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Sid Meier zählt zu den Giganten des Game-Designs. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Herrschers, erschafft große Imperien, führt Nationen durch die Geschichte, entdeckt unbekannte Länder, meistert Handel und Diplomatie oder baut komplexe Verkehrsnetzwerke. Er plant klug, handelt geschickt und steuert große Schicksale – sei es auf der Erde oder weit darüber hinaus. Dies ist die Geschichte einer wahren Legende.

Ruhig und bescheiden wirkt er und ist dennoch einer der wichtigsten Game-Designer aller Zeiten. Das gilt auch für einige seiner Kollegen und Kolleginnen. Ob Roberta Williams, John Carmack, Shigeru Miyamoto oder eben Sid Meier – in der Menschenmenge sind sie völlig unscheinbar. Niemand sieht ihnen ihr enormes Talent an. Für Sid Meier gilt das ganz besonders. Seine Freundlichkeit und seine ruhige, schüchterne Art sind schon fast sprichwörtlich. Dabei verstand er es, wie kaum ein anderer Game-Designer, aus Zahlen, mathematischen Formeln und Algorithmen etwas Wunderbares zu kreieren: Spielspaß!

Sid Meier 2015
Sid Meier 2015; Foto: Wikipedia

Viele Hobbyspieleentwickler kennen dieses Gefühl, wenn sich ein paar Menschen am selbst entwickelten Spiel erfreuen. Wenn sie Nachrichten erhalten, in denen Gamer berichten, wie viel Spaß sie hatten. Wie sich ein Sid Meier gefühlt haben muss, als er erfuhr, dass allein Civilization 1 eine Milliarde Stunden gespielt wurde, kann man sich kaum vorstellen. Stolz war er auf jeden Fall. Eine Milliarde Stunden, bei nur einem seiner Spiele. Bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren sind das gut 1400 komplette Menschenleben. Ein Dorf, das von Geburt bis zum Tod nur Sid Meier’s Civilization 1 spielt. Unvorstellbar. Und trotzdem bleibt er ruhig und bescheiden – kein selbsternannter Rockstar, beispielsweise wie ein John Romero.

Prototyp eines Designers

Sid Meier war kein genialer Programmierer – wie etwa John Carmack. Und er landete auch nicht gleich mit seinen ersten Titeln einen mega Hit, der sich durch Innovationen auszeichnet, wie etwa Roberta Williams oder Shigeru Miyamoto. Aber er besaß Eigenschaften, die einen guten Game-Designer auszeichnen. Neben Ausdauer und Beharrlichkeit, die man insbesondere beim Testen braucht, verfügte er über das Talent, in Spielmechanik Zahlen und in Zahlen Spielmechanik zu erkennen. Wenn man Computerspiele programmiert, ist dies äußerst nützlich.

Eines seiner Designprinzipien besteht darin, Werte zu halbieren oder zu verdoppeln, wenn sie nicht stimmen. Dadurch fand er wesentlich schneller die richtigen Zahlen heraus, als dies lediglich in kleinen Schritten zu tun. Und neben diesen Fähigkeiten war er auch ungeheuer fleißig. Laut mobygames.com taucht sein Name 263 Mal in 99 Spielen auf! Das wird nicht von vielen Leuten übertroffen, allerdings von Shigeru Miyamoto (Mr. Nintendo), der in 325 Spielen 406 Mal auftaucht.

Multitalent

Was Sid Meier ebenfalls auszeichnet, sind die verschiedenen Genres, in denen er sich hervortat. Die meisten berühmten Game-Designer sind für ein oder zwei Titel oder Spieleserien bekannt, andere für ein bestimmtes Genre. John Romero ist dieser Typ, der Doom gemacht hat. Bestenfalls der Ego-Shooter-Typ, obwohl er eigentlich auch viele andere Spiele entwickelte. Roberta Williams ist die Märchentante, die Point-and-Click-Adventures entwickelte. Markus Persson steht für Minecraft usw.

Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, etwa Peter Molyneux oder Shigeru Miyamoto. Aber das ist ebenso selten wie etwa in der Musikindustrie Künstler, die über einen längeren Zeitraum in mehreren musikalischen Genres sehr erfolgreich sind, so zum Beispiel Elvis Presley.

Es ist schier unmöglich, die mehr als vierzigjährige Game-Design-Geschichte des Sid Meiers ordentlich zusammenzufassen und angemessen zu würdigen, weshalb wir uns auf die Anfänge und später die großen Hits konzentrieren werden. Selbst in seinen eigenen Memoaren, Sid Meier’s Memoir!: A Life in Computer Games, die immerhin knapp 300 Seiten umfasst, konzentriert sich etwa die Hälfte auf Civilization.

Die frühen Jahre

Sidney K. Meier wurde am 24. Februar 1954 in Sarnia, Ontario, Kanada, als Sohn eines Schweizer Vaters und einer holländischen Mutter geboren. Als er etwa drei Jahre alt war, zog seine Familie nach Detroit, Michigan, wo er aufwuchs.

Schon früh zeigte Meier eine Neugier für Technik und Spiele. Während andere Kinder draußen spielten, faszinierte ihn die Präzision von Brettspielen und die Komplexität ihrer Strategien. Diese Leidenschaft verband sich später mit seiner Begeisterung für Computer, die am Ende der 1970er Jahren gerade ihren Weg in Privathaushalte fanden.

Kantonale Erlebnisse

Ein prägendes Ereignis war sein Aufenthalt in der Schweiz, als er acht Jahre alt war. Dort hatte er, im Gegensatz zu Amerika, viele Verwandte. Seine Eltern schickten ihn alleine dorthin, da seine Schwester schwer an Hodgkin-Lymphom erkrankt war und später daran starb. Vermutlich sollte der kleine Sid die Leidensgeschichte nicht miterleben müssen. Bereits im Flugzeug öffnete er ein Paket, das er zuvor von seinem Vater erhalten hatte. Darin befand sich ein 630 Seiten dickes Buch: The American Heritage Picture History of the Civil War. Mit knapp 840 Illustrationen wirkte der massive Wälzer beeindruckend auf den Jungen.

American Heritage Picture History of the Civil War
American Heritage Picture History of the Civil War, Version von 1994; Foto: Amazon

Die Großeltern von Sid lebten in Bülach im Kanton Zürich. Er wurde für den gesamten Sommer in diesen kleinen Ort geschickt – möglicherweise auch der Grund, warum sein Vater ihm ein so dickes Buch mitgab. Bülach hatte damals rund 10.000 Einwohner. Ein Fliegenschiss auf der Landkarte, verglichen mit Detroit, wo zu dieser Zeit 1,5 Millionen Menschen lebten. Zunächst fand Sid die Reise ziemlich bescheuert. Er fühlte sich als Amerikaner und wollte mit den Wurzeln seines Vaters nichts zu tun haben.

Eisenbahn

Doch unweit des Anwesens seiner Großeltern gab es eine Bahnstrecke, die ihn faszinierte. Um sich abzulenken, ging Sid jeden Tag zum Bahnhof, um die Züge einfahren zu sehen. Besonders beeindruckte ihn die Pünktlichkeit der Schweizer Züge. Er überprüfte jeden Zug und stellte fest, dass sie ausnahmslos auf die Minute pünktlich waren. Diese Präzision verzückte ihn so sehr, dass sein Großvater ihm einen Fahrplan kaufte. Damit konnte Sid alle Zugverbindungen der Schweiz nachverfolgen. Die Effizienz dieses komplexen Netzwerks faszinierte ihn – ein Eindruck, der ihn ein Leben lang prägen sollte.

Eisenbahn in der Schweiz
Eisenbahn in der Schweiz; Foto: Adobe Stock

Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Schweiz freundete sich Sid zunehmend mit seiner dortigen Familie an. Er begann, sich in den Alpenstaat zu verlieben. Vor allem, weil er von der Verwandtschaft so akzeptiert wurde, wie er war. Zunächst wollte er so schnell wie möglich nach Amerika zurückkehren, doch dann schrieb er seinen Eltern, dass er in der Schweiz bleiben wolle. Der ursprünglich geplante Sommerurlaub wurde auf ein halbes Jahr verlängert. Als er seinen Eltern erneut mitteilte, dass er für immer in der Schweiz bleiben wolle, hatte seine Mutter genug. Sie reiste persönlich an und holte ihn zurück in die USA.

Während seiner Zeit in der Schweiz verlernte Sid jedoch die englische Sprache und konnte sich bei seiner Rückkehr kaum noch mit seiner Mutter verständigen. Um seine Sehnsucht nach der Schweiz zu lindern, kam sie auf die Idee, eine Modelleisenbahn anzuschaffen. Sid widmete sich begeistert dem Bau der Gleise, während sein Vater Landschaften aus Pappmaché gestaltete. So konnte zumindest Detroit ein wenig mit der Schweiz konkurrieren.

Studium und Heimcomputer

Nach der Schule studierte Meier Geschichte und Informatik an der University of Michigan und schloss 1975 mit einem Bachelor of Arts in Informatik ab. Nach dem College begann er seine berufliche Laufbahn mit der Entwicklung von Kassensystemen für Kaufhäuser. Doch seine wahre Leidenschaft galt den Computern, die er in seiner Freizeit nutzte, um die Mechaniken von Spielen zu erforschen und eigene Ideen umzusetzen.

Atari-800
Atari-800; Foto: Wikipedia

Ein entscheidender Wendepunkt kam 1981, als Meier seinen ersten Heimcomputer, einen Atari-800, kaufte. Von diesem Moment an spielte er nicht nur Spiele, sondern begann auch, sie zu entwickeln.

MicroProse

Sid arbeitete zunächst bei General Instrument (GI). Die Firma war ein amerikanischer Elektronikhersteller mit Sitz in Horsham, Pennsylvania, der sich auf Halbleiter und Kabelfernsehgeräte spezialisierte. Das Unternehmen wurde 1923 in New York City als Elektronikhersteller gegründet. In den 1950er Jahren begann die Firma mit einer Reihe von Übernahmen. Dadurch wurde GI zu einem wichtigen Hersteller von Transistoren und später von integrierten Schaltkreisen. In den späten 1960er Jahren war das Unternehmen hauptsächlich vom Verkauf an die Fernsehindustrie abhängig. Hier lernte Sid Meier Bill Stealey kennen.

Stealey, geboren 1947, hatte ursprünglich das Ziel, Jagdflieger und schließlich General zu werden. In den 1960er Jahren besuchte er das Pennsylvania Military College. Er trug eine Brille, kämpfte sich aber trotzdem in das Programm und erhielt eine Ausnahmegenehmigung. Dies ermöglichte ihm 1966 den Besuch der United States Air Force Academy, aber leider fiel er aus dem Rennen um die Zuteilung zu den Kampfflugzeugen. Nach seinem Abschluss 1970 wurde er jedoch gebeten, als Fluglehrer zu arbeiten und die T-37 zu fliegen.

Bill Stealey erreichte den Rang eines Hauptmanns, bevor er aus dem aktiven Dienst ausschied und in die Ausbildung zurückkehrte, während er in den folgenden zehn Jahren weiterhin bei der Pennsylvania Air National Guard diente. Nachdem er zunächst ein Jurastudium in Erwägung gezogen hatte, stellte er fest, dass er mit einem MBA (Master of Business Administration) besser bedient wäre und besuchte die Wharton School of Business. Er wurde Berater bei Cresap, McCormick & Paget, und später bei McKinsey & Company. Nach eigener Aussage war er nicht sehr gut in der Beratung, da er die Probleme seiner Kunden sofort lösen wollte und nicht darauf wartete, dass sie jahrelang diskutierten. Er nahm eine Stelle bei General Instrument im Bereich Unternehmensstrategie an. Hier entwickelte er für GI eine neuartige Software für die Finanzplanung.

Flugsimulatoren

Es gibt eine bekannte Geschichte über Sid Meier und Bill Stealey. Eines Tages spielten die beiden ein Arcade-Flugkampfspiel. Bill, als ehemaliger Militärpilot, war verblüfft, dass Sid immer wieder höhere Punktzahlen erzielte als er selbst.

Spitfire Ace
Spitfire Ace; Screenshot: mobygames.com

Nachdem Sid ihn damit in Verlegenheit gebracht hatte, erklärte er, dass die KI der gegnerischen Arcade-Piloten so vorhersehbar war, dass er deren Bewegungen mühelos antizipieren konnte. Zudem soll Sid gesagt haben, er könne in nur einer Woche eine bessere KI entwickeln. Bill nahm die Herausforderung an und gemeinsam gründeten sie MicroProse.

Sid und Bill behielten in den ersten Monaten ihre regulären Jobs, und MicroProse begann wie viele andere Firmen der 80er Jahre als Garagenunternehmen. Es dauerte eine Weile, bis sich die Partnerschaft zu einem ernstzunehmenden Branchenriesen entwickelte.

Hellcat Ace
Hellcat Ace; Screenshot: mobygames.com

Natürlich dauerte es deutlich länger als eine Woche, bis Sid sein erstes Spiel fertiggestellt hatte. Genau genommen brauchte er zwei Monate. Aus heutiger Sicht mögen Spitfire Ace und Hellcat Ace (beide 1982) primitiv wirken, doch sie waren ein echter Fortschritt im Vergleich zu den simplen KIs der damaligen Arcade-Spiele. In diesem Punkt erfüllte Sid sein Versprechen. Die dabei gewonnenen Erfahrungen halfen ihm bei späteren Projekten, etwa Solo Flight (1983) und schließlich bei anspruchsvollen Flugsimulationen wie dem F-19 Stealth Fighter von 1988.

Lineare Entwicklung

Die Entwicklung von MicroProse verlief relativ geradlinig. Über mehrere Jahre hinweg wuchs das Unternehmen stetig, indem jedes Jahr etwa drei neue Mitarbeiter hinzukamen. In der Anfangszeit wurden die Spiele hauptsächlich von Sid Meier selbst entwickelt, während einige Freunde die Konvertierungen für verschiedene Plattformen übernahmen – ein Nebenprojekt, da alle Beteiligten noch reguläre Jobs hatten. Zu dieser Zeit kümmerte sich Meier um die Konvertierung für Atari, doch da auch Geräte wie der Commodore, Apple und Sinclair auf dem Markt waren, musste MicroProse seine Spiele für eine Vielzahl von Systemen anpassen. Nach und nach wurden weitere Mitarbeiter eingestellt, darunter Andy Hollis, der später für Origin arbeitete und als erster Programmierer zum Team stieß. Auch ein Verkäufer wurde ins Team geholt, wodurch das Unternehmen ein stetiges, lineares Wachstum erlebte.

Im ersten Jahr war die Zukunft der Firma noch ungewiss, sodass vorerst mit Teilzeitkräften gearbeitet wurde. Später ging man jedoch dazu über, Vollzeitkräfte einzustellen. MicroProse war eines der ersten US-Unternehmen, das in den europäischen Markt expandierte. Es baute dort eine eigene Vertriebs- und Marketingorganisation auf, was für die Weiterentwicklung des Unternehmens ein großer Vorteil war. Zudem übernahm MicroProse in Europa den Vertrieb von Produkten anderer Firmen. Insgesamt spiegelte das langsame, aber kontinuierliche Wachstum von MicroProse die Entwicklung der PC-Industrie wider.

Zu dieser Zeit unterlag der Konsolenmarkt erheblichen Schwankungen. Systeme verschwanden oft so schnell, wie sie aufgetaucht waren, was zu großen Auf- und Abschwüngen führte. Ein Problem, mit dem u. a. auch Ken Williams von Sierra zu kämpfen hatte. Im Gegensatz dazu wuchs der PC-Markt Jahr für Jahr in einem beständigen Tempo, und diese Stabilität prägte die Ausrichtung von MicroProse, das sich bewusst gegen die unsichere „Achterbahnfahrt“ des Konsolengeschäfts entschied.

NATO Commander

1983 veröffentlichte MicroProse mit NATO Commander ein Kriegsspiel, das sich stark an der Ästhetik und Philosophie der damaligen Brettspielwelt orientierte. Zu dieser Zeit dominierten komplexe Strategiespiele mit umfangreichen Regelwerken, die oft den Umfang eines Telefonbuchs hatten. Wo immer der Spaß mit dem Anspruch auf Realismus kollidierte, war der Realismus klar im Vorteil. Auch Computerspiele dieser Art litten damals unter begrenzten technischen Möglichkeiten und einer wenig ausgereiften Mechanik. Sid Meier stellte sich der Herausforderung, das Erlebnis klassischer Brettspiele auf den Computer zu übertragen. Dies war kein ungewöhnlicher Ansatz, da viele Spieleentwickler seiner Generation mit solchen Titeln aufgewachsen waren.

NATO Commander
NATO Commander; Screenshot: mobygames.com

Die Idee hinter NATO Commander war folgende: Der Computer sollte die mühsame Verwaltungsarbeit übernehmen, die bei Brettspielen oft viel Zeit in Anspruch nahm, und den Fokus auf die strategischen Entscheidungen legen. Doch in der Praxis stellte sich das Spiel als alles andere als zugänglich heraus. Statt sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, den Warschauer Pakt daran zu hindern, Europa zu überrennen, kämpften die meisten Spieler mit der enormen Komplexität des Spiels und der steilen Lernkurve. Zwar zeigten sich die Kritiker jener Zeit beeindruckt, doch für viele Spieler blieb das Game eher einschüchternd als unterhaltsam.

NATO Commander
NATO Commander spielte sich eher wie “Nahtod Commander”; Screenshot: mobygames.com

Aus NATO Commander zog Sid Meier eine wichtige Lehre: Komplexität allein ist kein Ersatz für inhaltliche Tiefe. Seine späteren Kriegsspiele zeichneten sich entweder durch eine einfachere und zugänglichere Gestaltung aus oder durch komplexe Systeme, die jedoch in leicht verständliche Teilbereiche zerlegt wurden. Diese Erkenntnis prägte seine späteren Werke und trug dazu bei, Strategiespiele sowohl anspruchsvoller als auch unterhaltsamer zu machen.

Sid Meier’s Pirates!

Abgesehen von NATO Commander kümmerte sich Sid Meier in den ersten Jahren vor allem um Simulationen. Etwa Silent Service, einer U-Boot-Simulation, die 1985 veröffentlicht wurde. Oder Gunship von 1986, aber hier war Sid nicht als Game-Designer beteiligt.

Sids Herangehensweise an das Spieledesign basiert darauf, ein Thema zu wählen, wie etwa Piraten, den Bürgerkrieg oder Zivilisation, und sich dann die Frage zu stellen: „Was macht dieses Thema besonders? Welche Belohnungen und welches Spielerlebnis können daraus entstehen?“ Dann entscheidet er, in welches Genre das Thema passt und welches Spielsystem dafür am besten geeignet ist.

Pirates! 3D-Box
Pirates! 3D-Box; Foto: eXoDOS Sammlung

Seine Spiele entstehen nicht, indem sie in ein bestehendes Genre passen oder ein Thema an ein Genre angepasst wird. Vielmehr wird ein Thema ausgewählt, und es wird analysiert, welcher Spielstil und welches Genre es unterhaltsam machen.

Erst 1987 sollte mit Sid Meier’s Pirates! ein Spiel folgen, welches Legendenstatus erreichte. Es ist ein bahnbrechendes Open-World-Spiel. Darin schlüpfen die Spieler in die Rolle eines Freibeuters in der Karibik des 16. bis 18. Jahrhunderts. Das Spiel bietet eine Mischung aus Abenteuer, Strategie und Rollenspiel, die es damals revolutionär machte.

Sid Meier’s Pirates!
Sid Meier’s Pirates!; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Die Vision war, alle Schlüsselszenen eines klassischen Piratenfilms einzufangen: Schiffsschlachten, Schwertkämpfe und viele charakteristische Figuren. Es zeigte sich jedoch, dass sich diese Elemente nicht in ein einziges Genre integrieren ließen. Stattdessen wurden verschiedene Ansätze kombiniert, darunter Abenteuer, Reisen und Actionszenen, um die Vielfalt und das gewünschte Spielerlebnis zu ermöglichen. Das Ergebnis war ein Hybrid-Design, das alle wesentlichen Aspekte des Themas abdeckte.

Im Kern steht die Freiheit, wie der Spieler seine Karriere gestaltet: Man kann als Pirat, Händler oder Freibeuter agieren, die Schätze plündert, Handelsrouten ausnutzt oder Städte angreift. Zu den Hauptaspekten gehören Seeschlachten, Duelle, Schatzsuchen und politische Intrigen zwischen den Kolonialmächten. Dabei muss der Spieler auch Beziehungen zu verschiedenen Nationen managen und Entscheidungen treffen, die das eigene Ansehen beeinflussen.

Pirates! Gold
Pirates! Gold von 1993; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Besonders begeisterte die Spieler die offene Struktur des Games und die Möglichkeit, verschiedene Ansätze auszuprobieren. Die Mischung aus taktischen Kämpfen, Handel und der Erkundung einer dynamischen Spielwelt verlieh dem Spiel eine immense Tiefe und Wiederspielbarkeit, was es zu einem zeitlosen Klassiker machte.

Sid Meier’s Pirates! war nicht nur ein kommerzieller Erfolg, sondern gilt als ein Meilenstein im Game-Design. Bis 1994 verkaufte es sich über 250.000 Mal und erhielt fast durchgehend positive Kritiken. Die Spieler begeisterten sich vor allem für die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Karriere als Pirat gestalten. Allerdings wurde die Wiederholung mancher Elemente bemängelt, etwa die Suche nach Familienmitgliedern oder die eingeschränkten Landkämpfe.

Pirates! Cover
Pirates! Cover; Foto: eXoDOS Sammlung

Das Spiel erhielt zwei Nachfolger in Form von Remakes. Pirates! Gold (1993) brachte verbesserte Grafik und Musik sowie einige neue Features wie zusätzliche Missionen und Charaktere. Es wurde jedoch wegen Steuerungsproblemen und Bugs kritisiert. Spieler konnten etwa das Spiel nur in Kolonien speichern, was als Rückschritt im Vergleich zum Original galt. Trotzdem wurde das Remake insbesondere neuen Spielern empfohlen, da es den Einstieg ins Spiel erleichterte, während Veteranen das Original aufgrund seines Detailreichtums bevorzugten.

Pirates! Gold
Pirates! Gold; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Sid Meier’s Pirates! von 2004 aktualisierte das Spiel mit 3D-Grafiken und überarbeiteten Mechaniken. Es führte detaillierte Seekämpfe ein, bei denen Spieler Wind und Terrain strategisch nutzen mussten. Ein Highlight war die Individualisierung der Hauptfigur, einschließlich Wahl der Ära und Nationalität. Obwohl es allgemein sehr positiv aufgenommen wurde, wurde die Schwierigkeit als reduziert wahrgenommen, was einige Fans des Originals enttäuschte.

Die Originalversion von 1987 war das erste Spiel, in dem Sid Meier seinen Namen im Titel hatte. Auf der Packung tauchte er bereits seit 1982 regelmäßig auf. Sein Name im Titel sollte in Zukunft sein Markenzeichen werden. Später erklärte er, dass die Aufnahme seines Namens darauf zurückzuführen war, dass Pirates! sich stark von den früheren Titeln des Unternehmens unterschied. Stealey entschied, dass Meiers Name die Käufer der Flugsimulatoren eher dazu bringen würde, das Spiel zu spielen.

Pirates! Gold
Pirates! Gold; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Sid Meier erklärte, dass die Entstehung von Pirates! eine Reaktion auf bestimmte Designtrends der damaligen Zeit war, die er als frustrierend empfand. Besonders störte ihn der Fokus vieler Spiele darauf, stundenlang Werte wie Trefferpunkte zu sammeln, bevor der nächste Gegner herausgefordert werden konnte. Meier wollte ein Abenteuerspiel schaffen, das sich mehr auf das Erzählen von Geschichten konzentriert und weniger auf abstrakte Zahlen oder komplexe Mechaniken. Für ihn stand das Erlebnis im Vordergrund: Spieler sollten eine Welt erkunden, Abenteuer erleben und Entscheidungen treffen können, ohne sich mit übermäßig viel Mathematik oder Punktesystemen auseinandersetzen zu müssen.

Ein weiterer Aspekt, den Meier kritisch betrachtete, waren sogenannte „pick-up-the-stick“-Spiele. Diese zeichneten sich durch zeitintensive Aufgaben aus, wie das Untersuchen von Gegenständen oder das Durchsuchen ganzer Räume, bevor überhaupt Spielspaß aufkam. Pirates! bot hier einen Gegenentwurf: Ein Menüsystem mit wenigen, klaren Optionen ersetzte langwierige Erkundungen. Spieler konnten aus drei oder vier sinnvollen Aktionen wählen und sofort ins Geschehen einsteigen.

Pirates! Diskette
Pirates! Diskette; Foto: eXoDOS Sammlung

Das Ziel war es, ein Abenteuerspiel für eine Zielgruppe zu schaffen, die von traditionellen Abenteuerspielen, mit ihren oft umständlichen Mechaniken, nicht angesprochen wurde. Diese Herangehensweise traf den Nerv vieler Spieler, die genau diese Einfachheit und Direktheit zu schätzen wussten. Meier gelang es, eine alternative Vision des Genres zu etablieren, die bis heute als innovativ gilt.

Nur noch externer Mitarbeiter

Meier ist nicht immer der Hauptentwickler der Titel, die seinen Namen tragen. So wurde Brian Reynolds als Hauptdesigner von Sid Meier’s Civilization II, Sid Meier’s Alpha Centauri und Sid Meier’s Colonization genannt, während Jeff Briggs Sid Meier’s Civilization III entwarf. Soren Johnson leitete Sid Meier’s Civilization IV, Jon Shafer leitete Sid Meier’s Civilization V, und Will Miller und David McDonough waren die Designer von Sid Meier’s Civilization: Beyond Earth. Er wurde also zunehmend zum Markennamen.

Um 1990 wollte Stealey MicroProse auf die Produktion von Arcade-Spielen ausweiten, was Meier als zu riskant empfand. Er konnte die Angelegenheit mit Stealey nicht klären und verkaufte seine Hälfte des Unternehmens an Stealey, blieb aber in der gleichen Funktion im Unternehmen, aber als externer Mitarbeiter. Für seine Projekte erhielt er ab dann zunächst einen Vorschuss und später Tantiemen. Zunächst wussten die anderen Mitarbeiter nichts davon und dachten, Sid sei immer noch der Boss.

Das Ende der Flugsimulationen

1989 erschien mit F-15 Strike Eagle II der letzte Flugsimulator, an dem Meier beteiligt war. Bereits bei F-19 Stealth Fighter, das ein Jahr zuvor erschien, war er der Meinung, dass der Simulator alles enthielt, was er gerne in solch einem Spiel drin gehabt hätte.

F-15 Strike Eagle II Titelbild
F-15 Strike Eagle II Titelbild

MicroProse veröffentlichte F-19 Stealth Fighter am selben Tag, an dem das US-Militär erstmals die Existenz des Tarnkappenjägers F-117A Nighthawk zugab. Vor der Veröffentlichung des Spiels hatten viele über ein fehlendes Flugzeug im Nummerierungssystem der US-Luftwaffe spekuliert, die F-19. Das Spiel basierte auf einer fundierten Vermutung, wie das geheime Tarnkappenflugzeug aussehen würde. Spätere Überarbeitungen des Spiels enthielten sowohl die tatsächliche F-117 als auch die F-19.

F 117A Nighthawk
F 117A Nighthawk; Foto: Adobe Stock

Die ursprüngliche Schachtelversion des Spiels enthielt eine Reihe von Zubehörteilen, wie z. B. ein dickes Handbuch voller Informationen über die Flugmaschinen der USA und der UdSSR aus den späten 1980er Jahren, verschiedene Tastatur-Overlays, ein umfassendes Handbuch über Tarnkappen- und Kampftaktiken sowie grob skizzierte Karten der einzelnen Kriegsgebiete.

F-15 Strike Eagle II
F-15 Strike Eagle II

Im Jahr 1991 wurde für F-15 Strike Eagle II eine Szenario-Diskette mit dem Namen F-15 II Operation Desert Storm veröffentlicht. Sie fügte drei neue Szenarien hinzu, zwei aus dem früheren F-19 Stealth Fighter, Nordkap und Mitteleuropa, und ein neues Szenario, das auf dem zeitgenössischen Golfkrieg basierte und Wüstensturm hieß. Darüber hinaus wurden Nachteinsätze, eine verbesserte Soundunterstützung und neue Waffen hinzugefügt. Da dieses Szenario einen aktuellen Konflikt beinhaltete, gab es Kritik und moralische Bedenken von Presse und Spielern.

Darüber, warum Sid Meier keine Flugsimulationen mehr entwickelte, gibt es viele Spekulationen und Andeutungen. Aus Sicht des Game-Designs war für Sid die Arbeit mit F-19 Stealth Fighter bereits beendet. Er hatte das Genre quasi durch. Ein weiterer Beweggrund wird gewesen sein, dass die Spiele technisch immer anspruchsvoller wurden und die Entwicklung an einen Punkt kam, die Meier schlicht keinen Spaß mehr machte. Die Moral-Diskussionen gaben dann möglicherweise noch den letzten Ausschlag. Was auch immer der wahre Grund gewesen sein mochte, Sid Meier widmete sich nun anderen Aufgaben und begann, seine Kindheitsträume zu versoften.

Sid Meier’s Railroad Tycoon

Es dauerte bis 1990, bis Sid Meier seine Erinnerungen an die Schweizer-Bahn als Spiel realisieren konnte. Sid Meier’s Railroad Tycoon gilt als Pionier des Aufbaustrategie-Genres und als einer der einflussreichsten Titel seiner Zeit. Entwickelt von Sid Meier und Bruce Shelley, ermöglichte das Spiel den Spielern, die Rolle eines Eisenbahnunternehmers zu übernehmen. Ziel war es, profitabel ein Schienennetz aufzubauen, Städte zu verbinden und Wirtschaftszweige zu bedienen, während finanzielle Herausforderungen wie Konkurrenz und Börsenhandel gemeistert werden mussten. Es steckte also nicht nur eine schlichte Eisenbahnsimulation drin, mit der man Züge pünktlich von A nach B bringen durfte, sondern ein richtig cooles, ausgeklügeltes Game.

Railroad Tycoon Cover
Railroad Tycoon Cover; Foto: eXoDOS Sammlung

Das Spiel bot vier historische Szenarien: den Osten der USA, den Westen der USA, Großbritannien und Kontinentaleuropa. Der Fokus lag auf realistischer Streckenplanung, Zuginstandhaltung und der Maximierung von Gewinnen durch geschickte Auswahl der zu transportierenden Güter und Passagiere. Das Wirtschaftssystem war dynamisch und beeinflusste die Verfügbarkeit sowie den Preis von Waren, was strategisches Denken erforderte.

Sid Meier’s Railroad Tycoon
Sid Meier’s Railroad Tycoon; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Technisch beeindruckte Railroad Tycoon durch seine Kombination aus einfacher Steuerung und komplexen Mechaniken. Spieler mussten neue Lokomotiven erforschen, Betriebskosten senken und die Aktienmärkte nutzen, um ihre Unternehmen erfolgreich zu führen. Neben wirtschaftlichen Aspekten lag ein besonderer Fokus auf der Infrastruktur: Das Terrain beeinflusste die Baukosten, und Tunnel oder Brücken mussten clever eingesetzt werden.

Railroad Tycoon Diskette
Railroad Tycoon Diskette; Foto: eXoDOS Sammlung

Die Kritiken waren durchweg positiv. Gelobt wurde die Tiefe des Spiels, das trotzdem zugänglich blieb. Es war ein kommerzieller Erfolg und inspirierte nicht nur Nachfolger wie Railroad Tycoon Deluxe (1993), sondern beeinflusste auch die Entwicklung weiterer Aufbau- und Simulationsspiele nachhaltig.

Sid Meier beschrieb Railroad Tycoon als ein Projekt, das wegweisend für spätere Spiele wie Civilization war. Die Entwicklung basierte auf der Idee, einfache Systeme wie den Schienenbau, Aktienhandel und Zugbetrieb miteinander zu verknüpfen, um eine dynamische Komplexität zu schaffen. Ursprünglich sollte das Spiel eine entspannte Modelleisenbahn-Simulation im Stil von SimCity werden.

Sid Meier’s Railroad Tycoon
Sid Meier’s Railroad Tycoon; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Doch Meier und sein Team erkannten in der Entwicklungsphase, dass der Wettbewerb mit KI-gesteuerten Rivalen eine strategische Tiefe hinzufügte. Diese Mitbewerber wurden spät integriert und funktionierten unabhängig von den Regeln des Spielers, steigerten jedoch den Druck und die Spannung. Meier betonte, dass Elemente wie die Börse und die Einführung von Persönlichkeiten für die Rivalen das Erlebnis bereicherten.

Zusammen mit Bruce Shelley, bekannt für Age of Empires (1997), waren sie ein erfolgreiches Entwicklerduo. Shelley übernahm Recherchearbeiten, Feedback und die Erstellung des Handbuchs, das leicht verdauliche 184 Seiten umfasste, was Meier als entscheidend für den Erfolg des Spiels ansah. Die Kombination ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten war für Meier ein Schlüssel zu einer produktiven Zusammenarbeit.

Sid Meier’s Railroad Tycoon
Sid Meier’s Railroad Tycoon; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Die Pressereaktionen waren überwältigend positiv. Kritiker lobten die innovative Kombination aus Zugänglichkeit und strategischer Tiefe, die für die Zeit außergewöhnlich war. Das Spiel überzeugte durch sein dynamisches Wirtschaftssystem, die durchdachte Streckenplanung und die Integration von Wettbewerbern, die für zusätzliche Spannung sorgten. Die Steuerung und Präsentation wurden ebenfalls hoch bewertet. Railroad Tycoon wurde als revolutionär für das Genre angesehen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen.

Sid Meier’s Covert Action

Nicht jedes Spiel wird ein Hit. Sid Meier’s Covert Action ist ein Action- und Strategiespiel, das 1990 erschien. Es versetzt die Spieler in die Rolle eines Geheimagenten, der globale Bedrohungen durch Terroristen und Spione bekämpfen muss. Dabei kombiniert das Spiel strategische Planung mit actionreichen Minispielen, in denen beispielsweise elektronische Schlösser geknackt oder feindliche Gebäude infiltriert werden.

Meier selbst war der Meinung, dass Covert Action an Komplexität litt, da es mehrere Spielmechaniken kombinierte, die sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinträchtigten. Insbesondere störte ihn, dass die actionorientierten Elemente die Spieler von der strategischen Planung ablenkten. Das Spiel wurde dennoch als innovativ und einzigartig beschrieben, da es ein neues Spielerlebnis bot, auch wenn es im Vergleich zu anderen Spielen aus Meiers Portfolio weniger erfolgreich war​. Er selbst meinte, dass er das Spiel nicht auf seiner Top-Ten-Liste hätte. Die Entwicklung begann bereits vor Railroad Tycoon und er brach das Projekt ab, um am Eisenbahn-Spiel arbeiten zu können. Dann nahm er die Arbeit wieder auf, brach sie aber erneut ab, um Civilization zu entwickeln.

Sid Meier's Covert Action; Screenshot: mobygames.com
Sid Meier’s Covert Action; Screenshot: mobygames.com

Sid Meier reflektierte über Covert Action und zog daraus die Lektion, dass ein Spiel besser funktioniert, wenn es sich auf eine einzige zentrale Mechanik konzentriert, anstatt mehrere miteinander konkurrierende Elemente zu vereinen. Seiner Meinung nach versuchte Covert Action, zwei Spiele in einem zu integrieren: Zum einen ein actionbasiertes Spiel, in dem der Spieler Gebäude infiltrierte und Hinweise sammelte, und zum anderen ein strategisches Detektivspiel, bei dem man eine komplexe Verschwörung aufdeckte.

Die Probleme lagen laut Meier darin, dass die intensiven Actionsequenzen den Spielfluss der Detektivarbeit störten. Nach den etwa zehn Minuten langen Missionen war es für die Spieler schwierig, wieder in den strategischen Teil des Spiels einzusteigen, da die Action zu viel Aufmerksamkeit forderte und den Fokus von der Story ablenkte. Im Vergleich dazu nannte Meier sein Spiel Pirates! als positives Beispiel, bei dem kürzere Actionsequenzen (wie Schwertkämpfe) nahtlos in den Spielfluss eingebunden waren.

Sid Meier's Covert Action; Screenshot: mobygames.com
Sid Meier’s Covert Action; Screenshot: mobygames.com

Diese Erfahrung führte zu der von ihm formulierten „Covert Action-Regel“: Ein Spiel sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren, anstatt zu viele Mechaniken oder Ideen zu kombinieren. Dieses Prinzip hat er bei späteren Spielen konsequent befolgt. Es zeigt sich in der klaren Fokussierung auf strategische Entscheidungen, ohne den Spieler durch zusätzliche Gameplay-Elemente zu überfordern.

Sid Meier’s Civilization

Mit Civilization veröffentlichte Sid Meier 1991 das Spiel seines Lebens. Obwohl er bereits zuvor zahlreiche Hits und Meilensteine schuf, ist es bis heute der Titel, mit dem sein Name assoziiert wird.

Der Spieler übernimmt die Rolle eines Herrschers, der eine Zivilisation von der Steinzeit bis ins Raumfahrtzeitalter führt. Ziel ist es, die eigene Zivilisation zu einer Weltmacht zu entwickeln, sei es durch militärische Dominanz, kulturelle Errungenschaften oder den Bau eines Raumschiffs, das Alpha Centauri erreicht.

Civilization Cover
Civilization Cover; Foto: eXoDOS Sammlung

Das Spiel beginnt im Jahr 4000 v. Chr., wo der Spieler mit einer Siedlereinheit startet. Die Weltkarte, anfangs von einem Kriegsnebel (fog of war) verdeckt, muss erst erkundet werden. Die Karte ist in quadratische Felder unterteilt, die Ressourcen oder besondere Eigenschaften haben, die beeinflussen, wie Städte wachsen und sich das Reich entwickelt. Der Spieler muss Städte gründen, Technologien erforschen, Handel betreiben und Konflikte austragen. Der Fortschritt der Zivilisation hängt stark von der Forschung und dem geschickten Management von Ressourcen und Einheiten ab. Diplomatie und die Interaktion mit anderen Völkern spielen ebenfalls eine Schlüsselrolle.

Das Spiel wurde von Sid Meier und Bruce Shelley entwickelt, die mittlerweile ein gut eingespieltes Team waren. Die Idee entstand während einer Zugfahrt, auf der die beiden über ein Nachfolgeprojekt zu ihrem erfolgreichen Railroad Tycoon nachdachten. Meier ließ sich von Brettspielen wie Civilization von Avalon Hill sowie Videospielen wie SimCity und Empire Deluxe inspirieren. Der ursprüngliche Prototyp orientierte sich an einer SimCity-ähnlichen Echtzeitmechanik, die Meier später zugunsten eines rundenbasierten Ansatzes überarbeitete. Außerdem hatte Sid hier die Möglichkeit, seine Vorliebe für Geschichte in einem Spiel zu verarbeiten.

Civilization 1
Für 1991 war der Spielstart von Civilization 1 sehr vorbildlich

MicroProse war bisher bekannt für Flugsimulationen und Militärspiele. Die Entwicklung von Civilization war ein Risiko, da das Strategiespielgenre zu der Zeit als Nische galt. Sid Meier programmierte zunächst im Geheimen an dem Projekt und wurde von Bruce Shelley unterstützt. Ihre Zusammenarbeit war geprägt von einem iterativen Ansatz, bei dem Shelley täglich Feedback gab. Trotz anfänglicher Skepsis im Management von MicroProse konnte das Team die notwendigen Ressourcen sichern, um das Spiel zu einem vollwertigen Produkt auszubauen.

Eine interessante Anekdote ist, dass der Titel Civilization ursprünglich nur ein Arbeitstitel war. Aufgrund der Ähnlichkeit zum gleichnamigen Brettspiel musste MicroProse den Namen von Avalon Hill lizenzieren.

Civilization 1
Wir gründen Berlin

Das Spiel führte mehrere bahnbrechende Mechaniken ein, die heute als Standard im Genre gelten:

  • Technologiebaum: Civilization war eines der ersten Spiele, das einen verzweigten Technologiebaum einführte. Technologien wie das Rad oder die Schrift ermöglichten neue Einheiten, Gebäude oder Gesellschaftsformen.
  • 4X-Gameplay: Das Spiel kombinierte die Prinzipien Erkunden (Explore), Ausbreiten (Expand), Ausbeuten (Exploit) und Auslöschen (Exterminate), was zur Grundlage der späteren 4X-Spiele wurde.
  • Zivilopedia: Ein integriertes Nachschlagewerk, das Spielern half, die komplexen Zusammenhänge im Spiel besser zu verstehen.
  • Zufallsgenerierte Welten: Jede Partie bot eine neue, einzigartige Weltkarte, die das Spielerlebnis frisch und herausfordernd machte. Dies machte besonders den Beginn jedes Mal interessant, da die Karte neu erkundet werden musste.
  • Vielfalt der Zivilisationen: Spieler konnten aus 14 verschiedenen Völkern wählen, von den Römern über die Mongolen bis zu den Amerikanern, die alle individuelle Eigenschaften und Anführer hatten.

Sid Meier und Bruce Shelley nutzten populärwissenschaftliche Geschichtsbücher für ihre Recherchen. Meier war es wichtiger, ein unterhaltsames und nachvollziehbares Spielerlebnis zu schaffen, als historische Details exakt zu simulieren. Im Vordergrund stand der Spielspaß und nicht die Simulation. Das merkt man bereits zu Spielbeginn: Civilization startet zwar 4000 v. Chr., wir können aber als Volk wie Deutsche, Engländer oder Mongolen wählen, die sich dann gemeinsam um Rohstoffe und Gebiete balgen.

Technologiebaum Civilization 1
Technologiebaum Civilization 1; ; Screenshot: eXoDOS Sammlung

Während der Entwicklung hielt Meier das Spiel vor den meisten Kollegen geheim, bis ein spielbarer Prototyp vorhanden war. Als dieser erstmals im Büro zirkulierte, überhäuften die Kollegen ihn mit Verbesserungsvorschlägen, was zwar die Entwicklungszeit verlängerte, sich aber sehr positiv auf die Spielbarkeit auswirkte.

Die Komplexität des Spiels zeigt sich mal wieder im Handbuch. Es umfasste 256 Seiten. Trotzdem gelang es, den Einstieg möglichst simpel zu halten und die Komplexität rundenweise zu steigern. Alles beginnt mit einer kleinen Siedlereinheit auf einer zufallsgenerierten Karte. Der Spieler sieht nur das unmittelbare Umfeld seiner Einheiten und muss zunächst erkunden, um die Umgebung zu verstehen. Mit dem Siedler wird eine erste Stadt gegründet, die den Grundstein für das spätere Reich legt. Diese Stadt produziert Ressourcen, Einheiten und baut Gebäude, die das Wachstum fördern. Der Spieler entscheidet, wie die Stadtfelder genutzt werden – ob sie etwa Nahrung produzieren, um die Bevölkerung wachsen zu lassen, oder Schilde, um schneller Einheiten und Bauwerke zu erschaffen.

Sid Meier’s Civilization 1
Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com

Während die ersten Schritte meist darauf abzielen, weitere Städte zu gründen und die Karte zu erkunden, vergehen die Jahrhunderte in Runden, wobei jede Runde eine feste Anzahl von Jahren repräsentiert. Fortschritt wird durch den Forschungspfad vorangetrieben, bei dem der Spieler Technologien wie das Rad, Bronzeverarbeitung oder Schrift erfindet. Jede neue Entdeckung eröffnet weitere Möglichkeiten, wie den Bau neuer Einheiten oder Gebäude, aber auch strategische Optionen, etwa durch militärische Einheiten oder diplomatische Beziehungen zu anderen Zivilisationen.

Schon bald trifft der Spieler auf andere Völker, die sich ebenfalls über die Karte ausbreiten. Die Begegnungen können friedlich verlaufen, indem Handelsabkommen geschlossen oder Technologien ausgetauscht werden. Oft entstehen jedoch Spannungen, wenn Territorien überlappen oder Ressourcen umkämpft werden. Konflikte sind in Civilization unvermeidlich, besonders wenn die Ausbreitung eines Reiches andere in die Enge treibt. Diplomatie kann genutzt werden, um Allianzen zu schmieden oder Kriege abzuwenden, doch in vielen Fällen eskalieren die Beziehungen, und es kommt zu Schlachten.

Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com
Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com

Während die Zivilisation expandiert, wächst der Druck, die Städte effizient zu verwalten. Bevölkerungswachstum bringt Vorteile, kann jedoch auch Probleme wie Unzufriedenheit oder Umweltverschmutzung verursachen. Der Spieler muss strategisch planen, um sein Reich durch kulturelle und technologische Fortschritte zu stärken, während er konkurrierende Zivilisationen in Schach hält. Der Bau eines Weltwunders wie die Pyramiden oder der Koloss von Rhodos kann große Vorteile bringen, etwa durch dauerhafte Boni oder kulturelle Vorherrschaft.

Im späteren Spielverlauf verlangsamt sich der Zeitverlauf pro Runde, da die Ereignisse detaillierter werden. Der Spieler arbeitet auf eines der Siegziele hin: den militärischen Triumph, die kulturelle Dominanz oder das Errichten eines Raumschiffs, das zu Alpha Centauri reist. Dabei werden die Entscheidungen komplexer, da der Druck durch konkurrierende Zivilisationen zunimmt.

Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com
Excel, das Spiel: Solche Tabellen sind in Civ 1 zum Glück eher Mangelware; Screenshot: mobygames.com

Am Ende hängt der Erfolg davon ab, wie gut der Spieler in der Lage war, Wachstum, Konflikte und Fortschritt auszubalancieren, während er eine Zivilisation aufbaute, die die Menschheitsgeschichte prägt und möglicherweise die Sterne erreicht.

Civilization wurde nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1991 ein riesiger Erfolg, auch wenn es sich am Anfang eher schleppend verkaufte. Es erhielt herausragende Bewertungen in der Fachpresse und eroberte die Verkaufscharts. Spieler lobten die Tiefe und den Wiederspielwert. Besonders beeindruckte die Art und Weise, wie Civilization die Menschheitsgeschichte nacherzählte und gleichzeitig Freiheiten ließ, alternative Wege einzuschlagen.

Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com
Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com

Die Begeisterung führte dazu, dass Civilization zu einem kulturellen Phänomen wurde. Es legte den Grundstein für eine der langlebigsten und erfolgreichsten Spiele-Franchises der Geschichte, die bis heute fortgeführt wird. Das Spiel beeinflusste das Genre der Strategiespiele nachhaltig und inspirierte zahllose Nachfolger und Konkurrenten. Es wurde quasi zum Synonym für Strategiespiele auf dem Computer, ähnlich wie Schach als Synonym für das Strategiespiel als Brettspiel gilt. Diese Leistung ist vor allem deswegen so bemerkenswert, weil sich dieses Genre zuvor auf Computern keiner großen Beliebtheit erfreute.

Ein Indikator dafür, dass es ein Erfolg werden könnte, war Bruce Shelley selbst. Sid Meier beschrieb ihn später als den „Durchschnittsspieler“. Wenn er daran Spaß hatte, konnte man davon ausgehen, dass das Spiel massenkompatibel war. Und Shelley hatte wirklich sehr viel Spaß an Civilization.

Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com
Sid Meier’s Civilization 1; Screenshot: mobygames.com

Bei einem solch komplexen Spiel treten natürlich auch Bugs auf, selbst wenn es von vielen Menschen getestet wird. Einer der bekanntesten, weil kuriosesten, war der „Gandhi-Bug“. In Civilization haben die Anführer der verschiedenen Zivilisationen unterschiedliche Eigenschaften, die unter anderem ihre Aggressivität bestimmen. Diese Eigenschaften wurden durch numerische Werte repräsentiert. Gandhi wurde mit der minimal möglichen Aggressivität von 1 auf einer Skala von 1 bis 255 programmiert, passend zu seinem historischen Ruf als Pazifist.

Wenn der Spieler jedoch im Laufe des Spiels zur Regierungsform Demokratie wechselte, reduzierte sich die Aggressivität des Anführers standardmäßig um 2 Punkte. Bei Gandhi führte das zu einem technischen Problem: Der Wert von 1 wurde um 2 reduziert, was mathematisch zu -1 führt. Da das System für Aggressivität nur positive Zahlen oder null erlaubt, sprang der Wert auf 255 über. Gandhi wurde dadurch zum aggressivsten Anführer im Spiel und begann, andere Zivilisationen unverhältnismäßig oft mit Atomwaffen anzugreifen.

Civilization Diskette
Civilization Diskette; Foto: eXoDOS Sammlung

Das Ergebnis war bizarr und oft humorvoll: Spieler erwarteten einen friedfertigen Gandhi, nur um dann mit einer Welle nuklearer Angriffe konfrontiert zu werden. Dies passte so gar nicht zu seinem historischen Bild und war für viele Spieler ein ironischer Moment. Obwohl der Bug in späteren Versionen technisch behoben wurde, wurde Gandhis übertriebene Aggressivität absichtlich beibehalten und zu einem Markenzeichen der Serie. Die Entwickler der Civilization-Spiele fügten ihn als humoristisches Detail wieder ein, indem sie Gandhi mit einer geringen Grundaggressivität programmieren, aber bewusst besondere Ausnahmen und Eskalationen in seinem Verhalten einbauten, wenn es um Atomwaffen geht. In neueren Teilen der Serie wird Gandhi oft so dargestellt, dass er Atomwaffen besonders früh entwickelt und gerne einsetzt, was als eine Art augenzwinkernder Verweis auf den ursprünglichen Bug verstanden wird.

Sid Meier’s Colonization

Colonization erschien 1994 und ist kein direkter Nachfolger von Civilization, aber nah dran. Die Handlung spielt in der Ära der europäischen Kolonisation Amerikas, vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Als Spieler übernimmt man die Rolle eines Anführers einer von vier europäischen Mächten – England, Frankreich, Spanien oder die Niederlande. Ziel ist es, in der Neuen Welt Kolonien zu errichten, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, Beziehungen zu den indigenen Völkern und anderen europäischen Mächten zu pflegen und schließlich die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht zu erlangen.

Sid Meier's Colonization
Sid Meier’s Colonization: Die Kolonisation kann beginnen; Screenshot: mobygames.com

Das Spiel beginnt mit der Entdeckung eines neuen Kontinents, auf dem Ressourcen gesammelt, Kolonien gegründet und Handelswege aufgebaut werden müssen. Dabei stehen dem Spieler verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, darunter die Ausbildung von Siedlern für spezielle Aufgaben wie Landwirtschaft, Handwerk oder Handel. Eine zentrale Herausforderung liegt im Umgang mit den indigenen Völkern: Man kann versuchen, friedlich mit ihnen zu handeln, oder riskiert Konflikte, um ihre Gebiete und Ressourcen zu übernehmen.

Ein markanter Unterschied zu Civilization ist der Fokus auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Kolonien. Statt globaler Expansion liegt der Schwerpunkt auf der Optimierung des Ressourcenaustauschs zwischen Kolonien und der Heimat. Der Spieler muss wirtschaftliche Entscheidungen treffen, wie die Produktion von Rohstoffen, die Herstellung von Gütern und deren Verkauf, um Einnahmen für die Kolonien zu generieren. Diese Einnahmen können in Infrastruktur, Schiffe oder die Ausbildung neuer Siedler investiert werden.

Sid Meier's Colonization
Sid Meier’s Colonization; Screenshot: mobygames.com

Der letzte Abschnitt des Spiels ist eine Revolution, in der die Kolonien ihre Unabhängigkeit von der europäischen Heimat erkämpfen. Dies ist der entscheidende Moment, da die Kolonialmacht versuchen wird, mit militärischer Gewalt die Kontrolle zurückzugewinnen. Hier zeigt sich, ob die Kolonie gut genug vorbereitet ist, um die königliche Armee zurückzuschlagen.

Die Entwicklung des Spiels wurde von Brian Reynolds geleitet und war natürlich von den historischen Ereignissen inspiriert. Es baute auf den Mechaniken von Civilization auf, bot jedoch einen engeren Fokus und eine andere strategische Tiefe. Obwohl Colonization nicht so populär wurde wie Civilization, wurde es für seine innovativen Ideen und seinen historischen Kontext gelobt. Es erhielt später eine modernisierte Version, Civilization IV: Colonization, die auf der Grafik-Engine von Civilization IV basiert und das Spiel einem neuen Publikum zugänglich machte.

Sid Meier's Colonization
Sid Meier’s Colonization; Screenshot: mobygames.com

Der Widerspielwert ist im Vergleich zu Civilization etwas geringer. Während man beim Urvater die Menschheitsgeschichte von über 6000 Jahren nachspielt, beschränkt sich die Geschichte hier auf wenige Jahre. Außerdem gibt es deutlich weniger Völker und auch sonst wirkt es eher wie eine abgespeckte Version von Civilization. Doch es ist einsteigerfreundlicher und bietet eine grandiose Atmosphäre. Insgesamt könnte man es auch „Civilization-Light“ nennen und ist womöglich für Anfänger des Genres besser geeignet.

Sid Meier reflektiert über die Entwicklung von Colonization vor allem aus der Perspektive seiner Zusammenarbeit mit Brian Reynolds. Während Meier selbst an der Entwicklung beteiligt war, beschreibt er seinen Beitrag als beratend und unterstützend, indem er das Spiel spielte, Feedback gab und Vorschläge machte. Er hebt hervor, wie beeindruckend es war, dass Reynolds, der zuvor an grafischen Abenteuerspielen gearbeitet hatte, sich der Herausforderung stellte, ein Strategiespiel zu entwerfen. Reynolds brachte frische Ideen ein und zeigte, wie vielseitig er in der Spieleentwicklung war.

Sid Meier's Colonization
Sid Meier’s Colonization: Der Handel mit der alten Welt ist ein wichtiger Bestandteil des Spiels; Screenshot: mobygames.com

Ein bemerkenswertes Ereignis während der Entwicklung war eine bedeutende Änderung, die nur zwei Wochen vor der Veröffentlichung des Spiels vorgenommen wurde. Ursprünglich war der Stadtradius doppelt so groß wie in der finalen Version. Dies führte jedoch dazu, dass Städte universell maximiert wurden, ohne dass eine klare Spezialisierung stattfand. Um das Gameplay interessanter zu machen, wurde entschieden, den Radius zu verkleinern. Diese späte Entscheidung veränderte die Spielmechanik erheblich und stellte sicher, dass Städte eine individuellere Rolle einnehmen konnten. Meier betont, dass diese Erfahrung eine wichtige Lektion für ihn war: Es ist nie zu spät, grundlegende Verbesserungen an einem Spiel vorzunehmen, selbst in den letzten Phasen der Entwicklung. Die Bereitschaft, auch kurzfristig Änderungen umzusetzen, sei entscheidend, um das Spielerlebnis zu optimieren.

Auf Abwegen und wieder zurück

In etwa zur selben Zeit, als Colonization erschien, veröffentliche Meier plötzlich ein Programm für das 3DO-System, mit dem niemand gerechnet hätte. C.P.U. Bach war ein experimentelles Spiel, in dem Meier mit Musikkomposition arbeitete. Es generierte in Echtzeit barocke Musikstücke, die auf den Stil von Johann Sebastian Bach abgestimmt waren. Dieses Projekt hob Meiers Interesse an der Kombination von Technik und Kunst hervor und brachte ihm ein Patent für ein System zur Echtzeit-Musikkomposition ein.

Ein Jahr später erschien CivNet. Dies war eine verbesserte Version von Civilization, die Mehrspieler-Funktionalitäten hinzufügte, was für die damalige Zeit eine bedeutende Neuerung war. CivNet ermöglichte sowohl LAN- als auch Modem-basiertes Spielen und war eine der ersten Bemühungen, die Multiplayer-Strategie zugänglicher zu machen.

Sid Meier's CivNet
Sid Meier’s CivNet; Screenshot: mobygames.com

Ein weiteres Jahr später, nämlich 1996, erschien dann endlich das heiß erwartete Sid Meier’s Civilization II. Das Spiel wurde u. a. wieder von Brian Reynolds entwickelt und baute auf dem Erfolg des Originals auf, mit besserer Grafik und einem komplexeren Gameplay. Meier war bei diesem Projekt wieder in beratender Funktion tätig, während sein Name zur Vermarktung des Spiels verwendet wurde. Dieses Vorgehen war typisch für Meiers damalige Rolle in der Branche, da er nach dem ersten Civilization andere Projekte verfolgte.

Sid Meier's Civilization II
Sid Meier’s Civilization II; Screenshot: mobygames.com

Civilization II erweiterte die Möglichkeiten des Spiels erheblich. Dazu gehörten neue Technologien, Einheiten und Gebäude, die das Strategiespektrum vergrößerten. Das Spiel führte eine isometrische Perspektive ein, die die Darstellung der Weltkarte verbesserte. Außerdem erhielt die Benutzeroberfläche eine modernisierte und benutzerfreundlichere Struktur. Die künstliche Intelligenz wurde erweitert, um komplexere diplomatische Interaktionen zu ermöglichen. Civilization II führte detailliertere Berater und dynamische Endsequenzen ein, die auf den Spielerfolg basierten.

Sid Meier's Civilization II
Sid Meier’s Civilization II; Screenshot: mobygames.com

Es etablierte viele der Mechaniken, die die späteren Titel der Serie prägen sollten. Brian Reynolds‘ Arbeit an diesem Spiel bildete die Grundlage für weitere erfolgreiche Projekte, wie Sid Meier’s Alpha Centauri. Das Spiel wurde als Meilenstein der Strategie-Genre gefeiert und beeinflusste sowohl die spätere Civilization-Reihe als auch andere globale Strategie-Spiele nachhaltig. Da durch die Jahre die Ansprüche gestiegen sind, wurde ein fehlender Mehrspielermodus und vor allem das Fehlen eines ordentlichen Szenario-Editors bemängelt. Letzteres konnte man mit einigen Tricks beim Karteneditor umgehen. Doch trotz allem galt es als bestes Strategiespiel seiner Zeit.

Sid Meier's Civilization II
Sid Meier’s Civilization II; Screenshot: mobygames.com

Meier indes arbeitete an einem digitalen Ableger des berühmten Sammelkartenspiels. Das Resultat mit dem Titel Magic: The Gathering erschien 1997. Es enthielt einen Kampagnenmodus und bot eine Version digitaler Kartensimulationen, die heute weit verbreitet sind. Das Projekt fiel in eine turbulente und unruhige Zeit bei MicroProse, da das Unternehmen in letzter Zeit viel Geld durch unrentable Unternehmungen (z. B. Arcade-Spiele) verloren hatte. Eine entsprechende Abwanderung von Mitarbeitern war ebenfalls zu verzeichnen. Sid Meier spürte, dass das Magic-Projekt in Schwierigkeiten steckte. Dieses Spiel sollte das letzte sein, an dem Meier mit MicroProse arbeiten würde, da er kurz darauf sein eigenes Studio, Firaxis Games, gründete.

Magic: The Gathering
Magic: The Gathering; Screenshot: mobygames.com

Das Spiel war bei seiner Veröffentlichung nur für einen Spieler gedacht. MicroProse veröffentlichte später eine Erweiterung, die den Mehrspielermodus ermöglichte, sowohl als kostenlosen Download als auch als Bestandteil des Duels of the Planeswalkers-Erweiterungspakets.

Das Spiel wies mehrere bemerkenswerte Fehler auf. Der auffälligste war ein Problem in der Kodierung der Karte Verduran Enchantress, der es einem Spieler ermöglichte, einen kostenlosen Zug zu erhalten, wenn er bestimmte andere Karten wie Giant Growth wirkte.

Die Flucht vor MicroProse

MicroProse geriet ab den 1990er Jahren zunehmend in Schwierigkeiten. 1993 fusionierte MicroProse mit Spectrum HoloByte. Obwohl die Marke MicroProse erhalten blieb, wurde das operative Geschäft von Spectrum HoloByte geleitet. Diese Fusion markierte den Beginn von Turbulenzen, die das Unternehmen nachhaltig prägten.

Im Zuge der Konsolidierung baute Spectrum HoloByte zahlreiche Arbeitsplätze bei MicroProse ab und strukturierte den Betrieb um. Diese Einsparungen führten dazu, dass viele der kreativen Köpfe, die für den Erfolg von MicroProse verantwortlich waren, das Unternehmen verließen. Sid Meier, Jeff Briggs und Brian Reynolds, zentrale Figuren hinter Spielen wie Civilization und Colonization, waren enttäuscht von den neuen Unternehmensentscheidungen. Ihre Unzufriedenheit über die Unternehmenspolitik und den Verlust der kreativen Freiheit führte 1996 zur Gründung von Firaxis Games.

Die Probleme von MicroProse setzten sich fort. Die Schließung des Simtex-Studios in Austin, Texas, 1996 war ein weiteres Zeichen für den Niedergang. 1998, nach einem gescheiterten Übernahmeversuch durch GT Interactive, wurde MicroProse von Hasbro Interactive übernommen. Hasbro setzte die Rationalisierung fort, was zur Schließung der Studios in Alameda, Kalifornien, und Chapel Hill, North Carolina, führte. Schließlich existierte MicroProse ab 2001 nicht mehr als eigenständiges Unternehmen, da Hasbro Interactive das geistige Eigentum an Infogrames Entertainment verkaufte.

Die Marke MicroProse verschwand jedoch nicht vollständig. Sie wurde 2007 von der Interactive Game Group gekauft und später an die Legacy Engineering Group lizenziert. Von 2010 bis 2018 gehörte die Marke Cybergun, bevor sie von David Lagettie in Zusammenarbeit mit MicroProse-Mitbegründer Bill Stealey übernommen wurde.

Die Geschichte von MicroProse ist ein Lehrstück über die Herausforderungen, denen kreative Unternehmen in der Spielebranche ausgesetzt sind. Die Abhängigkeit von finanziellen Entscheidungen und die Abkehr von kreativer Autonomie führten zum Verlust des einzigartigen Geistes, der MicroProse ursprünglich auszeichnete.

Firaxis Games

Firaxis wurde am 1. Mai 1996 von Sid Meier, Brian Reynolds und Jeff Briggs gegründet. Der Name Firaxis ist eine Verschmelzung von „feurig“ und „Achse“. Firaxis sollte sich von anderen Spielefirmen durch einen klaren Fokus auf Spiele-Design abheben, während Aufgaben wie Produktion und Vertrieb externen Partnern überlassen wurden. Dieser Ansatz ermöglichte es Meier und seinem Team, sich ganz auf die Entwicklung innovativer Spiele zu konzentrieren.

Die erste Veröffentlichung von Firaxis war Sid Meier’s Gettysburg! im Jahr 1997. Das Branding, das bereits bei MicroProse genutzt wurde, führte Firaxis fort und stärkte die Sichtbarkeit der Marke. Weitere Titel wie Sid Meier’s Alpha Centauri festigten Meiers Ruf als führender Designer in der Branche. Für seine Verdienste wurde er als zweite Person in die Hall of Fame der Academy of Interactive Arts & Sciences aufgenommen.

Sid Meier's Gettysburg!
Sid Meier’s Gettysburg!; Screenshot: mobygames.com

2005 wurde Firaxis von Take-Two Interactive übernommen, wodurch das Studio weiterhin an der Civilization-Reihe arbeiten konnte. Meier begrüßte die Übernahme, da sie Firaxis neue kreative und marketingbezogene Möglichkeiten eröffnete. Bis heute bleibt Firaxis ein bedeutendes Studio, das durch Meiers Einfluss geprägt wurde.

Sids Rolle wurde zunehmend, wie bereits bei einigen Titeln zuvor, eher die eines Beraters. Er hatte sein eigenes Büro, in dem er vorwiegend experimentierte und testete. Bei Firaxis bildete Meier mit Brian Reynolds ein Team, wobei einer hauptsächlich ein Spiel entwickelte und der andere als Berater fungierte. Später rückte Sid immer mehr in den Hintergrund. Doch werfen wir wieder einen Blick auf weitere Meilensteine.

Sid Meier’s Gettysburg!

Gettysburg! wurde 1997 als erstes Spiel von Firaxis veröffentlicht. Im Gegensatz zur Civilization-Reihe ist es ein Echtzeit-Strategiespiel. Es simuliert die Schlacht von Gettysburg im Amerikanischen Bürgerkrieg. Spieler übernehmen entweder die Union oder die Konföderation und können alternative historische Szenarien erkunden. Gelobt wurde das intuitive Interface und die taktische Tiefe. Modding-Optionen erlaubten historische Anpassungen, wodurch auch andere Schlachten simuliert wurden. Das Spiel gewann mehrere Preise.

Allerdings gab es, insbesondere von Magazinen aus Deutschland, einige Kritiken. Die Schlachten seien zu leicht, es gäbe zu wenige davon und generell seien die Strategiemöglichkeiten zu simpel.

Sid Meier's Gettysburg!
Sid Meier’s Gettysburg!; Screenshot: mobygames.com

Da es sich um ein rein amerikanisches Thema handelte, kam es in Deutschland auch nicht so gut an wie in den USA. Die Schlacht von Gettysburg (1863) war ein entscheidender Wendepunkt im Bürgerkrieg. Sie stoppte den Vorstoß der Konföderierten in den Norden und wird oft als Symbol für die Rettung der Union gesehen. Aufgrund ihrer Bedeutung und Dramatik diente sie als Vorlage für zahlreiche Spiele und Medienprojekte.

Sid Meier wollte mit diesem Spiel eine Balance zwischen historischem Realismus und Spielbarkeit schaffen und sich dabei auch einen Kindheitstraum erfüllen. Sid Meier sieht das Spiel als Erfüllung seiner Vision eines Bürgerkriegsspiels. Er schätzt die Balance zwischen strategischer Tiefe und reduziertem Mikromanagement, wodurch das Spiel vorausplanendes Denken statt hektisches Klicken fördert. Die KI funktioniert laut ihm gut und bietet eine starke Einzelspieler-Erfahrung, während der Mehrspielermodus ebenfalls viel Spaß macht. Meier sieht das Spiel als gelungenen Schritt hin zu strategisch anspruchsvolleren Echtzeitspielen, die sich mehr im Kopf des Spielers als durch reine Klickgeschwindigkeit entfalten.

Sid Meier's Gettysburg!
Sid Meier’s Gettysburg!; Screenshot: mobygames.com

Sid bewies damit auch, dass er nicht nur Rundenstrategie beherrschte. Er reduzierte vorbildlich die Komplexität, um in den Echtzeitschlachten ausreichend die Kontrolle zu behalten. Sein Mix stach dabei aus Spielen wie C&C und Warcraft angenehm hervor. Obwohl er sich nicht an alle historische Details hielt, musste das Spiel aufgrund der Geschichte einige Federn lassen. Aufgrund des gewählten Szenarios ist der Wiederspielwert nicht ganz so hoch wie in anderen Strategie-Titeln.

Fun Fact: Gettysburg! war Sids erstes in C++ programmiertes Spiel.

Sid Meier’s Alpha Centauri

Ah, Civilization im Weltraum. Schön. Nächstes Spiel! Doch halt, so einfach ist das nicht.

Entwickelt wurde es unter der Leitung von Brian Reynolds, Sid Meier und Jeff Briggs. Das Spiel gehört zum Genre der 4X-Spiele und siedelt sich thematisch in einem Science-Fiction-Setting an, das stark von literarischen Vorbildern wie den Werken von Frank Herbert oder Harry Harrison beeinflusst ist. Es wurde zwar oft als „Civilization im Weltraum“ bezeichnet, aber dies ist in etwa so zutreffend wie „Orks im Weltraum“ bei StarCraft.

Sid Meier's Alpha Centauri;
Sid Meier’s Alpha Centauri; Screenshot: mobygames.com

Die Handlung beginnt mit der Besiedlung eines Planeten im Alpha-Centauri-System, nachdem die Menschheit die Erde aufgrund von Krieg und Überbevölkerung verlassen musste. Während der Reise zur neuen Welt führt eine Meuterei dazu, dass das Kolonisationsschiff zerstört wird, und die Überlebenden landen als sieben rivalisierende Fraktionen auf dem Planeten. Jede Fraktion repräsentiert eine spezifische Ideologie, von ökologischer Nachhaltigkeit bis hin zu rücksichtsloser Kapitalismus, was der Spielerfahrung eine philosophische Tiefe verleiht. Die Konflikte zwischen diesen Gruppen prägen den Verlauf des Spiels.

Spieler übernehmen die Rolle eines Fraktionsführers und müssen den Planeten erkunden, Kolonien gründen, Technologien entwickeln und sich gegen andere Fraktionen sowie die einheimische Flora und Fauna behaupten. Diese Lebensformen, darunter die psionisch aktiven „Mind Worms“, erweisen sich als zentrale Herausforderung. Im späteren Verlauf des Spiels stellt sich heraus, dass der Planet eine kollektive Intelligenz besitzt, die sich gegen die menschliche Besiedlung wehrt. Zu den möglichen Siegbedingungen gehört neben militärischen und diplomatischen Erfolgen die sogenannte Transzendenz, bei der die menschliche Zivilisation mit dem planetaren Bewusstsein verschmilzt.

Sid Meier's Alpha Centauri
Sid Meier’s Alpha Centauri; Screenshot: mobygames.com

Die Entwicklungsgeschichte des Spiels ist eng mit dem kreativen Ausbruch des Teams von Firaxis nach ihrem Weggang von MicroProse verknüpft. Brian Reynolds übernahm die Führung bei der Entwicklung, da Sid Meier eher in beratender Funktion tätig war. Die Idee, ein komplexes Strategiespiel in einem Science-Fiction-Setting zu erstellen, bot dem Team die Möglichkeit, sich von historischen Einschränkungen zu lösen und kreativere Gameplay-Mechaniken und Narrative zu entwickeln.

Trotz des Erfolgs blieb das Spiel ein einmaliges Experiment und erhielt nur eine Erweiterung, Sid Meier’s Alien Crossfire, die weitere Fraktionen und Inhalte einführte​.

Sid Meier's Alpha Centauri
Sid Meier’s Alpha Centauri; Screenshot: mobygames.com

Das Spiel ist bekannt für seine ausgefeilte Weltgestaltung, die auch durch literarische Begleitwerke Kurzgeschichten von Michael Ely ergänzt wurde. Diese verdeutlichen die moralischen und philosophischen Konflikte, die im Spiel aufgegriffen werden.

Für Alpha Centauri entwickelte Firaxis sogar eine eigene Technologie, die sie „Caviar“ getauft hatten. Damit wurden Objekte als 3D-Sprites gerendert. Im Gegensatz zu Voxels werden 3D-Sprites in hoher Auflösung gezeichnet und sehen dadurch wesentlich detaillierter und besser aus, außerdem bewegen sie sich realistischer. Animationen waren ebenfalls möglich, allerdings nur in begrenztem Umfang.

Sid Meier’s Civilization III

2001 wurde der dritte Teil der Erfolgsserie veröffentlicht. Es brachte zahlreiche Verbesserungen und neue Mechaniken, die das Spielerlebnis gegenüber seinem Vorgänger erheblich vertieften. Eine der zentralen Neuerungen war die Einführung strategischer Ressourcen wie Eisen und Öl, die entscheidend für den Bau bestimmter Einheiten und Gebäude wurden. Diese Neuerung führte zu einer stärkeren Bedeutung von Handel und Diplomatie, da der Zugang zu Ressourcen von der geopolitischen Lage abhängig war. Eine weitere bedeutende Ergänzung war die Mechanik kultureller Einflussbereiche, die es den Spielern ermöglichte, durch den Bau kultureller Gebäude ihre Gebiete friedlich zu erweitern. Dieser Aspekt schuf eine alternative Möglichkeit der Expansion und verschob den Fokus weg von rein militärischen Eroberungen.

Sid Meier’s Civilization III
Sid Meier’s Civilization III; Screenshot: mobygames.com

Die künstliche Intelligenz wurde im Vergleich zu den Vorgängern wesentlich verbessert und konnte komplexere Entscheidungen treffen, insbesondere in den Bereichen Diplomatie und Kriegführung. Das Regierungsmodell wurde überarbeitet, sodass Spieler ihre Zivilisation an unterschiedliche historische und strategische Bedingungen anpassen konnten. Auch der Detailgrad der Grafik und die Benutzeroberfläche erfuhren eine Modernisierung, die das Spiel zugänglicher und visuell ansprechender machte. Allerdings sah die Grafik für die meisten Spieler weiterhin eher zweckmäßig aus.

Sid Meiers Rolle in der Entwicklung von Civilization III war eher überwachend. Er war zwar Teil des Teams, der Hauptfokus lag jedoch auf Jeff Briggs und Soren Johnson. Johnson übernahm später die Leitung für Civilization IV. Besonders hervorzuheben ist Johnsons Arbeit an der künstlichen Intelligenz und den neuen Mechaniken.

Sid Meier’s Civilization III
Sid Meier’s Civilization III; Screenshot: mobygames.com

Für nicht wenige Spieler gilt der dritte Teil als einer der besten, vielleicht sogar als die beste Fortsetzung. Es übernahm ein paar Verbesserungen von Alpha Centauri und legte Neuerungen fest, die ein Bestandteil zukünftiger Serienteile werden sollten. Wie so häufig geht es bei solchen Spielen um die Balance zwischen Komplexität und Anspruch, zwischen Micro- und Macromanagement. Und da hat der dritte Teil einen Nerv der Spieler und Tester getroffen.

Civ-Spiele und Ableger mit Leaddesigner und Wertungen (nur PC bzw. DOS) laut MobyGames stand November 2024:

TitelJahrLead-DesignerWertung
Civilization1991Sid Meier89/100
Colonization1994Jeff Briggs85/100
CivNet199580/100
Civilization II1996Brian Reynolds92/100
Alpha Centauri1999Brian Reynolds89/100
Civilization III2001Jeff Briggs87/100
Civilization IV2005Soren Johnson92/100
CivCity: Rome2006Simon Bradbury69/100
Civilization V2010Jon Shafer88/100
Civilization: Beyond Earth2014Will Miller79/100
Civilization VI2016Ed Beach86/100

Sid Meier’s SimGolf

Ein Golfspiel? Ja, in etwa. Der Spieler übernimmt die Rolle eines Golfplatz-Designers und Managers. Die Aufgabe besteht darin, einen erfolgreichen Golfplatz zu bauen, zu verwalten und zu betreiben. Dabei muss man nicht nur die Landschaft gestalten, sondern auch Löcher anlegen, die den Spielern gefallen, und sicherstellen, dass der Golfplatz wirtschaftlich rentabel bleibt. Das Spiel bietet eine Mischung aus kreativen Designmöglichkeiten und Managementherausforderungen, bei denen Spieler die Balance zwischen Ästhetik, Funktionalität und Profitabilität finden müssen.

Sid Meier war an diesem Projekt, das 2002 veröffentlicht wurde, maßgeblich beteiligt. Gemeinsam mit Will Wright, dem Schöpfer der SimCity-Reihe, entstand die Grundidee zu SimGolf. Während Meier für die spielerischen Mechaniken und das Balancing verantwortlich war, beeinflusste Wright die visionäre Richtung des Spiels durch seine Erfahrung mit Simulationsspielen. Meier brachte sein typisches Augenmerk auf zugängliche, aber tiefgründige Spielerfahrungen ein, was sich in der intuitiven Steuerung und dem Fokus auf kreativen Ausdruck im Spiel zeigt.

Sid Meier’s SimGolf;
Sid Meier’s SimGolf; Screenshot: mobygames.com

Obwohl das Spiel ein Nischenpublikum ansprach, wurde es von Kritikern für seine innovative Herangehensweise an das Genre gelobt. Sid trug entscheidend dazu bei, dass das Spiel durchdacht und gleichzeitig unterhaltsam war. Seine Rolle als Co-Designer unterstrich seine Fähigkeit, unterschiedliche Aspekte des Spieldesigns zu kombinieren und ein kohärentes Spielerlebnis zu schaffen.

Auch wenn es vergleichsweise gut aussah und ein spannendes Experiment darstellte, fehlte es dem Game an Tiefe. Nach circa fünfzehn Stunden hat man alles gesehen.

Weitere Fortsetzungen

Nach der Veröffentlichung von SimGolf spielte Sid Meier bei Firaxis Games eine zunehmend beratende Rolle, während das Studio weiterhin neue Titel entwickelte. Er wurde weniger als aktiver Lead-Designer tätig und trat vielmehr als kreativer Berater und Tester in Erscheinung. Auf der Firaxis-Webseite wird er, stand 2024, als „Leiter der kreativen Entwicklung“ genannt. Diese Veränderung spiegelte seine Position als Mitbegründer des Studios und als zentrale Figur wider, die den kreativen Kurs von Firaxis entscheidend prägte, ohne selbst an jedem Projekt federführend beteiligt zu sein. Sid ist sozusagen die Galionsfigur von Firaxis.

Sid Meier's Civilization IV
Sid Meier’s Civilization IV; Screenshot: mobygames.com

In den Jahren nach SimGolf wurde Firaxis vor allem durch die Fortsetzungen und Neuentwicklungen der Civilization-Reihe bekannt. Meier blieb diesen Projekten eng verbunden, insbesondere durch seine Unterstützung bei Designentscheidungen und der Feinabstimmung von Mechaniken. Sein Name wurde weiterhin prominent in Titeln genannt, was eher die Rolle eines Qualitätsgaranten und einer Marke für strategische Tiefe und Innovation widerspiegelt. Sid konzentrierte sich in dieser Zeit darauf, seine Expertise im Spieltest und in der Konzeptentwicklung einzubringen, während er dem Team Freiheiten bei der praktischen Umsetzung ließ.

Sid Meier’s Civilization V
Sid Meier’s Civilization V

Die Neuausrichtung seiner Tätigkeit erlaubte es Firaxis, unter der Leitung anderer Designer, wie beispielsweise Soren Johnson und Ed Beach, moderne Interpretationen von Meiers ursprünglichen Ideen zu schaffen. Während Meier also nicht mehr als Lead-Designer auftrat, war seine Vision für zugängliche, aber komplexe Spielerfahrungen weiterhin tief in der DNA von Firaxis verankert.

Ein wahres Vorbild

Sid Meier ist zweifellos eine Legende der Spieleentwicklung und ein Mensch, der nicht nur durch seine Werke, sondern auch durch seine Persönlichkeit beeindruckt. Obwohl er stets darauf bedacht war, sein Privatleben im Hintergrund zu halten, gibt es einige Details, die ihn greifbarer machen. Er ist seit vielen Jahren mit seiner Frau Susan verheiratet und hat einen Sohn, Ryan, der als Musiker tätig ist. Abseits seiner Arbeit als Spieledesigner gilt Meier als bescheiden und zurückhaltend, ein Mensch, der den Erfolg seiner Spiele stets dem Teamgeist und der Zusammenarbeit zuschreibt, anstatt sich selbst in den Vordergrund zu stellen. In zahlreichen Interviews über die Jahrzehnte betonte er immer die Teamleistung und die Leistungen einzelner Mitarbeiter, statt sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.

Sid Meier 2017
Sid Meier 2017; Foto: Wikipedia

Seine Designphilosophie hat die Spieleindustrie nachhaltig geprägt. Meier ist bekannt für sein Mantra, dass ein Spiel spaßig sein muss, bevor es komplex wird. In Interviews betonte er immer wieder, wie wichtig es sei, die Spieler nicht mit überflüssigen Details zu überfordern, sondern ihnen klare Entscheidungen und belohnende Mechaniken zu bieten. Dieses Prinzip zieht sich durch seine bekanntesten Werke, von Civilization bis hin zu Pirates!. Meier glaubt fest daran, dass Spiele sowohl eine Herausforderung als auch einen kreativen Raum bieten sollten, in dem die Fantasie der Spieler gedeihen kann. Der Spieler steht bei ihm stets im Mittelpunkt.

Sid Meier ist ein Vorbild für alle Spieleentwickler, weil er aufzeigt, wie wichtig es ist, den Kern eines Spiels zu definieren, und sich auf die Elemente zu konzentrieren, die wirklich zählen. Seine Bescheidenheit, gepaart mit seinem unermüdlichen Streben nach Innovation, zeigt, dass wahre Größe nicht in lauten Auftritten, sondern in durchdachten Taten liegt. Meier hat eine Branche geformt und bewiesen, dass Spiele nicht nur Unterhaltung, sondern auch Werkzeuge zur Bildung und Inspiration sein können. Sein Lebenswerk steht nicht nur für technische Meisterschaft, sondern auch für die Überzeugung, dass gute Spiele das Potenzial haben, Menschen zu verbinden und neue Welten zu eröffnen. Das macht ihn zu einem Vorbild, das über die Grenzen der Spieleentwicklung hinaus strahlt.

Weiterführende Links

Warum Retro?
Cheating in Spielen – und was man dagegen tun kann
Interview mit Scott Host
Shareware als Vertriebsform

Externe Links

Firaxis Games
Alle Credits von Sid Meier bei Moby Games

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