• 50Minuten
blank

Der erste Apfel

Im März 1975 nahm Steve Wozniak an der ersten Sitzung des Homebrew Computer Club in der Garage von Gordon French teil. Er war total begeistert und fing sofort an, während seiner Arbeit bei HP, an etwas zu basteln, was ein Jahr später der Apple I werden sollte. Doch bei allem Enthusiasmus hatte er ein kleines Problem: Er bekam die Maschine nicht zu laufen. Insbesondere mit dem 6502 Prozessor hatte er seine Schwierigkeiten.

Der MOS-Ingenieur Chuck Peddle und der Vertriebsleiter Petr Sehnal tourten durch die Westküste, um den neuen Prozessor zu bewerben. Als sie bei Atari waren, meinte Sehnal: „Hey, da basteln ein paar Jungs in einer Garage an einer Maschine, die nicht funktioniert. Wir haben ein Entwicklungssystem dabei. Warum gehen wir nicht hin und helfen ihnen?“ Einen Nachmittag später lief das System.

Im Februar 1976 ist es soweit: Wozniak stellt sein Werk dem Homebrew Computer Club vor. Die Reaktionen waren verhalten. Ohne gedruckte Leiterplatte wirkte das System noch anwenderfeindlicher als der KIM-1-Bausatz von MOS (ebenfalls 1976). Der Versuch, HP vom Design zu überzeugen, scheitert. Wozniaks Arbeitgeber gibt aber das Design frei, woraufhin am 1. April Apple gegründet wurde. Elf Tage später wurde der Apple I offiziell verkauft.

Apple I
Apple I (Foto: Wikipedia)

Steve Jobs schlug vor, eine einzelne geätzte und mit Siebdruck versehene Leiterplatte zu entwerfen und zu verkaufen – nur die nackte Platte, ohne elektronische Teile. Wozniak rechnete vor, dass das Design der Platine 1.000 Dollar und die Herstellung weitere 20 Dollar pro Platine kosten würde. Er hoffte, seine Kosten wieder hereinzuholen, wenn 50 Leute die Platinen für 40 Dollar pro Stück kaufen würden. Um dieses kleine Projekt zu finanzieren, verkaufte Jobs seinen Lieferwagen und Wozniak seinen programmierbaren Taschenrechner HP-65.

Schon bald darauf arrangierte Steve Jobs den Verkauf von etwa 50 fertig gebauten Computern an den Byte Shop (ein Computerladen in Mountain View, Kalifornien) zu je 500 Dollar. Um den Auftrag im Wert von 25.000 Dollar zu erfüllen, beschafften sie 20.000 Dollar an Teilen mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen netto und lieferten das fertige Produkt innerhalb von 10 Tagen.

Der Apple I wurde schließlich im Juli 1976 zu einem Preis von 666,66 US-Dollar verkauft, weil Wozniak „gerne Zahlen wiederholte“ und weil er einen Aufschlag von einem Drittel auf den Großhandelspreis von 500 US-Dollar erhielt. Es wurden etwa 200 Geräte produziert, und bis auf 25 wurden alle innerhalb von neun bis zehn Monaten verkauft.

Wozniaks Entwurf verwendete ursprünglich einen Motorola 6800-Prozessor, doch der war viel zu teuer, weshalb er sich für den 6502 von MOS entschied. Die CPU lief mit 1,022727 MHz, einem Bruchteil des NTSC-Farbträgers, was die Videoschaltung vereinfachte. Der Speicher nutzte die neuen 4K-Bit-DRAM-Chips die auf 8 KiB on board oder 64 KiB extern erweiterbar waren. Die Karte war für die Verwendung der nächsten Generation von 16K-Bit-Speicherchips ausgelegt, sobald diese verfügbar waren. Eine optionale Kassettenschnittstellenkarte für 75 $ ermöglichte es dem Benutzer, Programme auf gewöhnlichen Audiokassetten zu speichern. Ein BASIC-Interpreter, der ursprünglich von Wozniak geschrieben worden war, machte es den Anwendern möglich, auf unkomplizierte Weise Programme zu schreiben und einfache Spiele zu spielen. Ein eingebautes Netzteil war ebenfalls vorhanden.

Apple I Werbung
Apple I Werbung (Foto: Wikipedia)

Die Idee, BASIC zu verwenden, basierte wohl auf ein Streitgespräch mit Chuck Peddle. Wozniak setzte auf Assembler und entwickelte hierfür die Sprache SWEET16. Peddle gefiel die Idee zwar, doch er war der Meinung, dass BASIC einfacher war und sich damit mehr Menschen finden würden, die anfingen, zu programmieren.

Die in den Apple I eingebaute Computerterminal-Schaltung mit TV-Composite-Ausgang verwendete Schieberegister und einen Zeichengenerator. Alles, was man brauchte, war ein Fernsehgerät und eine ASCII-Tastatur. Der Apple I wurde nicht mit einem Gehäuse geliefert. Entweder wurde er so genutzt, wie er war, oder man entschied sich für den Bau eigener Gehäuse, meistens aus Holz.

Im Vergleich zu dem, was wir heute unter Computern verstehen, war der Apple I geradezu primitiv. Ein Set für Bastler, eine Platine mit Mikroprozessor, wie es zu dieser Zeit mehrere gab. Dennoch hatte Apple nun zumindest einen Zeh in der Tür der Computerindustrie.

1976, als Commodore bereits am PET arbeitete und Apple ihren ersten Platinen verkauften, stand sogar ein Kauf von Apple seitens Commodore zur Debatte. Der Grund war einfach: Peddle brauchte für den PET schnell einen Prototyp, um etwas vorzeigen zu können. Der Apple I erschien ihm dafür ideal, da er seinen 6502-Prozessor verwendete. Die Geschichte, warum die Verhandlungen scheiterten, sind unterschiedlich. Peddle behauptete, Steve Jobs hätte für die kleine Firma zu viel Geld verlangt. Wozniak hingegen meinte später, er hätte damals Gerüchte gehört, die ihn dazu veranlassten, dem Commodore-Angebot nicht zu trauen.

Neugründung und der zweite Apfel

Am 3. Januar 1977 wurde aus der Apple Computer Company die Apple Computer, Inc., wie sie bis 2007 hieß. Dies geschah ohne Wayne, der nur zwölf Tage nach der Gründung von Apple seinen Anteil an dem Unternehmen für 800 Dollar an Jobs und Wozniak zurückverkauft hatte.

Der Multimillionär Mike Markkula stellte Jobs und Wozniak bei der Gründung von Apple wichtiges geschäftliches Know-how und finanzielle Mittel in Höhe von 250.000 US-Dollar zur Verfügung.

Wozniak war nicht untätig. Während Jobs sich vermehrt um das Marketing kümmerte, arbeitete er an seinem zweiten Computer. Im Juni 1977 war es dann soweit: Apple verkaufte seinen neuen Rechner, der im Vergleich zum Vorgänger als richtiger Computer angesehen wurde. Der Apple II wurde für das Gegenteil berühmt, wofür die Firma Apple später stand: eine offene Architektur.

Bestimmte Aspekte des Systemdesigns wurden von Ataris Arcade-Videospiel Breakout (1976) beeinflusst, das von Wozniak entworfen wurde, der sagte: „Viele Funktionen des Apple II wurden eingebaut, weil ich Breakout für Atari entwickelt hatte. Ich hatte es in Hardware entwickelt. Ich wollte es jetzt in Software schreiben.“ Dazu gehörten die von ihm entworfenen Farbgrafikschaltungen, die Unterstützung von Spiel-Paddles und Sound sowie Grafikbefehle in Integer BASIC, mit denen er Brick Out, einen Software-Klon seines eigenen Hardware-Spiels, schrieb. Wozniak sagte 1984: „Im Grunde wurden alle Spielfunktionen nur eingebaut, damit ich das Spiel, mit dem ich vertraut war […] im Homebrew Computer Club vorführen konnte. Es war der befriedigendste Tag meines Lebens, als ich Breakout vorführte – komplett in BASIC geschrieben. Das schien mir ein großer Schritt zu sein. Nachdem ich Hardware-Arcade-Spiele entwickelt hatte, wusste ich, dass die Möglichkeit, sie in BASIC zu programmieren, die Welt verändern würde.“

Tatsächlich erschienen im Laufe seines Lebenszyklus über 2200 Spiele für den Apple II. Darunter das berühmte Prince of Persia (1989) sowie das erste Multiplayer-Echtzeit-Strategie-Spiel Cytron Masters (1982).

Apple II
Apple II (Foto: Wikipedia)

Der Apple II basierte ebenfalls auf dem 6502-Prozessor. Die Leiterplatte des wurde von Steve Wozniak mehrfach überarbeitet und modifiziert. Die ersten 6.000 ausgelieferten Geräte verwendeten die Revision 0. Spätere Revisionen fügten einen Farbkiller-Schaltkreis hinzu, um Farbsäume zu verhindern, wenn sich der Computer im Textmodus befand. Außerdem Modifikationen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit der Kassetten-E/A. Revision 0 Apple IIs starteten in einem undefinierten Modus und hatten Müll auf dem Bildschirm, so dass der Benutzer Reset drücken musste. Dies wurde in späteren Ausführungen der Karte beseitigt. Diese Version konnten nur vier Farben im hochauflösenden Modus anzeigen, aber Wozniak konnte dies bei späteren Platinenrevisionen auf sechs erhöhen.

Die Platine hatte drei RAM-Bänke für insgesamt 24 RAM-Chips. Die ursprünglichen Apple IIs hatten Jumper-Schalter, um die RAM-Größe einzustellen, und die RAM-Konfigurationen konnten 4, 8, 12, 16, 20, 24, 32, 36 oder 48 KiB betragen.

Im Gegensatz zu den meisten Maschinen waren alle integrierten Schaltkreise auf der Apple II Platine gesockelt. Obwohl dies in der Herstellung teurer war und die Möglichkeit bestand, dass lose Chips eine Fehlfunktion des Systems verursachten, wurde es als vorteilhafter angesehen, um die Wartung und den Austausch defekter Chips zu erleichtern.

Die Farbdarstellung auf dem Apple II beruht auf einer Besonderheit der NTSC-Fernsehsignalnorm, die eine relativ einfache und kostengünstige Implementierung der Farbdarstellung ermöglicht. Die ursprüngliche NTSC-Fernsehsignalspezifikation war schwarz-weiß. Später wurde Farbe hinzugefügt, indem ein 3,58-Megahertz-Zwischenträgersignal dazugegeben wurde, das von Schwarz-Weiß-Fernsehgeräten teilweise ignoriert wurde. Die Farbe wird auf der Grundlage der Phase dieses Signals im Verhältnis zu einem Referenz-Farbburstsignal kodiert. Das Ergebnis ist, dass die Position, Größe und Intensität einer Reihe von Impulsen die Farbinformationen definieren. Diese Impulse können in Pixel auf dem Computerbildschirm übersetzt werden, wobei die Möglichkeit besteht, zusammengesetzte Artefaktfarben zu verwenden.

Apple II
Apple II (Foto: Wikipedia)

Der Apple-II-Bildschirm liefert zwei Pixel pro Unterträgerzyklus. Wenn das Farbburst-Referenzsignal eingeschaltet und der Computer an einen Farbbildschirm angeschlossen ist, kann er Grün anzeigen, indem er ein abwechselndes Muster von Pixeln zeigt. Magenta mit einem entgegengesetzten Muster von abwechselnden Pixeln und Weiß, indem er zwei Pixel nebeneinander platziert. Blau und Orange sind möglich, indem der Pixelversatz um eine halbe Pixelbreite im Verhältnis zum Farbburstsignal verändert wird. Die hochauflösende Anzeige bietet mehr Farben, indem mehr (und schmalere) Pixel in jedem Unterträgerzyklus komprimiert werden.

Der grobe, niedrig auflösende Grafikanzeigemodus funktioniert anders, da er ein Muster von Punkten pro Pixel ausgeben kann, um mehr Farboptionen zu bieten. Diese Muster werden im Zeichengenerator-ROM gespeichert und ersetzen die Textzeichen-Bitmuster, wenn der Computer in den niedrigauflösenden Grafikmodus geschaltet wird. Der Textmodus und der Grafikmodus verwenden den gleichen Speicherbereich und dieselbe Schaltung.

Der Apple II hat keinen eigenen Klangsynthese-Chip, sondern einen Schaltkreis, der nur ein Klicken über einen eingebauten Lautsprecher oder eine Line-Out-Buchse ausgeben kann. Alle anderen Klänge (einschließlich zwei-, drei- und vierstimmiger Musik und der Wiedergabe von Audiosamples sowie der Sprachsynthese) werden vollständig von einer Software erzeugt, die den Lautsprecher genau zum richtigen Zeitpunkt anklickt.

Der ursprüngliche Apple II bot ein Betriebssystem im ROM zusammen mit Integer BASIC. Die einzige verfügbare Speichermöglichkeit war das Kassettenband, das ineffizient langsam und, schlimmer noch, unzuverlässig war. Als Apple sich 1977 gegen das CP/M-Betriebssystem und für Wozniaks Diskettencontroller entschied, beauftragte es Shepardson Microsystems für 13.000 Dollar, ein Apple DOS zu schreiben. Bei Shepardson entwickelte Paul Laughton die Software für das Diskettenlaufwerk in nur 35 Tagen.

Apple DOS wurde durch ProDOS abgelöst, das ein hierarchisches Dateisystem und größere Speichergeräte unterstützte. Mit einer optionalen Z80-basierten Erweiterungskarte eines Drittanbieters konnte der Apple II in das CP/M-Betriebssystem booten und WordStar, dBase II und andere CP/M-Software ausführen. Mit der Veröffentlichung von MousePaint im Jahr 1984 und dem Apple IIgs (1986) nahm die Plattform das Aussehen der Macintosh-Benutzeroberfläche an, einschließlich einer Maus.

Apple II Werbung
Apple II Werbung (Foto: Wikipedia)

Es ist heute nicht einfach zu beantworten, ob der Apple II wirklich „der erste Personal Computer“ war. Bereits im Januar stellte Commodore den PET 2001 vor. Er wurde zwar erst im Juni verkauft, enthielt aber einen integrierten Monitor. Im selben Jahr kam der Tandy TRS-80 Model 1 von RadioShack auf den Markt. Der TRS-80 wurde ab August vertrieben und hatte sowohl einen Bildschirm als auch eine (im Gegensatz zum PET) vollwertige Tastatur.

Auch wenn der PET 2001 keine Farben, Einzelpunktgrafik oder Erweiterungsslots besaß, wirkte er insgesamt ausgereifter.

Zur Einordnung der damaligen Relevanz von Apple II und PET 2001 dient womöglich die West Coast Computer Faire (WCCF) 1977. Zu der Zeit war es die größte Computermesse der Welt, die den Personal Computer in den Haushalten populär machen sollte. Apple stellte nur 1977 auf dieser Messe aus und weigerte sich anschließend, auf einer anderen Messe als der COMDEX auszustellen, auf der auch PC-basierte Produkte vorgestellt wurden.

In der Retrospektive stellt Apple diese Messe, vor allem im 1999 gezeigten Film „Die Silicon Valley Story“, als einen riesigen Erfolg dar, bei dem sich Trauben von Menschen um den Apple-Stand scharen, während alle anderen Hersteller nicht beachtet werden. Magazine wie BYTE, die vor Ort waren, zeichnen ein anderes Bild. Darin wird der Apple II nicht einmal erwähnt. Stattdessen gab es einen ausführlichen Bericht über den PET 2001, inklusive Interview mit Chuck Peddle.

In der März-Ausgabe der BYTE werden beide Computer verglichen. Das Apple-II-Konzept wird gelobt, aber für überarbeitungswürdig empfunden. Der einzige Beitrag von Steve Jobs, nämlich das Gehäuse, wird von Carl Helmers stark kritisiert. Mechanische Probleme machen das Gehäuseoberteil brüchig, die Tastatur kann aus der Verankerung reißen. Zudem ist der Computer nicht richtig abgeschirmt, was zu Interferenzen auf dem Fernsehschirm führt.

Autor

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

1 Kommentar
Älteste
Neueste Meistgewählt
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Tim
Gast
Tim
30. März 2023 4:29

Danke für den tollen, sehr ausführlichen Bericht.