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Schon als Kind liebte ich Abenteuergeschichten – was sich bis heute nicht geändert hat. Egal ob Buch, Film, Serie, Hörbücher oder Computerspiele. Dabei ging es mir weniger um die Action, sondern um die Entdeckung von Geheimnissen. Gleichgültig ob der Heilige Gral, Pyramiden, Außerirdische oder die Bundeslade – es war immer aufregend. Mit The Dig brachte LucasArts 1995 ein wirklich ganz großes Abenteuer heraus, das sich heute noch lohnt.

Die Hintergrundgeschichte

Ein Asteroid befindet sich auf Kollisionskurs mit der Erde. Der große Felsbrocken wird Attila genannt und es wird beschlossen, ihn mit Sprengladungen aus der Bahn zu werfen, um die Kollision zu verhindern.

In einem aufwändigen Intro gibt es u. a. eine Pressekonferenz
In einem aufwändigen Intro gibt es u. a. eine Pressekonferenz

Dies soll eine fünfköpfige Mannschaft mit dem Space Shuttle Atlantis erledigen. Das Spiel beginnt mit einer Pressekonferenz der NASA, wo die möglichen Helden vorgestellt und Fragen beantwortet werden. Die Crew besteht aus Commander Boston Low, Dr. Ludger Brink, einem deutschen Archäologen und Geologen, Maggie Robbins, einer Sprachexpertin und Reporterin, dem Piloten Ken Borden und der NASA-Technikerin Cora Miles.

Low, Brink und Robbins begeben sich zu dem Asteroiden und bringen die Ladungen an. Das Vorhaben gelingt, der Himmelskörper wird tatsächlich abgelenkt. Doch sie stellen fest, dass der Felsbrocken hohl zu sein scheint. Als sie eine zentrale Kammer betreten, sind sie gefangen, da sich der Asteroid in eine Kapsel verwandelt und schnell in die Tiefe des Weltraums beschleunigt.

Wir sind mit dem Team im Weltraum. Das Abenteuer kann beginnen
Wir sind mit dem Team im Weltraum. Das Abenteuer kann beginnen

Die drei finden sich auf einem fremden Planeten wieder und verlassen die Kapsel. Nach einigen Erkundungen stellen sie fest, dass sie auf einer zentralen Insel gelandet sind, die von fünf kleineren Inseln umringt wird. Es gibt Anzeichen für früheres intelligentes Leben, aber bei ihrer Erforschung finden sie keine Hinweise auf verbliebene empfindungsfähige Lebewesen. Der einzige Komplex, in dem sie sich befinden, zeigt Merkmale starken Verfalls. Die Aufgabe der drei sehr unterschiedlichen Charaktere besteht darin, einen Weg nach Hause zu finden.

In höchster Not gelingt die Sprengung des Asteroiden
In höchster Not gelingt die Sprengung des Asteroiden

Klassisch und nüchtern

The Dig ist ein traditionelles Point-and-Click-Adventure. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Commander Boston Low. Wie im Genre gewohnt klickt man mit dem Mauszeiger auf Personen, Objekte und andere Teile der Umgebung, um sie zu betrachten, oder mit ihnen zu interagieren.

Der Asteroid scheint ungewöhnlich zu sein: er ist innen hohl
Der Asteroid scheint ungewöhnlich zu sein: er ist innen hohl

Wie von LucasArts bekannt, läuft es in der SCUMM-Engine. Ein Minispiel kann im Kommunikatormenü gefunden werden, bestehend aus „Asteroid Lander“, einem Lunar Lander-ähnlichen Spiel. Es gab zwar Pläne, Rollenspielelemente einzubauen, diese wurden jedoch vor der Veröffentlichung verworfen.

Die drei Helden werden auf eine Insel auf einem fremden Planeten entführt
Die drei Helden werden auf eine Insel auf einem fremden Planeten entführt

The Dig wirkt im Gegensatz zu anderen LucasArts Abenteuern erstaunlich nüchtern. Die Charaktere sind Menschen, vergleichsweise Normal und der Humor ist eher subtil, vergleicht man es mit Sam & Max, Day of the Tentacle und weiteren Titeln des Hauses. So gesehen ist es mehr wie ein Indiana Jones im Weltraum, ohne Nazis und Prügeleien.

Unsere Abenteurer beginnen, die Insel zu erkunden
Unsere Abenteurer beginnen, die Insel zu erkunden

Selbst die Rahmenhandlung ist nicht einzigartig. Dennoch bekam das Spiel sehr hohe Bewertungen und erfreut sich unter Fans des Genres heute noch großer Beliebtheit. Wie kann das sein?

Atmosphäre pur

Das hat zwei wesentliche Gründe. Zum einen gab es 1995 nicht mehr viele große Spiele des Genres. Alles verlagerte sich zunehmend in Richtung interaktiven Film. LucasArts lieferte hingegen ein solides Point-and-Click-Adventure ab, wofür die Fans des Genres sehr dankbar waren.

Die über 200 Schauplätze von The Dig sehen teilweise sehr beeindruckend aus
Die über 200 Schauplätze von The Dig sehen teilweise sehr beeindruckend aus

Doch besonders in der Retrospektive kommt ein zweiter Punkt hinzu: eine grandiose Atmosphäre. Bereits in den ersten Sekunden wird man wie in einem guten Film in die Geschichte gezogen. Nach einer aufwändig produzierten Sequenz kann der Spieler direkt die Rettung der Erde in Angriff nehmen. Ein starkes Motiv, welches einfach zu lösen ist.

Das große Raumschiff einer fremden Rasse lässt mehr Fragen offen, als es beantwortet
Das große Raumschiff einer fremden Rasse lässt mehr Fragen offen, als es beantwortet

Spätestens auf der fremden Insel entfaltet sich die Stärke des Spiels in einer vollkommenen Weise. Trotz der geringen Auflösung von 320×200 Pixeln sieht die Grafik beeindruckend gut aus. Die Bewegungen der Charaktere, die Farbwahl, Lichter und Schatten, es sieht alles phantastisch aus. Zwar gibt es einen kleinen Bruch bei den Zwischensequenzen, dies stört aber nicht weiter, da eine zweite Stärke dies überdeckt: der Sound. Soundeffekte, Sprachausgabe und Musik wirken wie im Kino.

Das Inventar von The Dig ist sehr übersichtlich
Das Inventar von The Dig ist sehr übersichtlich

Die Steuerung besteht aus dem One-Click-Does-It-All-Konzept, das Inventar wird nur bei Bedarf eingeblendet. Das sorgt für eine sehr hohe Immersion. Der Spieler muss nicht über das Menü nachdenken, er ist die meiste Zeit einfach in der Spielwelt.

Anspruch

Auf der Insel entdeckt der Spieler immer mehr Ortschaften mit ihren Geheimnissen. Obwohl die Steuerung sehr simpel ist, gilt dies nicht für die teils anspruchsvollen Rätsel. Der fehlende Humor sorgt überhaupt nicht dafür, dass es langweilig wird, im Gegenteil: LucasArts zeigte mit The Dig eindrucksvoll, dass ein Adventure ohne die großen Lacher und mit einer simplen Bedienung ausgezeichnet funktionieren kann.

In The Dig müssen wir auch Rätsel mit unterschiedlichen geometrischen Formen und Farben lösen
In The Dig müssen wir auch Rätsel mit unterschiedlichen geometrischen Formen und Farben lösen

Die Rätsel sind sogar etwas schwieriger als bei den meisten LucasArts-Spielen. Gemessen am Anspruch ist es klar ein Game für Erwachsene. Dies betrifft nicht nur die Denksportaufgaben, sondern die reifen Dialoge zwischen den drei Charakteren und ihre Konflikte.

Die blauen Kugeln transportieren uns an die unterschiedlichen Orte
Die blauen Kugeln transportieren uns an die unterschiedlichen Orte

Zu den Aufgaben des Spielers gehört es, die fünf kleineren Inseln mit dem zentralen Nexus zu verbinden. Nach und nach lüftet er dabei die Geheimnisse um eine ausgestorbene Rasse. In The Dig gibt es nur ganz wenige Stellen, die ein bisschen hakelig sind, weil man benötigte Objekte nur schwer findet oder man Vorgänge mehrfach wiederholen muss.

Entwicklungsgeschichte

Die Handlung wurde ursprünglich von Steven Spielberg erdacht. Sie sollte zunächst als Episode von Amazing Stories und später als Film realisiert werden. Die Pläne für einen Film wurden aus Kostengründen verworfen. Schließlich wurde beschlossen, dass die Geschichte in das Format eines Abenteuerspiels übertragen werden könnte.

Hier erwarten wir ein Meeresmonster. Ganz so leblos scheint die Insel doch nicht zu sein
Hier erwarten wir ein Meeresmonster. Ganz so leblos scheint die Insel doch nicht zu sein

Das erste Treffen zur Entwicklung fand 1989 auf der Skywalker Ranch statt. Daran nahmen Spielberg, George Lucas, Ron Gilbert und Noah Falstein teil. Industrial Light & Magic (ILM) schufen einige der CG-Bilder.

Immer wieder trennen sich die Wege der drei Helden, doch sie finden sich wieder
Immer wieder trennen sich die Wege der drei Helden, doch sie finden sich wieder

Das Spiel hatte die bei weitem längste Entwicklungszeit aller LucasArts-Abenteuerspiele. Während der Entwicklung gab es vier aufeinanderfolgende Projektleiter, beginnend mit Falstein, gefolgt von Moriarty und Dave Grossman. Der letzte Projektleiter von The Dig war Sean Clark von LucasArts.

Vieles in The Dig dreht sich um Geistererscheinungen und merkwürdige, grüne Kristalle
Vieles in The Dig dreht sich um Geistererscheinungen und merkwürdige, grüne Kristalle

Als Moriarty die Leitung übernahm, beschloss er, noch einmal von vorne anzufangen. Diese Version der Produktion war dem veröffentlichten Spiel ähnlicher, enthielt aber eine zusätzliche Figur: einen japanischen Geschäftsmann und Wissenschafts-Hobbyisten namens Toshi Olema, der sich mit seinem Geld in die Crew des Attila-Projekts einkaufen konnte. Toshi hätte einen grausamen Tod erlitten, als er in eine Höhle stolperte, aus der Säure von der Decke tropfte. Er wurde später aus der Geschichte entfernt. Diese Version des Spiels war sehr blutig und für ein erwachsenes Publikum gedacht. Ursprünglich hielt Spielberg dies für passend.

Gewalt und Misserfolg

Nach der Veröffentlichung des Films Jurassic Park im 1993 erhielt Spielberg zahlreiche Beschwerden von Eltern, die die Altersfreigabe ab 13 Jahren ignoriert und ihre kleinen Kinder in den Film gebracht hatten. Aus Sorge, dass Eltern einen ähnlichen Fehler begehen und The Dig für ihre Kinder kaufen könnten, verlangte Spielberg, dass die Gewaltdarstellung abgeschwächt wird.

Bei einem der Rätsel von The Dig muss man die Knochen einer toten, außerirdischen Lebensform richtig zusammensetzen
Bei einem der Rätsel von The Dig muss man die Knochen einer toten, außerirdischen Lebensform richtig zusammensetzen

Zu den anderen bemerkenswerten Designideen, die während der Produktion des Games fallen gelassen wurden, gehören der Aspekt des Überlebensspiels, der den Spieler dazu zwang, Wasser- und Nahrungsvorräte für die Lebenserhaltung aufzubewahren, und die Erkundung von Städten auf dem Planeten. Obwohl The Dig für das zweite Quartal 1992 angekündigt war, kam es erst im Dezember 1995 auf den Markt. Es verkaufte sich rund 300.000 Mal, konnte aber die hohen Produktionskosten nicht einspielen und galt deshalb als Misserfolg.

An dieser Stelle müssen wir ein rattenähnliches Wesen mit einer selbstgebauten Falle einfangen
An dieser Stelle müssen wir ein rattenähnliches Wesen mit einer selbstgebauten Falle einfangen

Pressestimmen

Zwar lagen die Verkaufszahlen weit hinter den Erwartungen von LucasArts, bei Presse und Fans war das Spiel dennoch beliebt. Die Bewertungen befanden sich vorwiegend bei 80 bis 90 Punkten. Die Power Play störte sich im Februar 1996 lediglich an der zu einfachen Steuerung:

„Die Puzzles sind logisch und fair, ohne jedoch den versierten Spieler zu unterfordern. Adventure-Profis werden sich lediglich an der fast schon kindgerechten Bedienung stoßen, hier sollte sich LucasArts auf vergangene Zeiten zurückbesinnen.“

Die Karte sieht nach einem Plan für eine komplizierten Maschine aus
Die Karte sieht nach einem Plan für eine komplizierten Maschine aus

Im Dezember 1995 konnte sich auch die PC Player begeistern:

„Echte Innovationen fallen aus, doch unterm Strich ist The Dig ein sehr gutes SF-Adventure. Kein „Interactive Movie“-Schnickschnack, sondern solide Hausmannskost. LucasArts bedient seine alten Abenteuer-Fans äußerst kompetent: Genau das richtige Spiel für einen kuscheligen Winterabend im Lichterschein des VGA-Monitors.“

Ein weiterer, optisch sehr beeindruckender Ort in The Dig
Ein weiterer, optisch sehr beeindruckender Ort in The Dig

Die PC Games kam im selben Monat zu einem ähnlichen Fazit und sollte mit seiner Prognose Recht behalten:

„Das Spiel hat das Zeug zum Klassiker und wird sicherlich ein längeres Leben haben als die zahlreichen multimedial aufgeblähten Nichtigkeiten, die nach wie vor den Markt überschwemmen.“

Wir haben Kontakt zu einem fremden Wesen, verstehen aber zunächst kein Wort
Wir haben Kontakt zu einem fremden Wesen, verstehen aber zunächst kein Wort

Die PC Joker sah das Spiel im Januar 1996 nicht ganz so positiv:

„Unter der spröden Oberfläche verbirgt The Dig also wenig mehr als den üblichen Adventure-Standard, von Geniestreichen wie „Indy IV“ oder „Day of the Tentacle“ ist das Spiel doch einige Schaufelwürfe entfernt.“

Maggie wird von einem seltsamen Tier gefangen genommen und muss von uns befreit werden
Maggie wird von einem seltsamen Tier gefangen genommen und muss von uns befreit werden

Aber nicht alle Berichte waren so positiv. GameSpot urteilte im Mai 1996 ziemlich hart und gab nur 45 Punkte:

„Die rettende Gnade von The Dig ist die großartige Musik, die an Wagner erinnert. Wenn nur der Rest des Spiels die gleiche Qualität hätte wie sein Soundschema, dann könnte es sich lohnen, es zu spielen.“

Die Durchschnittswertung aller gesammelten Pressewertungen auf MobyGames beträgt 82%. Die der Spieler 7.8 von 10.

Die grünen Kristalle sorgen immer wieder für Konflikte
Die grünen Kristalle sorgen immer wieder für Konflikte

Mein Fazit

The Dig ist ein großartiges Game und Pflicht für jeden Spieleentwickler, der ein Adventure entwickeln will. Abgesehen von zwei bis drei Ausnahmen hat es nicht ganz so viele denkwürdige Höhepunkte wie andere Spiele des Genres, es punktet aber mit seiner unglaublichen Atmosphäre und tollen, anspruchsvollen Rätseln. The Dig schafft eine Welt, in die ich sehr gerne eintauche, und gehört für mich zu den zehn besten Adventures aller Zeiten.

Wer es heute noch spielen möchte, sollte sich auf GOG oder Steam umschauen.

Weiterführende Links

Die Geschichte der Adventure Teil 1 – Im Anfang war das Wort
Die Geschichte der Adventure Teil 3 – Lucas und die SCUMM-Lokomotive
Das Element der Überraschung

Externe Links

The Dig bei MobyGames
GOG-Seite von The Dig
Steam-Seite von The Dig

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