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Macintosh

Das Marketing war, zumindest größtenteils, Apples Stärke. Dabei konzentrierten sie sich nicht, wie andere Hersteller, auf technische Werte, sondern auf Emotionen und einprägsame Werbesätze. Der Apple II wurde u. a. damit beworben, dass er der meistverkaufte Computer wäre. Dies stimmte erst Jahre später, aber die Menschen glaubten es.

In Deutschland warb Apple mit Sätzen wie „Kluge Leute sind es, die einen APPLE besitzen.“ Später ging der Konzern dazu über, seine Produkte als „Sexy“ zu vermarkten, vor allem im Vergleich zu Windows-PCs. Mit den iPhones gelang es Apple sogar, tiefgreifende Emotionen zu wecken. Dies wurde neurologisch untersucht und man stellte bspw. Unterschiede zwischen Android und iPhone-Nutzern fest. Während Erstere beim Gedanken an ihre Geräte Hirnregionen im eher rationalen Bereich aktivierten, waren bei Apple-Kunden Bereiche aktiv, wie man sie lediglich bei Familie und guten Freunden nutzte. Böse Zungen behaupten, dies sei das Resultat von Gehirnwäsche.

Macintosh 128k
Macintosh 128k (Foto: Wikipedia)

Die bemerkenswerteste Kampagne betraf den Macintosh. Der einminütige Spot wurde während des Super Bowls 1984 gezeigt und schlug ein wie eine Bombe. In Anlehnung an George Orwells Buch „1984“ zeigt die Szene grau gekleidete Menschen, die im Gleichschritt marschieren, um sich in einer Halle der Propaganda zu unterziehen. Zwischendurch wird eine sportliche Blondine eingeblendet, die mit einem großen Hammer durch die eintönigen Gänge rennt, bis sie schließlich mit roten, kurzen Hosen und einem weißen Oberteil bekleidet, die Halle erreicht. Verfolgt von Polizisten mit Schutzausrüstung und Schlagstöcken stellt sie sich vor die Leinwand, schwingt den Hammer im Kreis und zerstört diese mit einer beeindruckenden Explosion. Anschließend kommt ein Schriftzug, der von einer Männerstimme vorgelesen wurde: „On January 24th, Apple Computer will introduce Macintosh. And you’ll see why 1984 won’t be like ‚1984‘.“

Einfach genial. Der Spot zielte indirekt auf Commodore und IBM ab. Vor allem Steve Jobs behauptete, IBM würde keine offenen Standards zulassen und bezeichnete den Großkonzern als das, was Apple, u. a. durch den Macintosh, wurde. Es braucht nicht viel Phantasie, um in die Werbung hineinzuinterpretieren, die grauen Männer im Spot wären eigentlich Apple-Kunden, die alles akzeptierten, was ihnen Steve Jobs auf der Leinwand erzählte. Wenn man sich die Vorstellungen des iPods (2001) und iPhones (2007) anschaut, könnte man zu dem Schluss kommen.

Doch was machte den Macintosh nun so außergewöhnlich, abgesehen vom Einführungspreis von 2.495 USD?

Steve Jobs und Macintosh
Steve Jobs und Macintosh Januar 1984 (Foto: Wikipedia)

Die Hauptplatine, ein 23-cm-CRT-Monitor und ein Diskettenlaufwerk waren in einem beigefarbenen Gehäuse mit integriertem Tragegriff untergebracht. Er wurde mit einer Tastatur und einer Ein-Tasten-Maus geliefert.

Das Herzstück des Computers war ein Motorola 68000-Mikroprozessor mit einer Taktfrequenz von 7,8336 MHz, der mit einem 128 KB großen Arbeitsspeicher verbunden war, den sich der Prozessor und der Display-Controller teilten. Die Boot-Prozedur und einige Betriebssystem-Routinen waren in einem zusätzlichen 64 KB großen ROM-Chip enthalten. Apple bot keine RAM-Aufrüstungen an. Anders als beim Apple II wurden keine Quellcode-Listen der Macintosh-System-ROMs angeboten.

Das RAM im Macintosh bestand aus sechzehn DRAMs. Der 68000 und der Videocontroller griffen während der Anzeige des Bildpuffers abwechselnd alle vier CPU-Zyklen auf den DRAM zu, während der 68000 solange der vertikalen und horizontalen Austastlücken uneingeschränkten Zugriff auf den DRAM hatte. Eine solche Anordnung verringerte die Gesamtleistung der CPU bei den meisten Codes um bis zu 35 %, da die Anzeigelogik den Zugriff der CPU auf das RAM oft blockierte. Trotz der nominell hohen Taktrate führte dies dazu, dass der Computer langsamer lief als einige seiner Konkurrenten, was zu einer effektiven Taktrate von knapp 6 MHz führte.

Das eingebaute Display war ein schwarz-weißer Ein-Bit-CRT-Bildschirm mit einer festen Auflösung von 512 × 342 Pixeln, der den Apple-Standard von 72 ppi (Pixel pro Zoll) verwendete. Erweiterung und Vernetzung erfolgten über zwei nicht standardisierte serielle RS-422-DE-9-Anschlüsse mit den Bezeichnungen „Drucker“ und „Modem“. Ein externes Diskettenlaufwerk konnte über einen proprietären Anschluss angeschlossen werden.

Die Originaltastatur hatte keine Pfeiltasten, keinen Ziffernblock und keine Funktionstasten. Dies war eine bewusste Entscheidung von Apple, da diese Tasten auf älteren Plattformen üblich waren und man dachte, dass die Hinzufügung dieser Tasten Softwareentwickler dazu ermutigen würde, ihre bestehenden Programme einfach auf den Mac zu portieren, anstatt neue Programme um das GUI-Paradigma herum zu entwerfen. Später stellte Apple einen Ziffernblock für den Macintosh 128K zur Verfügung. Die Tastatur, die mit dem neueren Macintosh Plus Modell verkauft wurde, enthielt den Ziffernblock und Pfeiltasten, aber immer noch keine Funktionstasten.

Innenleben des Macintosh Plus
Innenleben des Macintosh Plus (Foto: Wikipedia)

Die Maus hatte, wie beim Apple Lisa zuvor, nur eine Taste. An eine Mono-Klinkenbuchse konnten auch Standard-Kopfhörer angeschlossen werden. Apple bot sogar seine 300- und 1200-Baud-Modems an, die ursprünglich für die Apple-II-Reihe entwickelt worden waren.

Jobs Idee, auch hier auf Lüfter zu verzichten, führte zum häufigen Ausfall kostspieliger Komponenten. Ein Ärgernis, das sich durch die ersten vier Macintosh-Modelle zog. Das Problem war so groß, dass mehrere externe Lüfterlösungen von Drittanbietern eingeführt wurden, wie der MacFan, der Mac N Frost, der Fanny Mac und der Kensington System Saver. Diese Geräte wurden in den Steckplatz für den Tragegriff des Macintosh eingebaut und erzeugten einen erzwungenen Luftzug durch die vorhandenen Lüftungsöffnungen des Computers.

Die Hardware war also nicht optimal und hatte ihre Probleme. Für 1984 sah der Macintosh aber sehr stylisch aus. Dies galt, zumindest teilweise, ebenso für die Software, auch wenn das Betriebssystem sehr langsam war und – im Vergleich zum Amiga – kein Multitasking hatte.

Der Macintosh wurde mit dem allerersten System- und Finder-Programm ausgeliefert, das der Öffentlichkeit als „System 1.0“ bekannt war. Der ursprüngliche Macintosh erlebte drei Upgrades für beide Programme, bevor er eingestellt wurde. Apple empfiehlt System 2.0 und Finder 4.2, wobei System 3.2 und Finder 5.3 das Maximum darstellen. System 4.0 unterstützte offiziell nicht mehr den Macintosh 128K, da es auf 800-KB-Disketten ausgeliefert wurde, die vom 128K nicht verwendet werden konnten.

Die Programme MacPaint und MacWrite wurden mit dem Mac mitgeliefert. Weitere verfügbare Programme waren MacProject, MacTerminal und Microsoft Word. Zu den damals erhältlichen Programmiersprachen gehörten MacBASIC, MacPascal und das Macintosh 68000 Development System. Der Macintosh wurde außerdem mit einem Handbuch und einer einzigartigen Guided-Tour-Kassette ausgeliefert, die zusammen mit der Guided-Tour-Diskette als Tutorial sowohl für den Macintosh selbst als auch für die mitgelieferten Programme diente, da die meisten neuen Macintosh-Benutzer noch nie eine Maus benutzt hatten, geschweige denn eine grafische Benutzeroberfläche bedienen konnten.

Erik Sandberg-Diment von der New York Times erklärte im Januar 1984, dass der Macintosh „eine Revolution im Bereich der persönlichen Datenverarbeitung vorwegnimmt“. Obwohl er größere Bildschirme vorzog und das Fehlen von Farbe als „Fehler“ bezeichnete, lobte er das „erfrischend scharfe und klare“ Display und das Fehlen von Lüftergeräuschen.

Obwohl er sich nicht sicher war, ob der Macintosh „ein zweiter Standard neben Big Blue“ werden würde, schrieb Ronald Rosenberg vom Boston Globe im Februar von „einer Euphorie, dass der Macintosh die Art und Weise verändern wird, wie Amerika rechnet. Jeder, der das winzige Gerät ausprobiert, ist von seinen Funktionen gefesselt“.

Macintosh SE
Macintosh SE (Foto: Wikipedia)

Gregg Williams von BYTE fand im Februar das Hardware- und Software-Design beeindruckend (das seiner Meinung nach „nachgeahmt, aber nicht kopiert“ werden würde), kritisierte aber das Fehlen eines standardmäßigen zweiten Diskettenlaufwerks. Er sagte voraus, dass der Computer den 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk-Standard verbreiten würde, dass der Macintosh den Ruf von Apple verbessern würde und dass er „IBMs Vorherrschaft auf dem Markt für Personalcomputer verzögern würde.“

Jerry Pournelle, ebenfalls von BYTE, fügte hinzu, dass „der Macintosh nur dann ein Schnäppchen ist, wenn man ihn zu dem stark ermäßigten Preis bekommt, der den Lehrkräften und Studenten der bevorzugten 24 Universitäten im Macintosh-Konsortium angeboten wird.“ Er wies jedoch darauf hin, dass der Macintosh Menschen anzieht, „die zuvor Computer gehasst haben […] Offenbar gibt es etwas an Mäusen, Pull-Down-Menüs und Symbolen, das Menschen anspricht, die zuvor von A> und dergleichen eingeschüchtert waren.“

Ein Problem am Macintosh waren die fehlenden Farben. Zwar war die Bildschirmauflösung ziemlich hoch und somit die Schriften auf dem kleinen Bildschirm, vor allem im Vergleich zum Apple II, sehr scharf, aber der Umstand, dass nur Schwarz und Weiß dargestellt wurden, nervte auch einige Apple-Mitarbeiter. So gibt es die Geschichte, dass Jobs bei einem Rundgang einen Angestellten fragte, was er da tue. Dieser antwortete, er würde an einem Farbmodus für den Mac arbeiten. Jobs verbot ihm, daran weiterzuarbeiten. „Niemand will auf einem Mac Farben sehen!“

Power Macintosh von 1995
Power Macintosh von 1995 (Foto: Wikipedia)

Mit dem Macintosh sprach Apple vor allem Menschen an, die mit Technik nichts am Hut hatten oder haben wollten. Das System wurde simplifiziert, die Einstiegshürde in die Computerwelt massiv gesenkt. Die ernstzunehmende Kritik an Apples Politik war nicht der Einsatz von Maus und einer grafischen Benutzeroberfläche, sondern der Entzug der Kontrolle durch den Benutzer. Etwas, dass sich bis heute durch die Firmengeschichte zieht, auch wenn sich Apple diesbezüglich besserte.

Dave Haynie, ehemaliger Commodore Mitarbeiter, hatte seine eigene Meinung: „Ich war kein Mac-Freund. Es war die dumme Blondine der Computerwelt.“

Im Kern geht es darum, dass Apple-User nur das machen dürfen, was der Konzern erlaubt. Ein mehr oder weniger offenes System, wie etwa bei PCs, dem Amiga und natürlich dem Apple II, suchte man hier vergeblich. Das führte auch firmenintern zu merkwürdigen Verhaltensweisen.

 Macintosh 128KAmiga 1000Atari 260ST
Erscheinungsjahr:198419851985
Betriebssystem:System 1AmigaOSTOS
Prozessor:Motorola 68000Motorola 68000Motorola 68000
Taktfrequenz:7,8336 MHz (effektiv 6 MHz)7,14 MHz (NTSC-Version)8 MHz
RAM:128 KB256 KB512 KB
RAM erweiterbar:nein512 KB1 MB
Auflösungen und max. Farben:512×342/2320×256/32
640×256/16
320×200/16
640×200/4
Farbpalette:24096512
Sound:8-Bit Mono4 x 8-Bit PCM, Stereo2 x 8-Bit PCM, Stereo
Midi-Anschluss:neinneinja
Floppy:3,5“ – 400 KB3,5“ – 880 KB3,5“ – 360 KB
Einführungspreis:2.495,00 $1.285,00 $799,99 $

 

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Tim
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Tim
30. März 2023 4:29

Danke für den tollen, sehr ausführlichen Bericht.