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Gestrandet auf einem fremden Planeten versuchen wir als Tessa Carter unseren Kollegen Mark zu finden, zu überleben und zu entkommen. Monolith zeigt dabei, warum Point&Click-Adventures heute noch großartig sein können, aber auch, warum das Genre tot ist.

Die Essenz des Genres

Die drei wichtigsten Bestandteile eines Adventures sind:

Bis Mitte der 1990er Jahre begeisterten zahlreiche Spiele dieser Gattung die Spieler. Dann starb das Genre einen langsamen Tod, doch es gibt immer wieder Studios, die dem entgegenwirken. Das deutsche Studio Animation Arts gehört dazu und zeigte bereits mit Geheimakte Tunguska und Lost Horizon, dass sie ihr Handwerk durchaus beherrschen. Entsprechend groß war die Vorfreude auf Monolith, die Enttäuschung darüber war so schmerzhaft wie ein Absturz davon.

Zunächst müssen wir uns in Monolith aus der Kapsel befreien und erlernen so die Steuerung
Zunächst müssen wir uns in Monolith aus der Kapsel befreien und erlernen so die Steuerung

Schiffbruch

Die Handlung beginnt wie die meisten der schlechteren Folgen von Star Trek: Unser kleines Raumschiff stürzt auf einem fremden Planeten ab. Zu allem Überfluss hat der spielbare Hauptcharakter, Tessa Carter, ihr Gedächtnis zumindest selektiv verloren. Was war die Mission? Wo sind wir? Und wo ist der Pilot, Mark?

Das erste Minispiel in Monolith: verbinde Kabel mit Stecker
Das erste Minispiel in Monolith: verbinde Kabel mit Stecker

Statt uns mit einer epischen Handlung zu locken, verlässt sich Animation Arts darauf, dass diese Fragen den Spieler motivieren. Er findet sich in einer einsamen, mysteriösen Welt wieder und hat zahlreiche Rätsel zu knacken.

Das Prinzip der Logik

Vor allem in den ersten zwei Dritteln des Spiels ist das die ganz große Stärke von Monolith: die Rätsel. Dabei kommen Anfänger und Profis gleichermaßen auf ihre Kosten. Ein Tutorial weist in die denkbar einfache Steuerung ein, die Rätsel beginnen sehr simpel, werden dann aber immer anspruchsvoller. Wer nicht vorankommt, kann jederzeit in die Lösung schauen, was natürlich den Spielspaß ruiniert.

Der Schaden am Raumschiff ist beträchtlich
Der Schaden am Raumschiff ist beträchtlich

Neben den üblichen Mechanismen wie suchen, finden, erforschen und kombinieren muss man in den Logbüchern nachschauen und gelegentlich ein bisschen grübeln, um auf die stets logischen Lösungen zu kommen. Dabei spielen Physik, Chemie, Mathematik und Materialkunde eine wichtige Rolle. Wem lediglich gute Rätsel wichtig sind, ist bei Monolith bestens aufgehoben. Alle anderen sollten weiterlesen.

Eine tote Welt

Tessa ist zunächst alleine und ihren Monologen verfallen. Das ändert sich, sobald sie CORE, einen fliegenden Roboter findet. Mit ihm hat sie zwar einige lustige Dialoge, aber ohne die freie Wahl des Spielers. Erst im letzten Drittel können wir uns mit Menschen unterhalten, was die Welt von Monolith sehr eintönig macht.

Der Ausblick lässt erahnen, dass wir nicht viel erwarten dürfen
Der Ausblick lässt erahnen, dass wir nicht viel erwarten dürfen

Angesichts der teils sehr schlechten deutschen Synchronsprecher ist das vielleicht sogar eine gute Wahl. Tessa selbst wird hervorragend gesprochen, doch schon ihr Begleiter CORE fällt deutlich ab. Alle anderen Charaktere, die wir zunächst in Rückblenden oder der Erzählung im Krankenhaus in Zwischensequenzen erleben, wirken wie eine Ansammlung von Laiendarstellern.

Tessas Träume sind so langweilig wie die Spielwelt
Tessas Träume sind so langweilig wie die Spielwelt

Die begleitende Musik und Soundeffekte sind hingegen tadellos und zählen, neben den Rätseln, zu den besten Eigenschaften des Spiels. Von der Grafik kann man das nicht immer behaupten. Zwar hat auch sie gewisse Höhepunkte, die Mischung aus 3D-Objekten und teils gezeichneten Hintergründen will aber nicht richtig passen. Man kann sich dies mit der späteren Handlung erklären, dennoch leidet darunter ein stückweit die Immersion.

Enttäuschende Handlung

Monolith wird als Science Fiction Spiel angepriesen. Im letzten Drittel stellt der Spieler allerdings fest, dass es das nicht ist. Sie nimmt eine 180° Wendung und begeht damit eine Todsünde des Storytellings. Der Spieler schlägt mit voller Wucht auf dem harten Boden der Realität auf. Außerirdische Rassen? Zeitanomalien? Pustekuchen! Selbst bei einem Schulaufsatz hätte es für diese Wendung zwei Noten Abzug gegeben.

Von Anfang an wird die Handlung als Rückblende erzählt. Tessa ist im Krankenhaus und versucht, sich an alles zu erinnern
Von Anfang an wird die Handlung als Rückblende erzählt. Tessa ist im Krankenhaus und versucht, sich an alles zu erinnern

Was dann folgt, ist ein Abarbeiten von Banalitäten. Während wir zuvor auf einer Station versuchen eine Müllverbrennungsanlage in Betrieb zu nehmen, Chemikalien im richtigen Verhältnis zu mischen oder ein Fahrzeug zu reparieren, sind wir nun bemüht, ein Baby mit einer Gutenachtgeschichte zum Einschlafen zu bewegen. Wir besorgen für unseren Mann eine schwarze Krawatte, füllen einen Urlaubsantrag aus und erledigen weitere Kinkerlitzchen.

Das Ende, welches sich zudem viel zu lange zieht, ist geradezu lächerlich.

Ohne konkret spoilern zu wollen, möchte ich an einem fiktiven Beispiel die Enttäuschung veranschaulichen. Monolith fühlt sich an, als würde man in einem Strategiespiel über mehrere Stunden die halbe Welt erobern. Man fühlt sich als erfolgreicher Feldherr, hat mit Strategie und Taktik alle Feinde besiegt und am Ende stellt man fest, dass man nur ein kleiner Junge war, der am Strand mit Sandburgen und Plastiksoldaten spielte. Dem nicht genug, muss man nun auch noch mit seinem strategischen Können um Limonade und Eis kämpfen.

Irgendwo ein Spiel versteckt

Trotz der schlechten, teils völlig uninspirierten Handlung, steckt in Monolith streckenweise ein gutes Spiel. Neben den Rätseln gibt es immer wieder Minispiele, die perfekt zum Setting passen. Wir dürfen etwa Leitungen richtig einstecken oder ein Zahnrad aus einer komplexen Mechanik an die richtige Stelle bringen. Wir dürfen, wir müssen nicht. Jedes Minispiel lässt sich bequem überspringen.

Ein optisches Highlight im grünen Dschungel ist diese rote Pflanze
Ein optisches Highlight im grünen Dschungel ist diese rote Pflanze

In seinen besten Momenten lässt uns Monolith tolle Rätsel lösen, die zuweilen sehr kleinteilig aufgebaut wurden. Das sind eindeutig die Höhepunkte. In seinen schlechteren Momenten laufen wir durch einen labyrinthartigen Dschungel und beobachten eintönige Pflanzen und Insekten oder lauschen holographischen Abbildungen, in denen langweilige Charaktere noch langweiligere Dialoge führen.

Wir haben einen Außenposten gefunden und müssen irgendwie reinkommen
Wir haben einen Außenposten gefunden und müssen irgendwie reinkommen

Humor kommt lediglich zwischen Tessa und CORE auf. Meistens sind diese Dialoge trockener als die Sahara, umso mehr freut man sich, wenn CORE plötzlich ein guter Spruch aus dem Speicher purzelt. Die restlichen Charaktere sind sehr ernst, die Atmosphäre vor allem zum Ende hin depressiv. Als Spieler wird man den Eindruck nicht los, als hätte Animation Arts viel Mühe darauf verwendet, möglichst wenig Spaß aufkommen zu lassen.

Technische Tücken

Die technische Basis liefert Adventure Creator for Unity. Was besonders erstaunt: Obwohl die Firma Animation Arts heißt, gibt es die meisten Probleme mit den Animationen. Sie sind teils sehr hackelig, unrund und es kommt durchaus vor, dass Menschen leicht über dem Boden schweben. Dies mündet sogar in wenigen Bugs, die aber alle nicht spielentscheidend sind.

Bildergalerie: Die besten Rätsel gibt es im Außenposten.

Weitere kleine Probleme gab es mit den Textboxen, zum Ende hin wollten diese kaum noch richtig funktionieren und selbst die Synchronisation zwischen Text und Tonspur versagte komplett. Ärgerlich ist zudem, dass es für Speicherstände nur fünf Slots gibt. Es drängt sich der Verdacht auf, als würde selbst der Entwickler nicht damit rechnen, dass irgendjemand das Spiel mehrfach durchspielen möchte. Einen wirklichen Wiederspielwert liefert Monolith ohnehin nicht.

So fühlt sich das Spiel am Ende an: wie ein Sarg
So fühlt sich das Spiel am Ende an: wie ein Sarg

Fazit

Ja, Animation Arts ist ein kleines deutsches Studio und kann sicher nicht mit den Budgets und Möglichkeiten der goldenen Zeit des Genres mithalten. Da mag man einige Dinge, etwa die schlechten Synchronsprecher (bis auf Tessa) verzeihen und über grafische Schwächen hinwegsehen. Doch trotz der teils tollen Rätsel ist es unverständlich, warum hinter Monolith eine derart tote Welt mit einer so schlechten Handlung steckt. Statt das Genre mit einer großartigen, fesselnden Geschichte und tollen Charakteren wiederzubeleben, sorgt Monolith für eine weitere Beerdigung. Fans bleibt nichts anderes übrig, als die großartigen Klassiker auszugraben und sich mit Blick auf Monolith in den Schlaf zu weinen.

Im letzten Drittel wird alles auf den Kopf gestellt:

Informationen

Spielname: Monolith
Hersteller: Animation Arts
Plattform: Windows (10)
Getestete Version: GOG

PositivNegativ
+ teils großartige Rätsel– Handlung mit übler Wendung
+ optionale Minispiele– tote, langweilige Welt
+ zwischendurch humorvoll– so originell wie ein IKEA-Regal
+ Tessa und CORE sind sympathisch– richtige Dialoge erst zum Ende hin
+ Gute Musik und Soundeffekte– Synchronsprecher von Nebenfiguren sehr schlecht (Deutsch)
+ Lösungen können jederzeit angezeigt werden– Grafikstile passen teilweise nicht zusammen
+ gute Steuerung– teilweise sehr schlechte Animationen
+ Hinweise und Hilfen für Anfänger– Bugs

 

– nur fünf Speicherslots

 

– kein Wiederspielwert

 

Wertung 04

Weiterführende Links

Die Geschichte der Adventure Teil 1 – Im Anfang war das Wort
EnDOSkopie – The Dig
Die hohe Kunst des Rätseldesigns

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