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Hi-Toro

Der Name bedeutet in etwa so viel wie „hoher Bulle“. Bereits Anfang der 1980er Jahre war es nicht einfach, ein neues Technologieunternehmen zu gründen. Die Zeiten, in denen man in der Garage Hardware zusammenschraubte, waren, zumindest aus finanzieller Sicht, vorbei. So waren Jay Miner und seine Kollegen auf Geldgeber angewiesen. Ein Problem, welches sich durch die ganze Firmengeschichte zog. Die anfängliche Startfinanzierung wurde von drei Zahnärzten in Florida zur Verfügung gestellt, die motiviert waren, vom grassierenden Videospielfieber zu profitieren.

Mit dem Startkapital konnte Hi-Toro 1982 gegründet und die ersten Büroräume im Gebäude Nr. 7, 3350 Scott Boulevard in Santa Clara bezogen werden. Die Idee bestand darin, mehrgleisig zu fahren. Larry Kaplan sollte Spiele für den Atari 2600 und andere Systeme entwickeln. Jay Miner war für Chipdesign und Hardware verantwortlich. Doch Kaplan ging die Entwicklung der Firma nicht schnell genug und verließ diese bereits im Gründungsjahr.

Hi-Toro war als Videospielfirma gedacht, die neben den Spielen Zubehör wie Joysticks entwickelte. Durch den Einfluss von Jay Miner änderte sich, zumindest im Hintergrund, diese Richtung. Bereits sehr früh wollten sich auch die Investoren aus dem Unternehmen zurückziehen, um ihr Geld in eine Eiscremekette zu stecken. Miner stellte ihnen ein Konzept für eine Spielekonsole vor und überzeugte sie davon, zu bleiben.

Ebenfalls 1982 kam es zur Namensänderung von Hi-Toro. Auslöser waren gleichfalls die Investoren, denen die Ähnlichkeit zum japanischen Hersteller für Rasenmäher, The Toro Company, missfiel. Der neue Name sollte im Telefonbuch vor Apple und Atari stehen, somit wurde ein Wörterbuch bemüht. „Amigo“, das spanische Wort für „Freund“, ist positiv besetzt und im Englischen gebräuchlich. Um es attraktiver klingen zu lassen, wählte man „Amiga“, also „Freundin“. Miner selbst mochte ihn nicht, aber er gewöhnte sich mit der Zeit daran und lernte ihn schätzen.

Amiga Corporation

Bereits vor der Umbenennung begann die Entwicklung einer neuen 68000-basierten Spielkonsole mit dem Codenamen „Lorraine“, die zu einem vollwertigen Computer aufgerüstet werden konnte. Um Geld für das Lorraine-Projekt zu beschaffen, entwarf und verkaufte Amiga Joysticks und Spielkassetten für populäre Spielkonsolen wie den Atari 2600 und das ColecoVision, sowie ein seltsames Eingabegerät namens Joyboard, im Wesentlichen ein Joystick, auf dem der Spieler stand.

First Amiga Logo
Das erste Amiga Logo (Bild: Wikipedia)

Während der Entwicklung im Jahr 1983 hatte Amiga das Risikokapital aufgebraucht und war verzweifelt auf der Suche nach einer weiteren Finanzierung. Jay Miner wandte sich an seinen ehemaligen Arbeitgeber Atari, der Amiga dafür bezahlte, die Entwicklungsarbeit fortzusetzen. In dieser Zeit setzte ein Abschwung im Videospielgeschäft ein, der sich bald zu einem regelrechten Absturz entwickelte: Den Videospiel-Crash von 1983.

Während Atari vor der Pleite stand, braute sich bei Commodore International der Streit zwischen Jack Tramiel und Irving Gould, zusammen. Am 13. Januar 1984 verließ Tramiel das Unternehmen und kaufte später Atari, wodurch der mit Amiga abgeschlossene Vertrag ebenfalls in seine Hände fiel. Zwischen Amiga und Tramiel gab es bereits vor dem Kauf von Atari (und nach dem Aus bei Commodore) erste Gespräche, doch diese lösten sich schnell in Luft auf, nachdem Tramiel klar machte, dass er nur an der Technologie, aber nicht an den Mitarbeitern interessiert sei.

Amiga Joyboard
Amiga Joyboard (Foto: Wikipedia)

BYTE hatte im April 1984 berichtet, dass Amiga „einen 68000-basierten Heimcomputer mit einem speziellen Grafikprozessor entwickelt. Mit 128K Bytes RAM und einem Diskettenlaufwerk wird der Computer Berichten zufolge Ende des Jahres für weniger als $1000 verkauft werden“. Es stellte sich heraus, dass Amiga den eigenen Chipsatz bis zum 30. Juni 1984 an Atari Inc. liefern sollte oder die Firma und ihre Technologie aufgeben würde.

Mit der schnell näher rückenden Deadline und immer noch nicht genug Geld, um die Entwicklung zu beenden, ging die Amiga-Crew in Alarmbereitschaft, nachdem sie Gerüchte gehört hatte, dass Tramiel in Verhandlungen war, um den Kauf von Atari in einigen Tagen abzuschließen. Sie erinnerten sich an Tramiels Besuch im Frühjahr und begannen, sich um einen weiteren großen Investor zu bemühen. Etwa zur gleichen Zeit, als Tramiel mit Atari verhandelte, nahm Amiga Gespräche mit Commodore auf. Diese führten dazu, dass Commodore Amiga komplett kaufen wollte, was (aus Commodores Sicht) alle ausstehenden Verträge annullieren würde. Anstatt dass Amiga den Chipsatz an Atari lieferte, übergab Commodore im Namen von Amiga einen Scheck in Höhe von 500.000 Dollar an die Atari Corp. und gab damit die in Amiga investierten Mittel für die Fertigstellung des Lorraine-Chipsatzes zurück.

Der Scheck wurde persönlich bei Atari abgegeben. Ein Mitarbeiter war darüber irritiert und rief bei Jack Tramiel an, um zu fragen, was er machen soll. Tramiels Antwort fiel knapp aus: „Wenn dir jemand einen Scheck über 500.000 Dollar anbietet, dann nimm ihn an!“ Erst kurz darauf wurden ihm die Zusammenhänge klar.

Amiga Power Stick
Amiga Power Stick (Foto: Wikipedia)

Tramiel sah die Chance, ein gewisses Druckmittel zu erlangen, und nutzte die Situation sofort, um über die neue Tochtergesellschaft von Commodore Gegenklage zu erheben, was am 13. August 1984 geschah. Er verlangte Schadensersatz und eine einstweilige Verfügung, um Amiga (und damit Commodore) daran zu hindern, irgendetwas mit dieser Technologie zu produzieren. Die Klage versuchte, Commodores neue Akquisition (und die Quelle für die nächste Generation von Computern) unbrauchbar zu machen.

In der Zwischenzeit saß das Amiga-Team bei Commodore fast den ganzen Sommer über wegen der Klage in der Schwebe. Schließlich informierte Commodore das Team im Herbst 1984, dass das Lorraine-Projekt wieder aktiv sei, der Chipsatz verbessert, das Betriebssystem entwickelt und das Hardware-Design abgeschlossen sei.

Von diesem Zeitpunkt an war die ehemalige Amiga Corporation eine Abteilung von Commodore. Im Laufe der nächsten Jahre empfanden viele Mitarbeiter das Management von Commodore als ebenso lästig wie das von Atari, und die meisten Teammitglieder verließen das Unternehmen oder bekamen eine Kündigung. In der Zwischenzeit nutzte Atari diese Zeit, um den Atari ST Computer fertigzustellen und zu veröffentlichen, nur wenige Monate vor der Veröffentlichung des Amiga.

Beide Rechtsstreitigkeiten wurden schließlich im März 1987 beigelegt, als sich Commodore und Atari Corp. außergerichtlich in einem Vergleich einigten.

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