie du es vertreibst, egal wie gut du es absicherst. Es ist somit sinnvoller, seine Zeit in die Qualität zu investieren, statt sich über Szenarien Gedanken zu machen, die womöglich nie eintreten.

Praktische Umsetzung

Die Realisierung von Shareware hängt vor allem von den Einschränkungen ab. Zentraler Punkt ist, ob du das ganze Spiel zum Download anbietest und nur über Variablen den Inhalt einschränkst, oder ob die Shareware wirklich nur den freien Teil enthält. Diese Entscheidung muss gut durchdacht werden, aber beide Varianten haben Vor- und Nachteile.

Zu den Vorteilen gehört, dass man nur eine Version pflegen muss. Das heißt, dass es überhaupt keinen Stress macht, wenn man Bugs behebt und die Inhalte weiter verbessert. Egal ob Shareware oder Vollversion: Es gibt nur einen Download. Wer sich das Spiel gekauft hat, muss einfach nur mit jeder Version die Mailadresse und einen Lizenzschlüssel eingeben.

Cosmo's Cosmic Adventure
Cosmo’s Cosmic Adventure wurde 1992 vor allem deswegen bekannt, weil es als Shareware vertrieben wurde

Allerdings können Einschränkungen oft leicht umgangen werden und Keygeneratoren für Programme und Spiele entstehen meist schneller als man „Raubkopie“ sagen kann. Hinzu kommt – um beim Beispiel zu bleiben – dass der Download auch häufig zweidrittel größer ist, als er sein müsste. Und manche Kunden empfinden es als unfair, dass sie eigentlich das ganze Spiel auf der Festplatte hatten und sie mit dem Kauf lediglich einen virtuellen Schlüssel erhielten. Diese Haltung wiederum ist allerdings vorwiegend in Deutschland verbreitet.

Bei so einem Modell ist es wichtig, dass das Spiel oder Programm eine Verbindung zum Internet hat, wenn der Schlüssel eingegeben wird. Es muss schließlich geprüft werden, ob der Schlüssel gültig ist. Dies passiert durch eine einfache Datenbankabfrage. Der Entwicklungsaufwand dafür ist relativ gering und auch die einmalige Internetverbindung sollte kein Problem sein, schließlich hat der Kunde das Produkt ebenfalls über das Internet gekauft.

Auf der anderen Seite: Wenn es keinen Key gibt und nur einen Downloadzugang, kann der Kunde das Spiel einmal herunterladen und anschließend auf beliebig viele Geräte installieren. Und wenn das Spiel auch sonst keine Internetverbindung erfordert, spielt es für den Kunden keine Rolle, ob der Entwickler in zehn Jahren noch existiert oder nicht.

Zwei Versionen?

Die Alternative besteht aus zwei Versionen. Dies bedingt allerdings, dass der Kunde auf deiner Webseite einen eigenen Account hat, wo er jederzeit das virtuelle Produkt herunterladen kann. Die Kontrolle ist hier minimal besser, der Entwicklungsaufwand aber i. d. R. höher.

Epic Pinball Table 04 Crash and burn
Epic Pinball landete 1993 zunächst als Shareware auf den Computern

Ich persönlich würde es von der Beantwortung folgender Fragen abhängig machen:

Wie groß ist das Spiel und wie hoch ist der Größenunterschied Shareware zur Vollversion? Ist das Spiel kleiner 1 GB oder der Unterschied kleiner 30 %, würde ich nur einen Download anbieten.

Wie hoch schätze ich Aufwand und Risiken ein? Ein eigener Account braucht deutlich mehr Pflege und hat auch rechtlich innerhalb der EU mehr Hürden als ein reiner E-Mail-Support. Auf der anderen Seite ergeben sich Vorteile, wenn die Shareware unverändert bleibt, das Hauptspiel jedoch häufig gepatcht wird.

Man kann natürlich beides tun, allerdings verärgert man mit jeder Hürde den Kunden. Also eigener Account, in den man für jeden Download rein muss und zusätzlich einen Key.

Hier tut sich übrigens ein weiterer Vorteil auf: Mit jedem Kunden hat man die Möglichkeit, bei einer Fortsetzung oder neuen Spielen direkt zu werben. Zufriedene Kunden kommen gerne wieder. Außerdem bist du bei der Werbung unabhängig, was vor allem die Präsentation betrifft. Steam hat sehr klare Richtlinien, wie ein Spiel präsentiert werden darf. Was du hingegen auf deiner Seite machst, ist alleine deine Entscheidung.

Fazit

Shareware wird nie wieder zu einem Boom, aber es gibt einige Sonderfälle, in denen es die beste Wahl ist. Von möglichen illegalen Kopien oder dem Aufwand beim Marketing sollte man sich nicht irritieren lassen, da beides auch bei Steam und Konsorten gegeben ist.

Ein etwas höherer Aufwand bei der Entwicklung besteht allerdings dennoch, egal ob man sich für eine reine Key-Lösung oder einen Account entscheidet. Auf der anderen Seite kann man dies wegargumentieren, wenn man bedenkt, dass man auf eventuelle Anpassungen für Steam etc. verzichten kann. Nicht jedes Spiel braucht Achievements und anderen „Krempel“.

Bei der Umsetzung würde ich tendenziell eher auf die Account-Lösung setzen. Es entsteht eine etwas nähere Kundenbindung, einfacherer Support (bspw. Ticketsystem mit dem bereits vorhandenen Account) und der Verzicht auf einen Key suggeriert Vertrauen dem Kunden gegenüber.

Weiterführende Links

Die Zukunft der Spieleentwicklung
Interview mit Scott Host – Teil 1
KI-basierte Automatisierung: Das Potenzial realisieren
Wie Blinde Computerspiele spielen – am Beispiel von MagicMud

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