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Der GameMaker ist seit Jahren eine bewährte Entwicklungsumgebung um vor allem 2D Spiele zu entwickeln. Seit November 2016 läuft die Betaversion zu Studio 2, die man mittlerweile auch (als Beta) käuflich erwerben kann. Was sich dahinter verbirgt, ist eine Katastrophe.

Eine neue Hoffnung

Die Vorfreude auf GMS2 war riesig. Endlich soll die beliebte Entwicklungsumgebung erwachsen werden und zumindest, soweit es geht, wie ein professionelles Werkzeug wirken, verglichen mit Visual Studio und Co. Vor allem die neue Fenster-Engine begeisterte bereits auf Screenshots und kurzen Videos. Nahezu alles, was der GameMaker Studio bereits in Version 1.4 enthielt, soll nun viel besser werden. Vor allem der Sprite-Editor wurde extrem erweitert, aber auch der Room-Editor und sogar der Code-Editor bekamen eine Überarbeitung. Endlich sollte alles professioneller werden, so die Illusion.

Im November besorgte ich mir selbst die Beta und spielte damit ein wenig herum. Schnell fiel auf, dass es einige Bugs enthielt, aber für eine Beta waren diese Bugs noch relativ normal. Erst mit einem großen Projekt, mit dem ich im Dezember begann, offenbarten sich die unzähligen Schwächen des Programms. Krasse Fehler, die bei jedem vernünftigen Test auffallen müssten, kamen zu Tage. Schnell zeigte sich, dass zwar „Beta” drauf stand, sich unter der Haube aber höchstens eine pre-Alpha verbarg. In der Zwischenzeit wurden ein paar dieser Fehler beseitigt, aber YoYo Games schafft es auch mit jeder Version neue, teils viel krassere Fehler zu verursachen. Ein paar der Fehler gab es bereits in Studio 1 und man bekommt den Eindruck, dass die Macher ein paar Dinge einfach nicht im Griff haben.

Schlechter Service

Fehler können immer passieren. Vor allem bei einem kleinen Team ist es schwierig, ordentlich zu testen und schnell Fehler zu beheben. Der Support aber ist eine ganz andere Geschichte. Hier zeigte sich YoYo Games derart schlecht, wie ich es noch nie erlebt habe. Ich habe rund 25 Jahre Erfahrung mit Software, Spiele und Entwicklung selbiger, aber noch nie habe ich mich derart im Stich gelassen gefühlt. Selbst Freeware- oder Opensource-Entwickler reagierten auf Anfragen von mir schneller und kompetenter.

Die ersten Fehler meldete ich Anfang Dezember per Bug-Tracker Formular. Knapp einen Monat später erhielt ich überhaupt einmal eine Antwort darauf. Zum Vergleich: professionelle Firmen reagieren binnen 12 Stunden, selten dauert es länger als 24! Die Reaktion bestand aus weiteren Nachfragen, die ich umgehend beantwortete. Es folgte eine weitere Nachfrage mit einer weiteren schnellen Antwort meinerseits. Keiner der Fehler wurde seitdem behoben und ich erhielt keine Antworten auf meine Fragen. Seit vier Wochen warte ich auf eine Reaktion und schrieb deswegen diese Woche eine weitere Mail. Erneut ohne eine Antwort zu erhalten. Nicht mal auf einfache Fragen, die man mit „Ja” oder „ein” beantworten kann, wurde eingegangen.

Ich habe selbst Jahre lang in Qualitätssicherungen gearbeitet und auch solche Abteilungen geleitet. Auf solch einen Service wäre sofort eine Kündigung meiner Person erfolgt. YoYo Games scheint sich hingegen am Zustand nicht sonderlich zu stören, zumindest ist dies die Außenwahrnehmung.

Ein Wald voller Fehler

Der Bugtracker von YoYo Games ist von Außen einsehbar. Hier zeigt sich schnell der Zustand. Derzeit (25. Februar 2017) befinden sich im Tracker 2340 Einträge (alle Projekte). 34 Einträge sind neu, 32 warten auf Feedback, 17 sind anerkannt, 66 bestätigt und 1108 Einträge sind zugewiesen. Ein Report ist derzeit überhaupt in Arbeit! In der Summe macht das 1258 Einträge die noch nicht erledigt sind, also knapp 54%. Das ist durchaus ein Zustand, den man als Desaster beschreiben kann.

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blankNatürlich, dies beinhaltet alle Fehler, also alle Versionen, Dokumentationen, Marketplace und vieles mehr. Doch selbst wenn man nur nach „Studio Bugs” filtert, bleiben 220 Fehler mit dem Status „zugewiesen” übrig. Neu sind hier 8 Einträge, der älteste vom 15. Dezember 2016. Für Leute, die sich mit Bugtrackern nicht auskennen: Das Zuweisen von Einträgen sind in Mantis (das ist der Name des Bugtrackers) vier Mausklicks!

Doch was sind das für Fehler, von denen ich spreche? Im Prinzip zieht sich das durch das ganze Studio. Es gibt kaum eine Stelle, wo sich keine Fehler finden lassen und wenn doch, dann hat man nicht genau genug hingeschaut. Die Dokumentation war schon immer recht mangelhaft, seit Studio 2 ist sie dazu noch extrem Fehlerhaft. Es kommt zu Abstürzen, zur verlangsamten Ausführung von Dateien, Fehler durch Buffer, Shader, Surfaces und vieles mehr. Nicht einmal das markieren von Worten mit einem Doppelklick funktioniert immer tadellos. Ein Fehler, den es schon bei Studio 1 gab!

Es grenzt an Betrug!

Das alles wäre nicht halb so schlimm, wenn der Hersteller es nicht als Beta anpreisen und mittlerweile Geld dafür verlangen würde. Wissentlich werden zahlende Kunden als Versuchskaninchen missbraucht, angelockt durch schicke Werbung und vielen Versprechungen. Das ist heutzutage leider nichts Neues, doch beim GameMaker war es noch nie so krass wie jetzt. Manche werden sich nicht mehr daran erinnern, aber der GameMaker wurde ursprünglich von Professor Mark Overmars entwickelt. 2007 wurde YoYo Games Ltd gegründet und versucht, das Vorhandene professioneller zu machen. Damals gab es schon viele Probleme, die gerne mit „alter Code” und „Delphi” begründet wurden.

GMS1 wurde nahezu neu geschrieben, doch statt alte Probleme zu beseitigen, kamen neue hinzu. Vor allem die Fenster-Engine ist unter Windows 8 und 10 eine mittlere Katastrophe, bis heute. GMS2 ist wieder eine Neuentwicklung und es wurden tatsächlich einige alte Zöpfe abgeschnitten, was den Umstieg, vor allem im Bereich 3D, nicht gerade erleichtert. Doch nun zeigt sich, dass YoYo Games kein Problem mit Altlasten hat, sondern mit der Entwicklung allgemein. Die Prioritäten liegen auf Dingen, die schnell Geld bringen, etwa dem Marketplace und den zahlreichen Exportern. Zahlreiche Fehler werden, wenn überhaupt, erst sehr spät behoben. Dass das GMS mittlerweile von vielen genutzt wird um kommerzielle Spiele zu entwickeln, scheint die Macher wenig zu stören. Bei Freeware könnte man ein Projekt beliebig verschieben oder gar einstellen, aber bei kommerziellen Absichten ist das eine finanzielle Katastrophe für Leute, die auf GMS gesetzt haben!

In dieser Serie werde ich mich nach und nach den krassen Fehlern widmen, aber auch zeigen, an welchen Stellen das neue Studio dem heutigen Standard meilenweit hinterher hinkt. Wer eigene Erfahrungen und Meinungen dazu hat, ist in den Kommentaren gerne gesehen. Zweck dieser Serie ist Information und Diskussion, in der Hoffnung, den Hersteller dazu bewegen zu können, die Priorität auf Fehlerbehebung und Service zu legen.

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