Oh nein, ein weiterer „DOOM Clone“? Mitnichten! Star Wars: Dark Forces war wesentlich mehr als eine billige Kopie des damals aktuellen Hypes. Blicken wir hinter die Kulissen und klären, warum es im Kern heute noch ein großartiges Spiel ist.
In einer weit, weit entfernten Galaxis!
Dark Forces ist ein Ego-Shooter, der 1995 von LucasArts veröffentlicht wurde. Die Handlung spielt im Star Wars-Universum und folgt dem Söldner Kyle Katarn. Im Auftrag der Rebellion infiltriert Katarn das Imperium, um geheime Pläne des Todessterns zu stehlen und die Entwicklung einer neuen Waffe, der sogenannten Dark Troopers, zu verhindern. Im Verlauf des Spiels kämpft er sich durch verschiedene imperiale Basen und begegnet zahlreichen Feinden, darunter Sturmtruppen und diverse Kreaturen.
Knackiges Gameplay
Das Gameplay ist klassisch für die 90er-Jahre und ähnelt anderen Ego-Shootern der Zeit, wie Doom und dem 1996 erschienenen Duke Nukem 3D. Spieler navigieren durch labyrinthartige Level, sammeln Schlüssel und lösen gelegentlich Rätsel, um weiterzukommen. Das Spiel bietet ein Arsenal an Waffen, darunter Blaster, Granaten und ein Sturmgewehr. Ein wesentliches Merkmal ist die Möglichkeit, in verschiedene Ebenen der Karte zu wechseln und sogar Sprünge und Ducken auszuführen, was zur damaligen Zeit eine Neuerung war.
Sehr markant ist das teils herausragende Leveldesign. Die meisten der vierzehn Level sind äußerst komplex. Man bewegt sich über viele Höhenebenen, was ein für damalige Zeit grandioses Gefühl für Vertikalität vermittelt. Häufig dringt man von Außen in einen Komplex ein und kämpft sich Stockwerk für Stockwerk durch die Labyrinthe. Die Auto-Map hilft zwar etwas, den Überblick zu behalten, aber da sie nur 2D ist und somit immer nur die aktuelle Ebene anzeigt, kann es auch trotz der Karte knifflig werden. Wer sich über Schlauchlevels aktuellerer Shooter beklagt, ist hier somit absolut richtig.
Ein weiteres wesentliches Merkmal waren die Schalterrätsel. Viele davon waren Standard, andere hingegen äußerst gelungen, was vor allem an der Levelarchitektur lag. Gelegentlich muss man auch dreistellige Codes knacken.
Wie später in Duke Nukem 3D und anderen Spielen gab es auch hier bereits neben den Waffen zusätzliche Ausrüstung. So muss man in einem Eislevel zunächst spezielle Stiefel finden, damit man nicht mehr wild auf dem Eis herumrutscht. Außerdem gibt es eine Taschenlampe und ein Infrarotgerät, die beide mit Batterien laufen. Man muss sie also gezielt einsetzen.
Star Wars Feeling
Star Wars: Dark Forces stach besonders durch seine Atmosphäre und die Authentizität des Star Wars-Universums hervor. Es war eines der ersten Spiele, das den Spielern ermöglichte, in die Rolle eines Charakters im Star Wars-Universum zu schlüpfen und dabei vollständig in die Lore und Ästhetik der Filme einzutauchen. Die Grafiken und Soundeffekte waren beeindruckend für die damalige Zeit und trugen wesentlich zum immersiven Erlebnis bei. Zudem bot das Spiel eine tiefere Handlung als viele andere Ego-Shooter seiner Zeit, was es für Fans des Franchise besonders attraktiv machte.
Vor jeder Mission wurde man umfangreich unterrichtet. Eine Herausforderung bestand in vielen Missionen darin, dass man am Ende an den Ausgangspunkt zurückmusste. Jede Mission war auch grafisch individuell gestaltet und sehr abwechslungsreich. Während man bei anderen Shootern dieser Zeit bereits nach drei oder vier Level inhaltlich fast alles gesehen hatte, erfrischte Dark Forces immer wieder das Spielerauge.
Heute ist es eher Standard, damals fast schon ein Novum, dass das Missionsziel nicht daraus bestand, alle Feinde zu töten und den Ausgang zu finden. In der ersten Mission mussten die Pläne für den Todesstern ergattert werden. Diese Handlung wurde leider später im Film Rogue One (2016) einkassiert. In einer anderen Mission müssen wir einen Waffendesigner in einem Abwasserkanal finden. Später sollen wir Waffen zerstören und viele weitere Dinge erledigen. Durch Grafik, Musik, Soundeffekte und Missionsbeschreibungen wird man unweigerlich in die faszinierende Welt von Star Wars gezogen, was auch ohne Machtanwendung herausragend funktioniert.
Eine machtvolle Engine
Natürlich ist Star Wars: Dark Forces ein LucasArts-Spiel mit der für die damalige Zeit bekannte hohe Qualität. Die Entwicklung begann Anfang der 90er Jahre, mit dem Ziel, ein Spiel zu schaffen, das das Star Wars-Universum authentisch wiedergibt. Das Entwicklerteam nutzte die Jedi Engine, die speziell für das Spiel entwickelt wurde, um erweiterte Funktionen wie mehrstufige Level und die Interaktion mit der Umgebung zu ermöglichen. Das Spiel wurde nach zweijähriger Entwicklungszeit veröffentlicht.
Die Jedi Engine brachte einige innovative Features mit, die die damalige Doom-Engine übertrafen und es ermöglichten, das Spiel intensiver und immersiver zu gestalten.
Eine der herausragenden Eigenschaften der Jedi Engine war die Unterstützung von mehrstufigen Leveldesigns. Diese erlaubten vertikale Strukturen und mehrere Ebenen innerhalb eines Levels, was das Leveldesign komplexer und realistischer machte. Spieler konnten beispielsweise auf Plattformen springen oder in Schächte kriechen. Im Gegensatz dazu erlaubte die Doom-Engine nur eine einzige Ebene mit Höhenvariationen, jedoch keine echten mehrstufigen Bereiche.
Zudem ermöglichte die Jedi Engine die Verwendung von 3D-Objekten, wie Kisten und Konsolen, die aktiv ins Gameplay integriert wurden. Diese Objekte waren nicht nur dekorativ, sondern konnten auch verschoben oder bedient werden, um Türen zu öffnen oder Fallen zu deaktivieren. Diese Interaktivität war ein bedeutender Fortschritt gegenüber der Doom-Engine, die solche komplexen Interaktionen nicht unterstützte.
KI im Licht
Ein weiteres wichtiges Merkmal war die realistischeren Beleuchtungs- und Schatteneffekte, die die Jedi Engine bot. Dynamische Lichtquellen und Schatten schufen realistischere Umgebungen und beeinflussten die Atmosphäre und das Gameplay. Dunkle Bereiche konnten nur mit Hilfe eines Scheinwerfers oder durch Aktivieren von Lichtschaltern durchquert werden, was die Spannung erheblich erhöhte.
Auch die künstliche Intelligenz der Gegner in Dark Forces war fortschrittlicher. Gegner zeigten komplexere Verhaltensmuster, suchten Deckung, koordinierten Angriffe und reagierten auf verschiedene Situationen. Beispielsweise konnten Sturmtruppen sich hinter Ecken verstecken und den Spieler überraschen, was die Kämpfe dynamischer und herausfordernder machte.
Gut gealtert?
Auch heute noch würden einige Aspekte des Spiels gut funktionieren. Die spannende Handlung und die Atmosphäre des Spiels bleiben zeitlos und könnten auch heutige Spieler in ihren Bann ziehen. Die Leveldesigns, die eine Mischung aus Action und Rätseln bieten, könnten ebenfalls weiterhin ansprechend sein.
Allerdings sind einige Elemente schlecht gealtert. Die Grafik, obwohl damals beeindruckend, wirkt heute natürlich veraltet. Die Steuerung, insbesondere die Bewegungsfreiheit und das Zielen, entspricht nicht mehr den heutigen Standards und könnte für moderne Spieler frustrierend sein. Auch die fehlende Möglichkeit zum Speichern innerhalb eines Levels sind ein großer Nachteil.
Das Gameplay, insbesondere die beherrschbare Komplexität, ist jedoch unerschütterlich. Trotz den Ähnlichkeiten zu Doom bietet es ein paar Neuerungen, welche eine immense Tiefe ermöglichen, ohne den Spieler mit teils unsinniger Komplexität zu nerven.
Presse
Vor allem die Mac- und PC-Versionen kamen bei Spielern und Presse sehr gut an. Die PlayStation-Version verursachte hingegen keine Luftsprünge. Vor allem, da hier die Grafikqualität stark reduziert werden musste.
Die PC-Games gab 94 von 100 Punkten und urteilte:
„Den Entwicklern von der Skywalker-Ranch ist es zu verdanken, dass in den kommenden Monaten 3D-Actionspiele weiterhin einen großen Teil des Marktes beherrschen werden. Auch wenn unverbesserliche Nörgler nur schwer zu überzeugen sind: Dark Forces ist alles andere als ein billiges Plagiat, es ist die neue Referenz.“
Die PC Player hatte etwas mehr zu nörgeln und gab „nur“ 84 Punkte:
„Von diesen Kritikpunkten abgesehen, präsentiert sich Dark Forces als intelligentes Actionspiel, das Star-Wars-Fans und Doom-Liebhaber gleichermaßen fesseln wird.“
Die Power Play suchte und fand die Nadel im Heuhaufen, gab für das Spiel 83 Punkte:
„Doch so groß die Freude auch sein mag, ‚Dark Forces‘ ist leider kein Innovationshammer. Zwar entdecken wir viele kleine Neuheiten, dürfen dieses Mal richtig rätseln und erfreuen uns an der perfekten Technik, doch vom Hocker haut uns das Storm-Trooper-Schießen nicht. Das Spiel ist schön designt, die Level sind hübsch groß, wenn auch manchmal etwas unübersichtlich und der Schwierigkeitsgrad steigt bedächtig. Die Grafik ist unerwarteterweise recht abwechslungsreich, der Sound gewohnt gut. Doch zwei Macken verschließen ‚Dark Forces‘ den Durchbruch in die absolute Oberliga: Zum einen das Dilemma mit der fehlenden Savegame-Funktion. Dies wäre annehmbar, wenn man nicht schon durch die kleinste falsche Bewegung im nächsten Abgrund verschwinden würde, aber so wird das Spiel nur unnötig erschwert. Des weiteren nervt der eingebaute Mini-Cheat, das Superschild.“
Die Play Time war mit 91 Punkten deutlich positiver:
„Dark Forces verlässt sich glücklicherweise nicht auf die fette Star Wars-Lizenz, sondern bietet bahnbrechende Innovationen bis zum Abwinken. An die Stelle von hirnlosem Amoklaufen tritt ein atmosphärisch kaum noch zu überbietendes Spektakel, das technisch sauber in Szene gesetzt wurde und die mit Abstand größten Levels und kniffligsten Puzzles des Genres beinhaltet. Intro, Cut-Scenes und Abspann sind zwar viel zu kurz geraten, aber dazwischen erwartet Euch 14 gigantische Levels lang Action pur. An diesem frischgebackenen Referenz-Programm müssen sich in den kommenden Monaten oder gar Jahren alle Neuerscheinungen messen lassen. Schade finde ich nur, dass man die erklärten Lieblinge der Cineasten – Luke, Han Solo, Chewbacca, Obi-Wan Kenobi, R2-D2 oder C-3PO – nicht eingebaut hat.“
Verdammt gut gealtert!
Im Februar 2024 erschien endlich die Remaster-Version von Star Wars: Dark Forces. Bis dahin mussten sich Spieler mit Fanmodifikationen über Wasser halten.
Die Neuauflage wurde von Nightdive Studios entwickelt und nutzt deren eigene KEX-Engine. Dies ermöglicht das Spiel auf modernen Geräten mit bis zu 4K-Auflösung und 120 FPS. Sie bietet verbesserte Grafik mit hochauflösenden Texturen, erweiterten Licht- und Render-Effekten sowie Unterstützung für Gamepads. Zu den Neuerungen gehören ein Waffenrad und Vibrationsfeedback. Das klassische Gameplay und die packende Story des Originals bleiben erhalten, was sowohl für neue als auch für alte Fans ein großartiges Erlebnis bietet.
Zwar wird kritisiert, dass es einige der Verbesserungen von Fans nicht in diese Version schafften, rein vom Gameplay her ist es aber mit das Beste, was man aus dem alten Spiel herausholen konnte. Bei den drei Schwierigkeitsgraden sollte für jeden Spieler etwas dabei sein. Trotz der grafischen Verbesserungen wirkt es noch sehr retro und wirkt im Prinzip so, wie es in den verklärten Erinnerungen damaliger Spieler war.
Weiterführende Links
Warum Retro?
Ein Raubvogel erobert die Herzen – Interview mit Scott Host – Teil 1
Die Meister des Spieluniversums: 10 legendäre Game Designer
Legenden – John Carmack
Legenden – Roberta Williams