Cheating in Videospielen ist eine alte Plage. Seitdem es Spiele gibt, gibt es auch Spieler, die versuchen, diese zu manipulieren, um einen unfairen Vorteil zu erlangen. Mit der steigenden Beliebtheit von Online-Spielen und E-Sport-Veranstaltungen ist das Thema Cheating jedoch immer wichtiger geworden. In diesem Artikel werden wir uns mit den Herausforderungen beschäftigen, mit denen Spieleentwickler bei der Bekämpfung von Cheating zu tun haben – und mögliche Lösungen dafür.
Was ist Cheating?
Cheating bezeichnet den Versuch von Spielern, die Regeln eines Spiels zu umgehen, um einen unfairen Vorteil zu erlangen. Darunter werden klassische Cheats, wie sie von Spieleentwicklern vor allem früher in Spiele eingebaut wurden, nicht verstanden.
Betrügerisches Cheating kann in Form von Hacken, Exploits, Betrugssoftware oder einfach durch die Nutzung von Fehlern im Spiel geschehen. Cheating ist in der Gaming-Community wie Doping im Sport anzusehen und kann dazu führen, dass Spieler gesperrt, von Communitys gebannt oder anders bestraft werden. Dabei geht es den Cheatern oft nicht einmal um Geld, sondern entweder um Ruhm, damit sie als besonders gute Spieler angesehen werden, oder schlicht darum, anderen zu schaden und das Spiel damit zu zerstören.
Laut einer Studie von „The University of York“ haben über 60 % der Spieler schon einmal in ihrem Leben in irgendeiner Form geschummelt. Ob es nun das Ausnutzen von Exploits, das Verwenden von Hacks oder das Manipulieren von Spielmechaniken ist, Cheating ist allgegenwärtig. Laut einer Studie von SuperData Research aus dem Jahr 2020 wurden in Online-Spielen weltweit schätzungsweise 13 Milliarden US-Dollar durch Betrug verloren. Cheating ist also ein sehr ernstes Problem – für Gamer und Spieleentwickler. Wer also Spiele entwickelt und auch nur eine kleine Online-Highscore-Tabelle einbaut, sollte sich dringend mit dem Thema befassen. Bevor wir die Seite der Entwickler betrachten, sollten wir uns praktische Beispiele anschauen.
Cheating im Schach
Da Computer mittlerweile wesentlich besser Schach spielen können als jeder Mensch, ist es nicht verwunderlich, dass es hier besonders leicht ist, zu betrügen. Vor allem online. Schaut man sich die CCRL-Liste für Blitz an sieht man, dass die ersten circa 170 Engines jedem Menschen überlegen sind. Selbst wenn man nicht höchste Maßstäbe anlegt, sind mindestens 300 dieser Engines in der Lage, jeden Durchschnittsspieler und besseren Vereinsspieler locker zu besiegen. Laut einer Studie von 2021 haben 3,5 % aller Online-Spieler mindestens einen Spieler betrogen.
Online gibt es wenige große und sehr viele kleine Plattformen, auf denen man gegen den Rest der Welt spielen kann. Wer es nur halbwegs clever anstellt, kann selbst auf den größten Seiten – die von sich behaupten einen sehr guten Schutz zu haben – jedes beliebige Spiel gewinnen. In jeder Schachvariante, in jeder Zeitvariante.
Die Tatsache, dass manche Seiten sehr viele Ressourcen in Maßnahmen gegen Cheating stecken und es trotzdem sehr einfach ist, zu betrügen und nicht erwischt zu werden, zeigt das gewaltige Problem. Und wenn man den großen Plattformen nicht trauen kann, dann erst Recht nicht kleinen Apps und Programmen, die Online-Schach – teilweise sogar gegen Geld – anbieten.
Cheater tun das zum Teil, um Onlineturniere zu gewinnen, aber es ist vor allem ein Gefühl von Macht, das sie antreibt. Auch gerne dann, wenn man in der Lage ist, bekannte Spieler – am besten live – zu besiegen.
Deshalb rate ich Spieleentwicklern davon ab, selbst ein Schachspiel zu entwickeln, mit dem man sich online messen kann. Es wird nicht lange dauern, bis zahlreiche Betrüger das Spiel zerstören – egal wie clever die Gegenmaßnahmen sein mögen. Diese sind sogar recht vielfältig.
Maßnahmen gegen Cheating im Schach
Die klassischen Methoden sind:
- Prüfung von häufigem Fensterwechsel. Das ist der Fall, wenn der Spieler vom Browser in ein Schachprogramm wechselt.
- Prüfung von Mausbewegungen. Es gibt typische menschliche und maschinelle Bewegungen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, ob die Maus immer aus dem Fenster geht oder ob sie sich immer nur vom Startfeld zum Zielfeld bewegt. Beides ist verdächtig.
- Zugzeiten. Menschen denken – je nach Zug – unterschiedlich lange. Cheater hingegen zeigen eher gleichmäßige „Bedenkzeiten“.
- Qualität der Züge. Je perfekter das Spiel, umso unwahrscheinlicher ist es, dass es ein Mensch ist. Selbst Großmeister machen immer wieder fatale Fehler.
Es gibt noch weitere, eher weichere Faktoren, die über eine bestimmte Anzahl von Partien eine Rolle spielen können. Aber wer als Cheater auf die ersten drei Punkte achtet und nicht immer die besten Züge spielt, fällt online kaum auf.
Ego-Shooter – ein Eldorado für Cheater
In Ego-Shootern wie Counter-Strike: Global Offensive oder Call of Duty ist Cheating besonders verbreitet. Hier reicht die Palette der Schummeleien von Wallhacks, die Spieler durch Wände sehen lassen, bis hin zu Aimbot-Programmen, die automatisch auf Gegner zielen. Einer etwas älteren Studio zufolge wird bei rund einem Drittel der Spiele betrogen.
Allerdings betrifft dies nur die sehr bekannten Titel. Ego-Shooter funktionieren, im Gegensatz zu Schach, sehr individuell und es kann ziemlich aufwändig sein, entsprechende Programme zu entwickeln, um zu betrügen. Hinzu kommen die Folgen, wenn man erwischt wird. Dies hängt mit der Wertigkeit der Accounts zusammen. Auf Schachplattformen haben Cheater oft einen kostenlosen Account – wenn überhaupt. Selbst wenn sie erwischt werden, legen sie sich eine Minute später einen neuen Account an und betrügen weiter. Wer hingegen CS über Steam spielt und als Betrüger auffliegt, könnte sogar seinen Steam-Account und somit alle anderen Spiele ebenfalls verlieren – oder zumindest den Onlinezugang. Hinzu kommt die soziale Ächtung, wenn man bspw. in einem Clan spielt.
Online-Spiele – die große Herausforderung
Generell sind reine Online-Spiele anfälliger für Cheating, da sie eine direkte Verbindung zwischen den Spielern ermöglichen. MMOs wie World of Warcraft oder Fortnite sehen sich regelmäßig mit Cheatern konfrontiert, die versuchen, das Spiel zu manipulieren, sei es durch das Farmen von Ressourcen in großem Maßstab oder durch das Ausnutzen von Bugs, um sich einen unfairen Vorteil zu verschaffen.
In Online-Spielen aller Art können Spieler Bots verwenden, um Aufgaben automatisch zu erledigen, oder Speedhacks, um sich schneller zu bewegen. Bei Spielen mit Online-Highscore-Tabellen, die lediglich den Punktestand und einen Namen übermitteln, aber ansonsten komplett lokal laufen, ist es sogar besonders einfach. Wenn es lediglich um Geschicklichkeit und Reaktionsvermögen geht, muss nur die Geschwindigkeit herabgesetzt werden. So kann man alles in Zeitlupe meistern. Oder man hackt das Spiel so, dass man direkt den Punktestand manipuliert. Möglich ist es auch, die Übermittlung der Daten abzufangen und in Zukunft zu cheaten, ohne auch nur das Spiel starten zu müssen.
Die Cheat Engine
Zumindest für einen Teil der Aufgaben ist die kostenlose Cheat Engine ein recht geniales Tool. Es hilft vor allem Spielern und Testern, wenn sie an bestimmten Stellen nicht weiterkommen. Im simpelsten Fall kann man sich Ressourcen wie Geld in einem Strategiespiel beschaffen. Findet dies lokal statt, gibt es nichts auszusetzen. Aber bei besagten Highscore-Tabellen wird es kritisch. Im schlimmsten Fall hat der Entwickler nicht einmal seine Werte geschützt und man kann den Highscore-Wert leichter manipulieren als Scientology seine Mitglieder.
Amateure neigen dazu, zu übertreiben. Sie geben Werte an, die man unmöglich im Spiel schaffen kann. Als Spieleentwickler kann man dafür dankbar sein, da sich solche Spieler leicht identifizieren und die Werte sofort löschen lassen. Wenn man eine vernünftige Plausibilitätsprüfung einbaut, werden solche Werte niemals in der Highscore-Tabelle erscheinen.
Die Cheat Engine bietet auch die Möglichkeit, die Geschwindigkeit eines Spiels insgesamt zu erhöhen oder zu reduzieren. Somit kann man in Zeitlupe allen Gefahren bequem ausweichen. Für Spieleentwickler ist das Segen und Fluch zugleich. So kann man bspw. selbst testen, was der maximale Wert im eigenen Spiel ist (falls er sich nicht einfach berechnen lässt) und entsprechend die oben besagte Plausibilitätsprüfung perfektionieren. Auf der anderen Seite kann dies jeder Spieler ebenfalls nutzen und somit den Maximalwert erreichen.
Maßnahmen gegen Cheating
Um dem Problem des Cheatings zu begegnen, müssen Spieleentwickler proaktiv werden und Mechanismen implementieren, die das Ausmaß der Schummelei minimieren. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von Anti-Cheat-Software, die das Spiel nach verdächtigem Verhalten überwacht und Cheater identifiziert und sperrt. Ein Beispiel dafür ist Valve’s VAC (Valve Anti-Cheat), das in Spielen wie Counter-Strike: Global Offensive eingesetzt wird.
Darüber hinaus können Entwickler auch auf präventive Maßnahmen setzen, indem sie das Spiel so gestalten, dass Cheaten weniger attraktiv ist. Dies kann durch die Implementierung von serverseitigen Überprüfungen geschehen, die sicherstellen, dass wichtige Spielinformationen nicht vom Client manipuliert werden können. Außerdem ist es wichtig, regelmäßig Updates und Patches zu veröffentlichen, um bekannte Exploits und Schwachstellen zu schließen und so das Katz-und-Maus-Spiel mit den Cheatern aufrechtzuerhalten.
Es wird aber schnell klar, dass Hobbyspieleentwickler und kleine Studios nur endliche Ressourcen haben, um dem zu begegnen. Selbst wenn man eine aktive Community hat, die dabei hilft, kann es gut sein, dass man solchen Problemen nicht Herr wird. Dennoch gibt es einige Überlegungen, wie man das Risiko minimieren oder ganz umgehen kann.
Entwickle nur lokale Spiele
Das klingt plump und feige zugleich. Als Entwickler sollte man sich dennoch fragen, ob die Online-Optionen das Spiel wirklich besser machen, oder ob man sich dadurch eher schadet. Eine gute Singleplayererfahrung kann ebenso eine große Zielgruppe ansprechen. Häufig reicht auch eine lokale Highscore-Tabelle, falls sich das überhaupt im Genre anbietet und einen Mehrwert gibt. Und Multiplayer muss nicht zwangsläufig über das Internet laufen, sondern kann auch nur im lokalen Netzwerk funktionieren.
Entwickle nur für bestimmte Plattformen
Auf dem PC ist – nicht nur aufgrund der Cheat Engine – das Betrügen besonders einfach. Vielleicht ist es besser, wenn du dein Spiel für andere Plattformen veröffentlichst? Zum Beispiel für Smartphones und andere, eher isolierte Geräte.
Vermeide Anfängerfehler
Sobald ein Spiel irgendeinen Online-Faktor hat – und seien es nur die Highscore-Tabellen – wird es irgendwelche Leute geben, die betrügen wollen. Aber man sollte es ihnen nicht zu leicht machen.
Stelle sicher, dass alle wichtigen Spielaktionen und -ergebnisse serverseitig validiert werden. Dies bedeutet, dass der Server die Daten überprüft, die er von den Clients erhält, um sicherzustellen, dass sie legitim sind. Zum Beispiel könntest du sicherstellen, dass ein Spieler ein Level nicht in ungewöhnlich kurzer Zeit abgeschlossen hat oder dass seine Punktzahl realistisch ist (Plausibilitätsprüfungen).
Implementiere starke Verschlüsselung und Sicherheitsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die übermittelten Spielerdaten nicht manipuliert werden können. Dies verhindert, dass Cheater versuchen, die Daten zu fälschen, um sich in die Highscore-Tabelle zu mogeln.
Verwende Token-Authentifizierung, um sicherzustellen, dass nur autorisierte Spieler auf den Server zugreifen können. Jeder Spieler erhält beim Start des Spiels einen eindeutigen Token, der bei der Übermittlung von Spielerdaten verwendet wird. Dadurch wird verhindert, dass unbefugte Personen versuchen, gefälschte Spielerdaten einzusenden.
Implementiere eine serverseitige Zeitsteuerung, die sicherstellt, dass die Spielgeschwindigkeit für alle Spieler gleich bleibt und nicht durch Manipulationen beeinflusst werden kann. Der Server kontrolliert die Spielzeit und überprüft, ob die vom Client gemeldeten Aktionen innerhalb eines akzeptablen Zeitrahmens stattfinden.
Rechne intern mit anderen Werten. Die tatsächlichen Zahlen können das x-fache der angezeigten Zahlen entsprechen. So wird es Cheatern erschwert, die tatsächlichen Zahlen per Cheat Engine im Speicher zu finden.
Das ist zwar alles mit Aufwand verbunden und gibt keine 100 %ige Sicherheit, aber es sollte zumindest bei kleineren Games mehr als 90 % aller Betrugsversuche abwehren. Und wenn es „nicht ganz so einfach“ ist, in deinem Spiel zu betrügen, schaffst du Vertrauen bei den ehrlichen Spielern. Sie werden es dir mit Sicherheit danken!
Weiterführende Links
Shareware als Vertriebsform
RPG Maker – das ungeliebte Kind
Mikrowelten – Geschichten der Computertechnik – Teil 1: Von Adam bis Zuse
Arcade-Spiele – die Mutter aller Genres?
Warum soll ich programmieren lernen?
Externe Links
Gamestar: Cheaten ab 2021 illegal: Bundesregierung plant Gesetz gegen Gaming-Betrug
Easy Anti-Cheat
BATTLEYE
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