Zak McKracken and the Alien Mindbenders hat nicht nur einen klangvollen Namen, sondern gehört auch zu den Spielen, mit denen ich eine intensive Hassliebe verbinde. 1988 erschien das Abenteuer „für Einsteiger und Fortgeschrittene“, seit geraumer Zeit kann man auf GOG und Steam die FM Town-Version von 1991 ergattern, die sich grafisch und akustisch stark vom Original unterscheidet.
Bereits der Name des Spiels faszinierte mich als Kind. Da es auch auf Amiga und C64 zu haben war, kannte ich es bereits aus meinem Freundeskreis, doch es dauerte eine Weile, bis ich die EGA-Version auf dem PC in den Händen hielt. Nun konnte eines der komplexesten Abenteuer beginnen, welches ich je in einem Point-and-Click-Adventure erleben durfte. Inklusive Lacher und verzweifelten Momenten.
Das Problem mit den Außerirdischen
Zak McKracken ist Zeitungsreporter des National Inquisitors. Stets auf der Suche nach einer guten Story und dem Wunsch, eines Tages den Pulitzer-Preis zu erhalten, ist er im Jahr 1997 dazu verdammt, für das Schmierenblatt Geschichten zu erfinden.
Zak MacKracken and the Alien Mindbenders Intro
Eines Nachts hat Zak einen merkwürdigen Traum. Darin tauchen Außerirdische, Kristalle und eine hübsche Frau auf. Verwirrt von den Bildern der Nacht wacht er auf und erhält am selben Morgen einen neuen Auftrag seines übergewichtigen Chefs. Ein zweiköpfiges Eichhörnchen wurde gesehen, in der Nähe wurde 50 Jahre zuvor ein Ufo gesichtet. Daraus ließe sich bestimmt etwas machen. Das Abenteuer kann beginnen.
Was Zak nicht weiß: Eine kleine Gruppe Außerirdischer, angeführt von „The King“, versucht derweil, die Menschheit zu unterdrücken. Der Plan besteht darin, über das weltweite Telekommunikationsnetz mit einem Signal die Menschen zu verblöden. Die „Gedankenbändiger“ stehen kurz vor dem Ziel, als der freche Reporter ihre Pläne durchkreuzt.
Du bist nicht alleine!
Gesteuert wird das Lucasfilm Games Spiel mit dem aus Maniac Mansion (1987) bekannte Parsersystem. Um die Rätsel zu lösen, stehen vierzehn Verben zur Verfügung (später wird ein 15. Verb freigeschaltet). Im Text-Inventar lassen sich vergleichsweise bequem Objekte miteinander kombinieren. Schade, dass es in der DOS-Version keine Maussteuerung gibt. Bedient wird es per Joystick oder Tastatur. Die FM Town-Version ist hier um einiges komfortabler. Im Vergleich zu den Sierra-Spielen aus demselben Jahr war die Steuerung einfach und intuitiv, schließlich mussten keine Texte eingetippt werden.
Wie schon in Maniac Mansion spielt man nicht alleine. Nach rund einem Drittel kommen drei weibliche Begleiterinnen, Annie, Leslie und Melissa, hinzu, von denen sich die zwei letztgenannten Yale-Studentinnen bereits auf dem Mars befinden. Um die Rätsel zu lösen, müssen alle vier Figuren koordiniert werden. Etwa, wenn man einen Geheimgang auf der Erde öffnen will, braucht man hierzu eine Zeichnung, die sich in einer Pyramide auf dem Mars befindet. Das Wechseln zwischen den Figuren findet mit dem 15. Verb statt.
Komplexität und Sackgassen
Doch während sich bei Maniac Mansion alles in einem Haus und dessen nähere Umgebung abspielte, ist Zak McKracken eine vergleichsweise riesige Welt. Der rasende Reporter kann per Flugzeug an zahlreiche Orte fliegen und erkunden. Doch die Freiheiten, die dem Spieler an die Hand gegeben werden, haben auch ihre Nachteile. Mittels Kreditkarte werden benötigte Einkäufe und Flüge bezahlt. Dumm nur, wenn einem irgendwann das Geld ausgeht. Zwar gibt es eine Möglichkeit, im Lotto 15.000 $ zu gewinnen, doch wer das verpasst oder auch dieses Geld ausgibt, steckt fest und kann neu beginnen.
Zudem gibt es zeitkritische Aufgaben. Werden diese nicht geschafft, wird Zak von den Außerirdischen gefangen, verblödet und anschließend freigelassen. Dabei verliert er nach und nach seine Fähigkeiten, indem die Verben verschwinden. Ist er frei und wieder in seiner Wohnung, kommen die Verben langsam zurück. Das ist, zumindest beim ersten Mal, originell und unterhaltsam, doch man muss wieder an den ursprünglichen Ort zurück, was Zeit und Geld kostet.
Die zwei Damen auf dem Mars können ersticken, sofern man nicht rechtzeitig die Sauerstoffflaschen auffüllt. Immerhin wird man frühzeitig gewarnt und es nervt nur die Lauferei. Tode und Sackgassen sind zwar aus Sierra-Abenteuern bestens bekannt, doch wer ein lockeres Lucas-Game für zwischendurch erwartet, wird mit der knallharten Realität konfrontiert.
Zak McKracken bietet viele Hinweise. Bereits im Intro bekommt man Informationen zur Lösung an die Hand, doch aufgrund der Spieldauer werden diese gerne vergessen oder übersehen. So weist einen Annie ziemlich am Anfang darauf hin, dass man einen Raumanzug braucht, um auf dem Mars zu überleben. Diesen Hinweis braucht man viele Spielstunden später. Wird es nicht beachtet oder unvollständig ausgeführt, folgt der virtuelle Tod.
Merkwürdig ist, dass das Spiel trotz des Ablebens der namensgebenden Hauptfigur nicht vorbei ist. Man kann mit den anderen Charakteren weiterspielen, wird aber das Ende niemals erreichen. Immerhin wird man auf die meisten Situationen gut vorbereitet und stirbt nicht völlig überraschend – im Gegensatz zu den Sierra-Spielen.
Endlose Weiten
Aufgrund der vielen Möglichkeiten fühlt sich das Spiel, für 1988, beinahe wie eine offene Welt an. Es wird nicht in Kapitel unterteilt, man kann so ziemlich alles tun, was man möchte. Die Reihenfolge bestimmt der Spieler. Doch die unzähligen Wege durch die vielen Orte führen auch dazu, dass man sich verrennt. Dies bevorzugt in einen von mehreren Labyrinthen. Da man diese wiederholt durchlaufen muss, nervt es irgendwann gewaltig.
Das kann sich bis zum Ende ziehen. Hier zwei Beispiele:
Zak landet irgendwann selbst auf dem Mars, um die zwei Studentinnen zu unterstützen. Die Pyramide wird mit einer Tür gesichert, für die es keinen Schlüssel gibt. Das Lösungsobjekt befindet sich ganz am Anfang in der 14. Straße. Man muss also zurück auf die Erde, nach Hause, eine Straße weiter, ganz nach hinten laufen und hier ein Haarnadel-Schild mit einer Drahtschere abmachen. Immerhin kann man von dort aus direkt auf den Mars teleportieren.
Tauchen für Fortgeschrittene
Ganz am Ende des Spiels braucht man ein „leuchtendes Objekt“. Dieses zu finden ist nicht einfach. Man muss über Miami auf die Bermudas reisen. Dort wird man von den Außerirdischen entführt. Um vom Raumschiff aus auf die Erde zu gelangen, gibt es zwei Codes, die sich immer wieder ändern. Nutzt man den der Außerirdischen, landet man direkt auf der Erde. Man muss aber den Code des Doppeldecker-Piloten nutzen. Im freien Fall benutzt man den Fallschirm und landet im Ozean.
Dort lockt man einen Delfin mit einer Tröte an. Mit dem blauen Kristall (hat man den bei Annie liegen lassen, kann man wieder zurück) überträgt man seine Psyche auf den Delfin. Mit dem taucht man unter und findet hinter Seetang das leuchtende Objekt. Dies wird an Zak zurückgegeben, der sich nun nach Ägypten teleportieren kann, um seine Aufgabe zu erledigen. Ist man dabei nicht schnell genug, schnappen einen die Aliens und man wird wieder verblödet.
Kurz gesagt: Nur selten musste ich bei einem Adventure so oft speichern und neu laden und noch seltener so viel testen, bis ich alles zur Lösung des Abenteuers hatte. Das ist streckenweise großartig, zeitweise aber auch sehr nervtötend.
Humor!
Die meisten Rätsel sind relativ einfach zu lösen, manchmal muss man aber um die Ecke denken. In Peru sehen wir einen Vogel. Wir würden uns gerne in ihn verwandeln, um zu einem sonst unerreichbaren Ort zu gelangen. Das schaffen wir mit Brotkrümeln, die sich nirgends finden lassen. Die Lösung besteht darin, dass wir zunächst eine französische Bäckerei neben unserer Wohnung besuchen. Sie ist geschlossen, aber der Bäcker lässt sich mit mehrmaligen Klingeln derart nerven, dass er ein hartes Baguette nach uns wirft. Dieses schlägt gleich ein Loch in den Trottoir und ist viel zu Hart, um es dem Vogel zu geben. Also zurück in die Wohnung und in der Küche das Abflussrohr des Waschbeckens abmontiert. Nun stecken wir das Brot in das Becken, schalten den Müllzerkleinerer ein und voilà: Wir haben Brotkrümel!
Doch Zak McKracken ist nicht unbedingt für die tollen Rätsel, sondern viel mehr für die außergewöhnliche Handlung und den Humor bekannt, da es im Kern ein Comedy-Adventure ist. Vieles wird von Zak ironisch oder leicht sarkastisch kommentiert. Bevorzugt schustert er dramatisch klingende Schlagzeilen.
Lustige Schlagzeilen
„Reporter verdoppelt sich im Schlaf“, weiß er schon am Anfang zu berichten, als er sich selbst im Traum sieht. Als er die Geschichte über das zweiköpfige Eichhörnchen schreiben soll, merkt er an: „Boulevard-Reporter erwürgt Chef wegen dummen Reportage-Auftrags.“
Nicht nur Zak ist die treibende humoristische Kraft. Die Außerirdischen sind nicht bedrohlich, sondern urkomisch. Das der „King“ ein als Elvis Presley verkleideter Alien in einem Cadillac-Raumschiff ist, ist nur einer der zahlreichen Lacher auf dem Weg, die Weltherrschaft der unwillkommenen Gäste zu verhindern.
Befeuert wird dies von weiteren ulkigen Figuren und Situationen. Zudem gibt es im Spiel mehrere Anspielungen auf vergangene Spiele aus dem Hause Lucas, so etwa ein Maniac Mansion-Poster in einem Einkaufsladen oder ein Indiana Jones-Poster bei den Außerirdischen. Der Benzinkanister auf dem Mars, den man für die Kettensäge bei Maniac Mansion gerne gehabt hätte, wird mit einem lakonischen „Das ist für ein anderes Spiel“ kommentiert und gilt heute als Kult.
Großartig ist die beigelegte Zeitung (in der digitalen Version als PDF) in der man kurze, sehr lustige Artikel aufgetischt bekommt, die einen auf das Abenteuer einstimmen und ein paar Tipps enthalten. So gibt es bspw. einen lustigen Artikel über einen Jungen, der seine Eltern mit 36 Eiern in der Mikrowelle töten wollte. Diese kamen mit einem Schrecken davon. „Die eruptierenden Eier machten mehr Krach, als eine Geburtstagsparty bei der PLO“, weiß das Blatt zu berichten. Und tatsächlich findet Zak in seinem Kühlschrank ein Ei – und irgendwo gibt es die passende Mikrowelle.
Pressestimmen
Die Fans fanden das Spiel überwiegend großartig, auch wenn viele das Ende nie gesehen haben. Dieses – so nebenbei bemerkt – ist auch ein klein wenig enttäuschend und kann mit dem großartigen Finale von beispielsweise Police Quest I nicht im Ansatz mithalten.
Die Fachpresse vergab Wertungen von hohen 60ern bis hin zu 100 Punkten.
Die PC Games bewertete die FM Town-Version 1993 mit 69 Punkten:
„Humorvolle Storys, amüsante Grafiken und verschiedene Schauplätze sind auch jetzt noch grundlegende Fun-Faktoren von Lucas Arts-Spielen.“
Der Joker-Verlag gab im selben Jahr 78 Punkte und kam zum Schluss:
„Der Sound besteht nur aus kurzen Jingles, und die Grafik scrollt bloß bei der Amigaversion, vom Zeichnerischen her kann sie sich aber nach wie vor auf allen Sytemen sehen lassen. Was die gelungene Menüsteuerung betrifft, so findet sie nicht umsonst im Hause Lucas auch heute noch fast unverändert Verwendung. Insgesamt kann man also sagen, dass Zak McKracken in den letzten Jahren erstaunlich wenig an Charme eingebüßt hat.“
Bei 100 aktuelle PC-Spiele war man restlos begeistert:
„Nach „Maniac Mansion“ hätte Lucasfilm Games kein besseres Spiel veröffentlichen können. Zak McKracken bietet genauso gelungene Puzzles wie der Vorgänger, eine abwechslungsreichere und vor allem noch verrücktere Handlung. Allein die Ausgabe von Zaks Zeitung, die der Packung beiliegt, ist für eine doppelte Portion Lacher gut. Das Programm vereint den Komfort des Lucasfilm-Adventure-Systems mit einer sehr ergiebigen Handlung. Es ist zudem um einiges komplexer als „Indiana Jones“ und bietet viel Spielspaß fürs Geld. Sowohl Einsteiger als auch fortgeschrittene Spieler werden blendend unterhalten.“
Genial daneben?
Zaks Abenteuer hat tolle Momente. Es ist zwar nicht so genial wie Day of the Tentacle, kommt aber vom Rätseldesign und Humor nah ran. Auch wenn damals die Eignung für Anfänger von mehreren Pressevertretern unterstrichen wurde, kann man dies heutzutage nur bedingt bescheinigen. Die Labyrinthe und schier endlosen Wege, Tode und Wiederholungen gelten heute eher als schlechtes Gamedesign. Wer aber frustresistent ist, sollte auf jeden Fall in diese Welt eintauchen.
Spannend für ein so altes Abenteuer sind verschiedene, teils optionale Lösungen. Die Telefonrechnung kann man bezahlen, oder einfach anzünden. Das zweiköpfige Eichhörnchen kann man am Leben lassen, oder mit einem Golfschläger erschlagen. Letzteres gibt schlechtes Karma und wir müssen bei einem Guru minutenlang warten, bis er uns endlich seinen langatmigen Vortrag hält. Dies, gepaart mit der umfangreichen Welt, lädt den Spieler ein, auch nach Jahren einen weiteren Durchlauf zu wagen. Aufgrund der Komplexität hat man die meisten Rätsel bis dahin ohnehin vergessen.
Weitere Impressionen
Weiterführende Links
EnDOSkopie – Indiana Jones and the Fate of Atlantis
EnDOSkopie – Sam & Max Hit the Road
Die Geschichte der Adventure Teil 1 – Im Anfang war das Wort
Externe Links
Zak McKracken auf Wikipedia
Zak McKracken auf IMDB
Das Spiel auf MobyGames