Wir alle wollen möglichst gute Spiele erschaffen. Egal ob es sich um Freeware oder kommerzielle Titel handelt – unser Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen Freude an dem haben, was wir kreieren. Ein zentrales Werkzeug dafür ist die Spielanalyse. Doch wie wendet man sie richtig an? Lasst uns also in medias res gehen.
Phasen der Spielanalyse
Wer gute Spiele entwickeln möchte, sollte sich bereits im Vorfeld umfassend informieren. Zunächst betrifft dies technische Aspekte wie die Entwicklungsumgebung, Programmierung, Grafik und Sound. Später kommen Gamedesign-Überlegungen hinzu, bis man schließlich eine klare Vorstellung davon hat, welches Spiel man entwickeln will.
Wenn es sich nicht um einen 1:1-Klon eines bekannten Titels handelt, sondern du ein Genre oder Subgenre und einige Features festgelegt hast, beginnt die erste Phase der Spielanalyse. Du musst herausfinden, warum andere Spiele in diesem Genre erfolgreich sind oder bei den Spielern durchfallen.
Es ist wichtig, die verschiedenen Elemente zu analysieren, die zu einem gelungenen oder weniger erfolgreichen Spielerlebnis beitragen. Dazu zählen die Spielmechanik, Erzählweise, das Leveldesign und die Benutzeroberfläche. Um eine fundierte Analyse durchzuführen, solltest du konkrete Beispiele heranziehen und kritisch hinterfragen. Welche Mechaniken haben den Spielern Freude bereitet? Wo kam Frustration auf? Spielerfeedback und Rezensionen können wertvolle Hinweise geben und dir helfen, Stärken und Schwächen im bestehenden Angebot zu identifizieren. Hierbei ist es sinnvoll, verschiedene Perspektiven einzunehmen – sei es die der Spieler oder der Entwickler. Der Vergleich deiner Ideen mit erfolgreichen wie auch weniger gelungenen Produktionen gibt dir wertvolle Einblicke, um deine eigene Vision zu verfeinern.
In dieser Phase gibt es drei wesentliche Ansätze, um dein Wissen zu erweitern:
Selbst spielen
Am meisten lernt man durch eigenes Erleben. Dabei geht es nicht nur um die Mechaniken, sondern auch darum, welche Emotionen das Spiel auslöst. Je mehr Titel des gewählten Genres du durchgespielt hast, desto besser wird dein Verständnis.Profis fragen
Dieser Punkt klingt schwieriger als es scheint. Mit Profis sind hier vor allem professionelle Spieletester gemeint. Das Lesen entsprechender Magazine kann sehr viel bringen, da solche Profis meistens seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten diesen Job ausüben und über ein enormes Wissen verfügen, welches sie gerne in Spieletests den Lesern oder Zuschauern mitteilen. Diese Informationen können für einen selbst als Spieleentwickler enorm wichtig sein.Amateure beobachten
Damit sind die Spieler gemeint. Und hier sind Twitch und YouTube das Mittel der Wahl. Wie reagieren die Spieler auf Titel, die man selbst kennt? Man wird dabei schnell feststellen, dass es im selben Genre sehr unterschiedliche Arten von Spielern gibt. Dies sind alles Aspekte, die man bei der Entwicklung des eigenen Spiels berücksichtigen muss. Dabei können Fragen beantwortet werden, die man sich womöglich nie gestellt hätte. Wie spielen es ängstliche Spieler? Wie funktioniert das Spiel, wenn es jemand besonders schnell durchspielen will?
Wissen über Genres
Neben der Analyse einzelner Spiele ist es auch wichtig, das Genre und seine Historie zu verstehen. Die Untersuchung der Genreentwicklung gibt dir die Möglichkeit, Trends und Mechaniken zu erkennen, die das Spielerlebnis nachhaltig beeinflusst haben. Welche innovativen Ansätze wurden eingeführt? Gibt es Mechaniken, die vielleicht in Vergessenheit geraten sind, aber eine Wiederbelebung verdienen?
Durch die Analyse vergangener Entwicklungen erkennst du nicht nur wiederkehrende Muster, sondern kannst auch Klischees identifizieren, die du meiden solltest. Außerdem zeigt sich, wie sich die Erwartungen der Spieler über die Jahre verändert haben, und du kannst darauf aufbauend frische Ideen entwickeln.
Verwertung der Informationen
Sobald genügend Informationen gesammelt wurden, sollten die Erkenntnisse in ein Designdokument einfließen. Hierbei kannst du auch auf erfolgreiche Beispiele verweisen, sei es bei der Spielmechanik, dem Look oder der Atmosphäre.
Gleichzeitig ist es sinnvoll, auch negative Punkte zu notieren: Welche Designfehler oder Mechaniken möchtest du vermeiden? Beispiele hierfür könnten sein:
- Vermeide Sackgassen im Leveldesign.
- Reduziere unnötige Pausen im Spielverlauf.
- Die Spielzeit eines Levels sollte nicht länger als drei Minuten betragen.
Prototyp
Ein häufig unterschätzter Aspekt der Spielanalyse ist das Testen von Prototypen. Viele Hobbyentwickler erklären ihren Prototypen fälschlicherweise zum fertigen Spiel. Doch was ist eigentlich ein Prototyp?
Ein Prototyp ist eine frühe Version des Spiels, die dazu dient, grundlegende Mechaniken in einem spielbaren Format zu testen. Ziel ist es, Konzepte greifbar zu machen und zu prüfen, ob sie in der Praxis funktionieren. Diese iterative Herangehensweise ermöglicht es Entwicklern, frühzeitig Feedback zu sammeln und notwendige Anpassungen vorzunehmen, bevor kostspielige Entwicklungsphasen beginnen.
Ein Prototyp muss nicht perfekt sein – im Gegenteil, seine Einfachheit erlaubt es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Spielmechanik, die Nutzererfahrung oder das Leveldesign. Feedback von Testspielern ist hierbei entscheidend, um bestehende Annahmen zu hinterfragen und neue Lösungen zu entwickeln. Jeder Tester gibt wertvolle Einblicke, die dokumentiert und analysiert werden sollten, um kontinuierlich Verbesserungen vorzunehmen.
Daten und Feedback auswerten
Das Tracken von Informationen hat natürlich einen negativen Touch, aber bei der frühen Spieleentwicklung wichtige Eigenschaften. Man sollte nur nicht vergessen, den Testern vorher Bescheid zu geben.
Sinnvollerweise können folgende Dinge getrackt werden:
- Anzahl der Spielstarts
- Spielzeit pro Sitzung
- Häufigkeit von Toden und deren Position
- Punktzahl oder Charakterentwicklung
Natürlich ist es auch ebenso wichtig, die Spieler selbst zu beobachten und ein eigenständiges Feedback zu erhalten. Die Zahlen sollten nicht als absolut angesehen werden, sondern die Auswertung unterstützen. Es kann schon sein, dass ein Testspieler an einer Stelle besonders häufig stirbt, dies aber nicht als nervig empfindet.
Ein weiterer entscheidender Aspekt in der Prototypenentwicklung liegt im Aufbau einer soliden Feedback-Kultur. Diese Kultur sollte bereits im frühen Entwicklungsstadium etabliert werden, um ein offenes und konstruktives Umfeld zu schaffen, in dem Tester ihre Eindrücke ehrlich und direkt kommunizieren können. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, strukturierte Feedback-Sessions zu organisieren, bei denen die Tester gezielt nach ihren Meinungen zu verschiedenen Elementen des Spiels befragt werden – seien es die Steuerung, das Leveldesign oder die Verfügbarkeit von Hilfestellungen innerhalb des Spiels.
An diesem Punkt kommt ein wichtiger Aspekt von Prototypen zu tragen: Es kann sich herausstellen, dass wesentliche Elemente des Spiels nicht oder nicht ausreichend funktionieren. Dies kann auch später passieren, aber wenn man sie frühzeitig entdeckt, kann dies helfen, Katastrophen zu vermeiden. Man stelle sich nur einmal vor, dass sehr aufwändige Grafiken und Animationen erstellt wurden und man dies alles ändern muss. Oder das man wunderschön ausgestaltete Level hat, die man komplett umbauen muss, weil sie nicht funktionieren.
Darüber hinaus können gezielte Umfragen und Interviews wertvolle Einblicke in die emotionalen Reaktionen der Spieler liefern. Welche Momente haben sie begeistert? Wo sind sie auf Schwierigkeiten gestoßen? Solche Rückmeldungen geben nicht nur Aufschluss über technische Aspekte, sondern auch über das Spielerlebnis insgesamt und helfen dabei, eine tiefere Verbindung zur Zielgruppe aufzubauen. Es ist wichtig, dass die gesammelten Daten nicht nur aufgezeichnet, sondern auch analysiert und in die weitere Spielentwicklung implementiert werden.
Das iterative Testen und Anpassen des Prototyps führt somit nicht nur zu einer besseren Spielmechanik, sondern lässt auch eine kontinuierliche Verbesserung in allen Bereichen des Spiels entstehen. Je mehr Anstrengungen man unternimmt, um die Ansichten der Spieler zu integrieren, desto näher gelangt man an das Ziel eines fesselnden und unterhaltsamen Spielerlebnisses. So wird das Feedback der Tester nicht nur als notwendiges Übel betrachtet, sondern als wertvolle Ressource zur Optimierung des Spiels, wodurch letztendlich das Potenzial zur Schaffung eines wirklich einzigartigen Erlebnisses entfaltet wird. Tester sind keine Feinde, sondern ein Teil des Teams.
Die eigentliche Entwicklung
Erst nach dem Prototyp und den zahlreichen Tests beginnt der Hauptteil. Einige Bestandteile des Prototyps schaffen es mit Sicherheit in das Spiel, andere werden gestrichen oder stark überarbeitet. Mit der Zeit kommt der finale Content hinzu, insbesondere Grafiken und Sounds. Hier ist es hilfreich, Spieler nach Meinungen zu fragen. Seinen es diverse Versionen einer Grafik, Farben oder Klänge. Schließlich muss der Wurm dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
Sobald sich wesentlichere Dinge in der Entwicklung ändern, sind Tests nötig. Etwa, wenn es um das Timing von Waffen oder Gegnern geht. Da bringt die wundervollste Animation beim Laden einer Waffe nichts, wenn es sich als störend erweist. Dies erfährt man entsprechend durch Tests und Analysen und auch in dieser Phase ist Tracking wichtig. Hier stellt man womöglich fest, dass die Änderung eines scheinbar eher unwichtigen Parameters dazu führt, dass Spieler ein Level nicht schaffen, an einer Stelle auffallend oft sterben oder sie schlicht die Lust verlieren.
Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, warum man Spiele nicht nur alleine testen sollte. Als Entwickler wird man erstaunlich schnell zum Profi seines eigenen Spiels. Da man dadurch laufend feststellt, „wie einfach“ das Spiel ist, nimmt man Korrekturen vor, welche dazu führen, dass Normalsterbliche kaum über Level 1 hinauskommen.
Videoanalysen
Die Videoanalyse ist ein unverzichtbares Werkzeug in der Spielentwicklung, insbesondere, um eine tiefgehende Analyse des Spielverhaltens zu ermöglichen. Im Gegensatz zu Beobachtungen vor Ort oder beim Testen in Echtzeit bietet die Videoanalyse den Vorteil, das Spielgeschehen jederzeit pausieren und einzelne Aspekte detailliert betrachten zu können. Dies gilt nicht nur für die Analyse der eigenen Spiele, sondern auch für die Betrachtung fremder Titel. Über Videoaufnahmen lassen sich viele wertvolle Erkenntnisse gewinnen – von der Steuerung und Wahrnehmung bis hin zur Spielbarkeit und dem Spielspaß. Entscheidende Fragen sind dabei, ob der Spieler alle relevanten Informationen im Spiel wahrnimmt und versteht.
Besonders die Benutzeroberfläche (UI) spielt eine zentrale Rolle in der Spielerfahrung. Eine intuitiv gestaltete UI verhindert Frustration und erleichtert dem Spieler, sich im Spiel zurechtzufinden. Oftmals kann der Durchschnittsspieler gar nicht genau benennen, warum er eine bestimmte Stelle im Spiel als problematisch empfindet – für ihn ist das Spiel dann einfach nur „zu schwer“ oder „nicht unterhaltsam“. Eine tiefergehende Videoanalyse kann jedoch aufdecken, dass der Spieler beispielsweise wichtige Informationen nicht gesehen oder nicht richtig verstanden hat, obwohl sie technisch vorhanden sind.
Um Frustrationen zu minimieren, sollte die Benutzeroberfläche klar strukturiert und leicht verständlich sein. Hier empfiehlt es sich, regelmäßig Feedback von Testspielern einzuholen, um sicherzustellen, dass Menüs und Navigationsstrukturen so benutzerfreundlich wie möglich gestaltet sind. Verschiedene Spielertypen haben dabei unterschiedliche Ansprüche an die UI. Einige bevorzugen eine minimalistische, funktionale Oberfläche, während andere ästhetische Elemente schätzen, die sie tiefer in die Spielwelt eintauchen lassen. Eine ausgewogene Mischung aus Funktionalität und visueller Attraktivität trägt nicht nur zur Benutzerfreundlichkeit bei, sondern stärkt auch die Bindung der Spieler an das Spiel. Durch eine iterative Analyse des Spielerfeedbacks lassen sich die Auswirkungen von Änderungen an der UI oder anderen Aspekten des Spiels genauer abschätzen und verbessern.
Nach der Veröffentlichung des Spiels
Bis kurz vor Release haben das Spiel vergleichsweise wenige Menschen gespielt. Doch irgendwann kommt der Tag, an dem man sein Werk einem breiten Publikum präsentiert. Daraufhin beginnt eine weitere arbeitsintensive Phase, weil im Prinzip alles, was bisher unternommen wurde, in einem weiteren, größeren Umfang durchgeführt werden muss.
Im besten Fall bekommt man sehr viel Feedback und irgendwelche Leute fangen an, Videos zum Spiel zu veröffentlichen. Und auch hier ist es wichtig, diese Videos genau zu analysieren und sich die richtigen Fragen zu stellen.
- Warum ist der Spieler an dieser Stelle gescheitert?
- Warum hat er die Informationen nicht verstanden?
- Haben Informationen gefehlt?
- Was fehlt momentan, um mehr Spielspaß zu erzeugen?
Sollten sich daraus wesentliche Änderungen ergeben, ist es besser, diese Versionen zunächst von einem kleinen Testteam prüfen zu lassen. Erst wenn hier keine große Kritik mehr erfolgt, kann man eine neue Version veröffentlichen. Ggf. ist es sogar noch besser, die eigenen Gedanken mit den Testern zu besprechen, bevor man sie umsetzt. Das kann einem möglicherweise viel Arbeit ersparen oder die gute Idee wird sogar von den Testern erweitert und verbessert.
Der Wert des Spielerfeedbacks
Spielerfeedback bleibt eine zentrale Quelle für Optimierungen und Neuerungen im Spiel, da es Perspektiven eröffnet, die den Entwicklern möglicherweise entgangen sind. Die Implementierung von Updates und Patches kann nicht nur zur Behebung von Fehlern beitragen, sondern auch das Spielgeschehen erweitern und verbessern. Eine aktive und engagierte Community ist von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, das Spiel langfristig relevant und ansprechend zu halten. Der Austausch zwischen Entwicklern und Spielern – ob über offizielle Kanäle oder soziale Medien – ist essenziell, um die Wünsche und Bedürfnisse der Spieler besser zu verstehen. Dies fördert das Vertrauen in die Entwickler und hilft dabei, den Fokus auf die Aspekte zu legen, die von den Spielern am meisten geschätzt werden.
Balance zwischen Innovation und Erwartung
Die Herausforderung für die Entwickler besteht darin, einen Ausgleich zwischen der notwendigen Innovation und den Erwartungen der Spieler zu finden. Dabei müssen neue Inhalte und Änderungen organisch in das Spiel eingefügt werden, ohne dessen grundlegende Identität zu verwässern. Diese Balance ist entscheidend dafür, dass das Spiel nicht nur als einmaliges Erlebnis wahrgenommen wird, sondern auch nach der Veröffentlichung weiterhin treue Anhänger findet und seinen Platz in der hart umkämpften Spielelandschaft behaupten kann.
Weiterführende Links
Das Wesen des Spiels und die Faszination dahinter: Warum Spiele uns Spaß machen
Lernkurven in Spielen
Die hohe Kunst des Rätseldesigns
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