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Wenn man sich heute unsere digitale Welt anschaut, könnte man zum Schluss kommen, dass bei der Entwicklung nur die USA, Großbritannien und später wenige asiatische Länder eine große Rolle spielten. Manche behaupten sogar, dass es in Deutschland vor und nach Konrad Zuse keine nennenswerten Entwicklungen gab. Das ist nicht richtig, weshalb nachfolgend deutsche Bestreben zusammengefasst werden sollen.

Von Volta zu Siemens

Wir tauchen wieder Tief in die Geschichte ein. Alessandro Volta (1745-1827) erfand die „Voltasche Säule“ und stellte sie im Jahr 1800 an der Royal Society in London vor. Es war die erste „richtige“ Batterie und eine technische Revolution, welche die Elektrotechnik, Elektronik, Galvanotechnik und viele weitere Bereiche einleitete.

Voltasche Säule
Voltasche Säule (Foto: Wikipedia)

Ernst Werner Siemens wurde 1816 geboren, also in einer Zeit, als Elektrizität und darauf aufbauende Technologien kaum existierten. Er war das vierte von vierzehn Kinder der seit 1384 urkundlich belegten Goslarer Familie. Die Zeiten waren – besonders in Zentraleuropa – sehr hart, da Menschen und Land von den Napoleonischen Kriegen geprägt waren.

Nach dem Schulabschluss wollte Siemens an der Bauakademie Berlin studieren. Da seine Familie jedoch hoch verschuldet war und sich die Studiengebühren nicht leisten konnte, trat er stattdessen in den Jahren 1835 bis 1838 in die Artillerie- und Ingenieurschule der Preußischen Militärakademie ein. Dort erhielt er seine Offiziersausbildung. Siemens galt als guter Soldat, erhielt mehrere Medaillen und trug zur Erfindung von elektrisch geladenen Seeminen bei, die zur Bekämpfung einer dänischen Blockade von Kiel eingesetzt wurden.

Werner von Siemens
Werner von Siemens (Foto: Wikipedia)

Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg entschied er sich, an der Perfektionierung bereits etablierter Technologien zu arbeiten, und wurde schließlich weltweit für seine Fortschritte in verschiedenen Technologien bekannt. Siemens erfand einen Telegraphen, bei dem eine Nadel auf den richtigen Buchstaben zeigte, anstatt den Morsecode zu verwenden. Auf der Grundlage dieser Erfindung gründete er am 1. Oktober 1847 die Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske, die am 12. Oktober eine Werkstatt eröffnete.

Familienunternehmen

Schon bald nach der Gründung wurde das Unternehmen internationalisiert. Ein Bruder von Werner vertrat ihn in England (Sir William Siemens) und ein anderer in St. Petersburg (Carl von Siemens). Nach seiner industriellen Karriere wurde er 1888 geadelt und erhielt den Namen Werner von Siemens. Er zog sich 1890 aus seinem Unternehmen zurück und starb 1892 in Berlin.

Das Unternehmen, das in Siemens & Halske AG, Siemens-Schuckertwerke und – seit 1966 – Siemens AG umbenannt wurde, wurde später von seinem Bruder Carl, seinen Söhnen Arnold, Wilhelm und Carl Friedrich, seinen Enkeln Hermann und Ernst und seinem Urenkel Peter von Siemens geführt. Die Siemens AG ist eines der größten elektrotechnischen Unternehmen der Welt. Die Familie von Siemens besitzt noch immer 6 % der Aktien des Unternehmens (Stand 2013) und ist mit einem Sitz im Aufsichtsrat der größte Aktionär.

Aktie über 1000 Mark der Siemens & Halske AG vom Mai 1920
Aktie über 1000 Mark der Siemens & Halske AG vom Mai 1920 (Foto: Wikipedia)

Siemens ist ein Paradebeispiel für deutsche Familienunternehmen, die teilweise an den Adel erinnern und sich fundamental von amerikanischen Strukturen unterscheiden. Vergleichbare, aber auch deutlich kleinere Betriebe übergeben das Zepter an die jeweils nächste Generation, relativ unabhängig von der Qualifikation und der persönlichen Eignung. Das hat Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist die emotionale Bindung, welche nachfolgende Generationen häufig veranlasst, langfristig und nachhaltig zu planen. Im besten Fall sind nicht die Quartalszahlen, sondern die Ausrichtung für die nächsten Jahre und Jahrzehnte wichtig.

Nachteilig kann die fachliche Eignung sein. Nicht die beste Person macht den Job, sondern ein Erbe. Dies kann zu krassen Fehlentscheidungen aufgrund von Selbstüberschätzung und aus der Tradition heraus entstandenen Überzeugungen führen. Während vor allem die erste Generation vor Innovationskraft strotzte, unterliegt häufig die dritte und Folgegenerationen dem Traditionsgedanken. „Das haben wir schon immer so gemacht“ wird in Stein gemeißelt.

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