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Archaische Programmierung mit Turbo C

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Moderne Entwicklungsumgebungen und Programmiersprachen haben tolle Features. Doch manchmal kann das ganz schön nerven und es ist angenehm, in der Programmierung eine kleine Zeitreise zu machen. Wer Lust hat, kann dies mit Turbo C und DOSBox selbst tun.

Warum unter DOS?

MS-DOS ist ein altes 16-Bit-Betriebssystem. Das Original wird schon seit vielen Jahren nicht mehr weiterentwickelt, aber es gibt zehntausende Programme und Spiele dafür. Mit DOSBox lässt es sich sehr leicht emulieren. Wer sich ein wenig mit der Konfiguration befasst, kann sich in dieser virtuellen Welt total austoben.

Kurz gesagt: Es ist sehr alt, gibt einem das „back to the roots” Gefühl und es ist vergleichsweise unkompliziert. 

Warum C?

Die Programmiersprache C gibt es seit 1972 und wird heute noch, wenn auch nicht so häufig, verwendet. Es ist eine sehr hardwarenahe Sprache, die aber nicht sonderlich schwer zu erlernen ist. Am C-Syntax orientieren sich viele nachfolgende Sprachen, etwa C++, C#, Java, JavaScript, PHP, GML und andere. D. h. man hat ein gutes Grundverständnis für viele andere Sprachen, wenn man C beherrscht.

Apropos Verständnis: Wenn sich in alten Entwicklungsumgebungen befindet, die letztlich nicht viel mehr waren als ein Texteditor, lernt man m. M. n. wesentlich besser den Umgang mit Code. Es gibt keine Autovervollständigung, keinen Syntax Highlighter, keine zusätzlichen Fenster oder sonstigen Firlefanz. Man konzentriert sich, ohne Ablenkung, nur auf den eigenen Code. Ob der richtig ist, sagt einem später der Compiler.

Im Beispiel verwende ich Turbo C 2 von 1989. Man macht alles darin mit der Tastatur. Am Anfang fühlt sich das sehr ungewohnt an, aber mit jedem kleinen Programm macht das immer mehr Spaß und der Fokus liegt auf der Programmierung.

Vorbereitung

Um loslegen zu können, braucht es drei Sachen:

  1. DOSBox
  2. Turbo C
  3. Zeit

Für die DOSBox gibt es unzählige Anleitungen. Deshalb will ich diesbezüglich nur die wichtigsten Schritte nennen.

DOSBox

Aktuell ist die Version 0.74-3. Einfach die Version für euer Betriebssystem herunterladen und ggf. installieren. Wenn ihr Windows habt, schaut im Ordner nach, in welches DOSBox installiert wurde: da müsste die Datei „DOSBox 0.74-3 Options.bat” liegen. Diese müsst ihr starten, um DOSBox zu konfigurieren. In anderen Betriebssystemen müsst ihr die entsprechende .conf-Datei suchen. Hier ein paar meiner wichtigsten Einstellungen, die ihr entsprechend bei euch ändern bzw. ergänzen solltet:

Die meisten Sachen braucht man nicht für Turbo C, aber so habt ihr das schon recht gut konfiguriert, falls ihr noch ein wenig zocken wollt.

Wichtig: die drittletzte Zeile beachten! Hier bestimmt ihr, welcher Ordner eure virtuelle Festplatte für DOSBox ist. Bei mir ist das e:\dos\. Hier müsst ihr dann alles (am besten mit Unterordnern) ablegen, was ihr in der DOSBox ausführen wollt.

Turbo C 2.01

Nun zur Entwicklungsumgebung. Einfach auf die oben verlinkte Seite. Rechts im Fenster „DOWNLOAD OPTIONS” die ZIP herunterladen. In der ZIP findet ihr den Ordner „TC”. Diesen kopiert ihr in euer DOS-Verzeichnis.

Wer möchte, kann sich auch die SAMPLES rüber kopieren, für dieses kleine Tutorial wird es aber nicht benötigt.

Nun startet ihr die DOSBox. Wenn ihr auf C: seid, gebt ihr cd tc ein, um im Ordner von Turbo C zu landen. Anschließend müsst ihr nur noch tc eingeben.

Alternativ könnt ihr auch Borland Turbo C++ 3.0 verwenden. Das ist etwas komfortabler, bietet bspw. Mausunterstützung. Im verlinkten Download befindet sich eine EXE Datei, die ihr in einen Ordner mit dem Namen „TC” kopiert und startet. Dann wird alles entpackt. Dateien auf Nachfrage einfach überschreiben.

Wichtig: Um die Beispiele unter Borland Turbo C++ 3.0 ausführen zu können, musst ihr die Dateien ZWINGEND als .c und nicht als .cpp abspeichern! Außerdem gab es Probleme mit den Zeichen [, ], { und }, wenn man die deutsche Tastatureinstellung hat. Entweder stellt man in der DOSBox-Config die Tastatur auf us, oder man verwendet folgende Tastenkombinationen:

  • Alt+91 = [
  • Alt+93 = ]
  • Alt+123 = {
  • Alt+125 = }

Hallo Welt

Es ist ratsam, das Programm mit F2 zu speichern. Die Endung sollte .c sein, also geben wir hallo.c ein.

Nun speichern und ausführen. Ausführen kann man es mit Strg+R und dann auf Run.

hello
Hallo Welt in Turbo C

Doch was haben wir nun getan? Schauen wir es uns in kleinen Abschnitten an.

Diese beiden Anweisungen binden die Header-Dateien <stdio.h> und <conio.h> in das Programm ein. Die erste Header-Datei enthält Funktionen für die Ein- und Ausgabe von Daten, während die zweite Header-Datei Funktionen für die Konsoleneingabe und -ausgabe bereitstellt.

Hier beginnt die main-Funktion, die in jedem C-Programm benötigt wird und den Startpunkt des Programms darstellt.

Die Funktion clrscr aus der Header-Datei <conio.h> löscht den Bildschirm, indem sie den Konsolenpuffer mit Leerzeichen füllt.

Die Funktion printf aus der Header-Datei <stdio.h> gibt eine formatierte Zeichenkette auf der Konsole aus. Hier wird die Zeichenkette "HELLO WORLD!\n" mit einem Zeilenumbruch am Ende (\n) ausgegeben.

Die Funktion getch aus der Header-Datei <conio.h> wartet darauf, dass der Benutzer eine Taste drückt, und gibt die ASCII-Code des gedrückten Zeichens zurück.

Die Funktion main gibt den Wert 0 zurück, um anzuzeigen, dass das Programm erfolgreich ausgeführt wurde.

Grafikmodus und Rechteck zeichnen

Das war schon ganz nett, aber sicher nicht beeindruckend. Also schalten wir in den Grafikmodus um und zeichnen ein rotes Rechteck.

Wir erstellen eine neue Datei und nennen sie rectangl.c. Moment, fehlt da nicht ein „e”? Ja, aber die Grenze für Zeichen bei Datei- und Ordnernamen liegen unter DOS bei 8.

Der Code ist ebenfalls recht übersichtlich:

Nun schauen wir es uns genauer an.

Wir importieren zwei Bibliotheken, die für Grafikanwendungen in C gebraucht werden:

  • graphics.h: Diese Bibliothek enthält Funktionen für die Erstellung von Grafiken wie das Zeichnen von Linien, Rechtecken, Kreisen usw. Sie wird normalerweise in Programmen für die Erstellung von 2D-Spielen oder Benutzeroberflächen verwendet.
  • stdlib.h: Diese Bibliothek enthält allgemeine C-Funktionen wie das Konvertieren von Zeichenketten in Zahlen oder die Generierung von Zufallszahlen.

Wir rufen wieder das Hauptprogramm auf. Manchmal findet man im Internet auch void main(). Ich muss anmerken, dass das in C kein Standard ist und es normalerweise als fehlerhaft angesehen wird. Das korrekte Hauptprogramm sollte immer int main() lauten. Die Verwendung von void main() kann in einigen Fällen dazu führen, dass das Programm auf bestimmten Plattformen oder unter bestimmten Bedingungen nicht korrekt funktioniert.

Diese Zeile deklariert zwei Variablen vom Typ int: gd und gm. gd wird auf DETECT initialisiert, was in der Graphics-Bibliothek von Turbo C bedeutet, dass das Grafiktreiber-System automatisch erkannt werden soll, d. h. das Programm versucht, den Grafiktreiber automatisch auszuwählen, der auf dem aktuellen System verfügbar ist. gm wird noch nicht initialisiert, wird aber später benötigt, um den Grafikmodus festzulegen.

initgraph initialisiert die Grafiktreiber und legt die Grafikumgebung fest. Die Funktion hat drei Parameter:

  • gd ist ein Pointer auf eine Variable, die den Grafiktreiber identifiziert, den du verwenden möchtest.
  • gm ist ein Integer, der die Auflösung und die Farbtiefe der Grafik definiert.
  • "" ist ein leerer String und wird verwendet, um das Fenster zu benennen, in dem die Grafik gezeichnet wird.

In diesem Fall ist gd der Wert DETECT, was bedeutet, dass die Bibliothek versucht, den Grafiktreiber automatisch zu erkennen. gm ist zunächst nicht initialisiert, wird aber später auf einen bestimmten Wert gesetzt. Der leere String gibt an, dass das Fenster keinen Namen haben soll.

Diese beiden Zeilen setzen die Farbe auf Rot und zeichnen ein Rechteck mit den Koordinaten (100, 100) für die obere linke Ecke und (200, 200) für die untere rechte Ecke. Da wir zuvor die Farbe auf Rot gesetzt haben, wird das Rechteck in Rot gezeichnet.

getch() wartet auf eine Eingabe von der Tastatur, bevor das Programm beendet wird. Es ist sozusagen eine Pause am Ende des Programms, damit der Benutzer Zeit hat, das Ergebnis des Programms zu betrachten.

closegraph() beendet die Grafikbibliothek und gibt den Speicher frei, der von ihr verwendet wurde. Es wird normalerweise am Ende des Programms aufgerufen, um sicherzustellen, dass die Grafikumgebung sauber geschlossen wird.

Drehendes Rechteck

Wie man sehen kann, machen wir in C viele Dinge selbst, die uns bspw. in GML abgenommen werden. Das ist hilfreich, um zu verstehen, was im Hintergrund tatsächlich passiert. Nun wollen wir ein drehendes Rechteck anzeigen lassen.

Theorie

Wenn wir rectangle verwenden, übergeben wir vier Argumente. Das Problem ist, dass sie nur vertikale und horizontale Linien zeichnet. Wenn wir es im Kreis drehen lassen wollen, funktioniert das nicht. Wir müssen also vier Linien einzeln zeichnen und deren Winkel sowie Positionen neu berechnen.

Kurz: Hier geht es ans Eingemachte. Die Mathematik dahinter erspare ich euch bzw. würde dieses Tutorial etwas sprengen.

Die Berechnung der Linien lagern wir aus. In einer Endlosschleife lassen wir anschließend das Rechteck, welches nun aus vier einzelnen Linien besteht, drehen.

Code

Wir stellen gleich mehrere Sachen fest:

  1. Es ist deutlich mehr Code
  2. Wir brauchen im Header mehr Dinge
  3. Wir haben neben der Main-Funktion noch drawRotatingRectangle
  4. Wir erkennen eine While-Schleife

Erklärungen

Header

Dieser Code lädt die erforderlichen Bibliotheken und Funktionen, die in einem Grafikprogramm benötigt werden. Die „stdio.h” Bibliothek wird verwendet, um den Text auf der Konsole auszugeben, „conio.h” wird verwendet, um auf eine Tastatureingabe zu warten, „math.h” wird verwendet, um mathematische Funktionen wie Sinus und Cosinus zu berechnen. Den Rest kennt ihr bereits.

drawRotatingRectangle

Diese Funktion zeichnet ein rotierendes Rechteck mit einer gegebenen Breite, Höhe und Winkel. Die Parameter x und y geben die Koordinaten des Mittelpunkts des Rechtecks an, während der Parameter angle den Winkel der Rotation in Radiant angibt.

Die Funktion verwendet die trigonometrischen Funktionen sin und cos, um die Koordinaten der Eckpunkte des ursprünglichen Rechtecks auf ihre neuen Positionen nach der Rotation zu transformieren. Die vier Eckpunkte werden dann um die Mittelpunktskoordinaten verschoben und durch vier Linien verbunden, um das rotierende Rechteck zu zeichnen.

Die Funktion arbeitet wie folgt:

  • Es werden die Sinus- und Cosinuswerte des Winkels berechnet.
  • Es werden die Koordinaten der vier Eckpunkte des ursprünglichen Rechtecks relativ zum Mittelpunkt berechnet.
  • Jeder Eckpunkt wird um den Mittelpunkt verschoben, um die tatsächlichen Koordinaten zu erhalten.
  • Die vier Eckpunkte werden durch Linien verbunden, um das rotierende Rechteck zu zeichnen.

main()

  1. Die main-Funktion wird definiert.
  2. Zunächst werden zwei Variablen gd und gm definiert, wobei gd mit DETECT initialisiert wird.
  3. Es werden vier weitere Variablen definiert: x, y, width und height, die die Koordinaten und Abmessungen des Rechtecks darstellen, das gezeichnet wird. Die Variable angle wird ebenfalls definiert und auf 0.0 gesetzt, was die Startposition des Rotationswinkels ist.
  4. Mit initgraph() wird das Grafiksystem initialisiert.
  5. Mit setcolor() wird die Farbe des Rechtecks auf Rot gesetzt.
  6. Die while-Schleife wird ausgeführt, solange keine Taste gedrückt wird (kbhit() gibt 0 zurück, solange keine Taste gedrückt wurde).
  7. In jedem Schleifendurchlauf wird die Bildschirmfläche gelöscht (cleardevice()) und die Funktion drawRotatingRectangle() wird aufgerufen, um ein rotierendes Rechteck anzuzeigen.
  8. Der Winkel wird mit 0,1 erhöht, um eine Rotation zu erzeugen.
  9. Es wird eine Pause von 160 Millisekunden eingelegt, bevor der nächste Schleifendurchlauf beginnt. Der Wert kann Variieren, je nach System und gewünschter Geschwindigkeit.
  10. Nach dem Verlassen der Schleife wird das Grafiksystem mit closegraph() geschlossen und die Funktion kehrt zurück 0 als Rückgabewert zurück.

Es ist üblich, die main()-Funktion in C-Programmen am Ende des Codes zu platzieren. Das hat technische Gründe, da die Funktionen, die in der main() aufgerufen werden, zuvor deklariert werden müssen. Wenn man sie am Anfang des Codes deklariert, kann das die Lesbarkeit des Codes beeinträchtigen. Wenn sie jedoch am Ende des Codes deklariert werden, kann man sie nach der main() platzieren, wodurch der Code lesbarer und verständlicher wird.

Man kann Funktionen und Variablen in separate Header-Dateien auslagern und sie dann in der Hauptdatei inkludieren. Das hat den Vorteil, dass der Code modularer wird und einzelne Teile leichter wiederverwendet werden können. Es kann auch die Kompilierzeit reduzieren, indem nur die benötigten Teile des Codes kompiliert werden.

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