• 6Minuten
blank

Spiele, die auf einem Film basieren, haben keinen guten Ruf. Das galt insbesondere für die 1980er und 1990er Jahre. Eine Hollywood-Lizenz versprach oft einen großen Namen, aber einen mangelhaften Inhalt. E.T. the Extra-Terrestrial (1982) ist wahrscheinlich das berüchtigtste Beispiel. Indiana Jones and the Last Crusade bewies 1989, dass es auch anders sein kann.

Die Story: Ein erweitertes Abenteuer

Die Handlung lehnt sich eng an die Filmvorlage an und erweitert sie. Zu Beginn des Spiels ist Indiana Jones an sein College zurückgekehrt, nachdem er das Kreuz von Coronado zurückerobert hat. Bereits hier hat man die Möglichkeit, Boxkämpfe in der Sporthalle zu üben, was später sehr wichtig werden wird. Der Spieler wird dadurch – und durch unzählige kleine Details – in die Welt des Archäologen gezogen. Während die meisten Indiana Jones Spiele dieser Zeit auf pure Action ausgelegt sind, muss der Spieler in klassischer Point-and-Click-Adventure-Manier Rätsel lösen, Dialoge führen und gelegentlich Peitsche und Fäuste schwingen.

Indy wird von dem Geschäftsmann Walter Donovan angesprochen, der ihm von dem Heiligen Gral und dem Verschwinden von Indys Vater erzählt.

Nachdem er die Archäologin Elsa Schneider kennengelernt hat, reist Indy zu einigen der Orte, die im Film vorkommen, wie Venedig und die Katakomben. Dabei findet er seinen Vater, der im Schloss Brunwald gefangen gehalten wird, nachdem er sich durch die labyrinthartigen Gänge gekämpft und den Wachen ausgewichen ist. Dann wird Elsas Doppelrolle aufgedeckt, als sie das Gralstagebuch von Indy stiehlt. Nach ihrer Flucht durchqueren Vater und Sohn Berlin, um das Tagebuch zurückzuerhalten und sich kurz mit Adolf Hitler zu treffen. Dann erreichen sie einen Flughafen, von dem aus sie mit einem Zeppelin oder einem Doppeldecker das Tal der Mondsichel aufsuchen wollen.

Das Grab des Ritters in Venedig
Das Grab des Ritters in Venedig

Es gibt zahlreiche Actionszenen mit Schlägen und die Sequenz mit dem Doppeldecker über Europa, der von den Nazifliegern verfolgt wird.

Mehrere Schlüsselelemente des Films – wie die Gralsbruderschaft, Indys Freund Sallah, die Wasserverfolgungsjagd in Venedig und die Wüstenschlachtszenen (abgesehen von kleinen versteckten Anspielungen) – wurden nicht in das Spiel übernommen. Dafür wurden Passagen wie Labyrinthe – etwa in Venedig – stark ausgebaut, was nicht immer zum Vorteil des Spiels ist.

Schloss Brunwald
Schloss Brunwald stellt uns vor allerlei Herausforderungen

Der Indy-Quotient: Ein innovatives Punktesystem

The Last Crusade erweiterte die traditionelle Adventure-Struktur von Lucasfilm Games durch ein flexibles Punktesystem – den IQ-Score oder „Indy-Quotienten“ – und durch die Möglichkeit, das Spiel auf verschiedene Arten abzuschließen. Das Punktesystem ähnelte dem der Adventure-Spiele von Sierra, doch wenn das Spiel neu gestartet oder wiederhergestellt wurde, blieb der Gesamt-IQ des vorherigen Spiels erhalten. Die einzige Möglichkeit, den maximalen IQ von 800 zu erreichen, bestand darin, alternative Lösungen für Rätsel zu finden, z. B. einen Wächter zu bekämpfen, anstatt ihm auszuweichen. Dies wirkte einer häufigen Kritik an Adventures entgegen, der zufolge sie keinen Wiederspielwert haben, da es nur einen Weg gibt, das Spiel zu beenden. Außerdem trug das Punktesystem dazu bei, dass das Spiel eine Vielzahl von Spielertypen ansprach. Einige der alternativen Kämpfe, wie z. B. der mit dem Zeppelinwärter, waren sehr schwer zu bestehen, so dass der maximale IQ nur schwer zu erreichen war.

Indy zieht sich um
Indy zieht sich um

Das Gralstagebuch: Ein Schlüssel zum Erfolg

Frühere Ausgaben des Spiels enthielten eine Replik des Gralstagebuchs von Henry Jones, das sich deutlich von seiner filmischen Entsprechung unterschied, jedoch eine Fülle von Hintergrundinformationen über Indys Jugend und Henrys Leben bot. Das Tagebuch erwies sich als unentbehrlich für die Lösung der Rätsel gegen Ende des Spiels, insbesondere für die Entdeckung des echten Grals. In späteren Versionen des Spiels wurde eine gekürzte Ausgabe des Gralstagebuchs integriert.

Reisekarte
Auch im Spiel darf die Reisekarte nicht fehlen

Entwicklung und Veröffentlichung: Eine zeitgleiche Premiere mit dem Film

Der Wiederspielwert ist zwar gegeben, ebenso wie eine zusätzliche Tiefe zum Film, aber natürlich bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei Indiana Jones and the Fate of Atlantis, welches eine völlig neue Geschichte erzählt und auch deutlich aufwändiger entwickelt wurde.

Kampfsystem
Auch eine Verkleidung schützt uns nicht immer vor der Entdeckung

Das Spiel wurde im Mai 1989 gleichzeitig mit dem Film veröffentlicht. Es war für DOS, Amiga, Atari ST und Mac OS erhältlich. Später wurde eine CD-ROM-Version für die FM Towns mit 256-Farben-Grafik und einem CD-Audio-Soundtrack sowie eine VGA-PC-Version veröffentlicht. Viele der einzigartigen Szenen des Spiels wurden von George Lucas und Steven Spielberg während der Entstehung des Films entwickelt. The Last Crusade war auch das erste Lucasfilm-Spiel, das die Verben „Look“ und „Talk“ enthielt. Letzteres löste in einigen Situationen ein primitives Dialogsystem aus, bei dem der Spieler einen von mehreren Sätzen auswählen konnte. Das System wurde in The Secret of Monkey Island weiterentwickelt und blieb in allen späteren LucasArts-Abenteuern erhalten, mit Ausnahme von Loom.

Anpassung für den deutschen Markt

Eine bemerkenswerte Anpassung, die in der deutschen Version vorgenommen wurde, war die Entfernung von verfassungsfeindlichen Symbolen. Dies geschah, um das Spiel den strengen deutschen Gesetzen gegen die Verwendung von Nazi-Symbolen anzupassen. In der deutschen Version wurden daher sämtliche Symbole und Referenzen, die mit der nationalsozialistischen Ideologie in Verbindung stehen, entfernt oder geändert. Diese Änderungen umfassten vor allem die zahlreichen Hakenkreuze im Spiel.

Die Entfernung verfassungsfeindlicher Symbole in der deutschen Version führte zu einigen Kontroversen unter den Spielern und Fans des Spiels. Einige argumentierten, dass diese Änderungen das authentische Spielerlebnis beeinträchtigten und die historische Genauigkeit des Spiels verfälschten. Andere wiederum unterstützten die Anpassungen als notwendige Maßnahme, um die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland einzuhalten und eine breitere Veröffentlichung des Spiels zu ermöglichen. Trotz dieser Diskussionen blieb die deutsche Version des Spiels beliebt.

Kritiken

Fachmagazine und Spieler jener Zeit waren vom Resultat begeistert, was nicht nur daran lag, dass der Film selbst bei vielen Fans als der beste Teil der Serie gilt. Während man auf der Leinwand von Action und Sound begeistert wurde, konnte man im Spiel selbst der Held sein und den Heiligen Gral finden. Dass ein Teil der Lösung bereits durch den Film verraten wurde, tat dem keinen Abbruch.

Kunst
Über Kunst lässt sich nicht streiten

Computer and Video Games vergab für die DOS-Version sogar 91 Punkte und fasste zusammen:

„Ein höchst unterhaltsames und süchtig machendes Arcade-Abenteuer in der Art von Zak McKracken, das großartige Grafik und Sound mit hervorragender Spielbarkeit verbindet. Indy-Fans sollten es sich nicht entgehen lassen.“

Die Power Play gab nur einen Punkt weniger:

„Keine Frage: Indiana Jones ist das bislang beste Lucasfilm-Abenteuer. Die Grafiken sind feiner denn je, die Animationen wirken wunderbar echt und der Spielkomfort wurde entscheidend verbessert. Und das wichtigste: Das Flair des Films ist auch in dem Adventure zu spüren. Allein wenn man in Venedig durch die Katakomben schleicht, befällt einen ein sanftes Gruseln. Nach der Gänsehaut, die das schlappe lndy-Actionspiel produzierte, bietet das Adventure endlich das, was den Film auszeichnet: Abenteuer, Witz und Spannung. Gratulation.“

Die PC Games machte mit 83 Punkten nicht ganz so hohe Luftsprünge, war aber dennoch vom Spiel im Rückblick 1993 angetan:

„Mit diesem Spiel endete schließlich die Ära von C64-Versionen und EGA-Grafiken. Erstmals wurden VGA- und Soundkarten unterstützt, womit das High-Tech-Zeitalter von Computerspielen begonnen hatte. Das Spiel zum letzten Indiana Jones-Film hielt sich exakt an die Story und bot Harrison Ford in bester Form. Auf der Suche nach dem heiligen Gral wurden Boxkämpfe und Schauplätze in Massen geboten. Dieses Spiel eröffnete die Wege zu den späteren Mega-Adventures.“

Heutige Perspektive

Mit den Jahren gab es natürlich immer wieder Rückblicke, die zum Teil in der Retrospektive negativer ausfielen als zur Zeit der Veröffentlichung. Dies liegt weniger an der Präsentation, zumal die VGA-Version heute noch sehr gefällig aussieht.

Hitler
In der deutschen Version waren die Hakenkreuze nicht zu sehen. Sie wurden vom Übersetzer Boris Schneider mit Quadraten übermalt

Ein Grund für gemischte Rückblicke ist sicherlich der Schwierigkeitsgrad des Spiels. Gerade die langatmigen Labyrinthe und die generelle Sucherei, etwa in der Bibliothek, können einem den letzten Nerv kosten, auch wenn man – viel zu selten – über witzige Details stolpert. Generell war das Adventure-Genre 1989 noch ein gutes Stück von seiner Perfektion entfernt, auch wenn die Qualität des Spiels zumindest ein kleiner Meilenstein war. Abgesehen von den IQ-Punkten und dem Dialogsystem gab es keine Innovation oder einen speziellen Moment, der die Spieler oder gar das Genre nachhaltig beeinflusst hätte.

Dennoch ist das Spiel eine Reise wert und zeigt, dass es schon 1989 möglich war, eine Filmvorlage würdevoll umzusetzen. Für Indy-Fans ist das Spiel auch heute noch Pflichtprogramm, wenn man in die Abenteuerwelt des Archäologen eintauchen will.

Landung
Die Kritiken für das Spiel fielen besser aus als diese Landung

Letztendlich bleibt „Indiana Jones and the Last Crusade: The Graphic Adventure“ ein zeitloser Klassiker, der einen festen Platz in der Geschichte der Adventure-Spiele und der Popkultur im Allgemeinen verdient hat. Durch seine treue Anlehnung an den Film und die atmosphärische Umsetzung der Indiana-Jones-Welt hat das Spiel Generationen von Spielern begeistert und wird dies wohl auch weiterhin tun.

Gallerie

Weiterführende Links

Die Geschichte der Adventure Teil 1 – Im Anfang war das Wort
EnDOSkopie – Maniac Mansion
EnDOSkopie – Day of the Tentacle

Externe Links

Indiana Jones and the Last Crusade: The Graphic Adventure bei MobyGames
Indiana Jones and the Last Crusade bei GOG

Autor

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

1 Kommentar
Älteste
Neueste Meistgewählt
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Valentino
Gast
Valentino
6. März 2024 9:34

Man muss schon gedanklich in diese Zeit eintauchen, um solche Spiele genießen zu können. Als Ergänzung zum Film ist der Titel weiterhin großartig.