Anfang der 2000er war das Genre der Point and click Adventure ziemlich tot. Sierra Entertainment röchelte nur noch vor sich hin, Lucas Arts widmete sich vorwiegend anderen Genres und die Fachpresse stimmte Beerdigungslieder an.
Rekapitulation
Adventure waren in den 1980er Jahren eines der beliebtesten Genres. Die Gründe sind vielfältig. Sie verbrauchten relativ wenig Ressourcen, sahen aufgrund der langsamen Bewegung (meistens bewegte sich nur die Spielfigur über den Bildschirm) recht gut aus (man konnte auf den Standbildern mehr Details unterbringen) und schafften es, für nahezu alle Altersgruppen, Spielspaß zu bieten. Bis Anfang/Mitte der 1990er hat sich das Genre weiterentwickelt und wurde vorwiegend von Sierra und Lucas Arts perfektioniert.
Man kann dem Genre durchaus eine gewisse Stagnation vorwerfen, aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Exemplarisch ist hier die Quest for Glory Reihe zu nennen, die 1989 mit EGA Grafik startete und 1998 mit 3D endete. Die spielerische Weiterentwicklung bestand – wie sollte es anders sein – aus Rollenspielelementen, wie etwa verschiedenen Klassen, die unterschiedliche Lösungswege verlangten. Das gigantische Abenteuer war bereits damals in der Lage, gefällte Entscheidungen von einem Teil in den nächsten zu übernehmen.
Das alles erhöhte den Wiederspielwert enorm. Einem Problem, mit dem das Genre immer zu kämpfen hatte. Andere Genres schoben einfach ein Addon oder Levelpacks nach. Das war bei einem Adventure mit einer abgeschlossenen Handlung nicht ganz so einfach. Somit mussten mehr Handlungszweige, mehr dynamische Elemente und, wie bei QfG, Rollenspielelement eingeführt werden, deren Realisierung und Balance im alten Genre nicht so einfach war.
Es war eine besondere Herausforderung, das Spektrum der Rätsel so zu erweitern, dass es mehr als alles Andere zum Genre passte. Im Kern waren Adventures Spiele, in denen Räume erforscht und Dialoge geführt wurden. Letzteres diente auch dazu, Hinweise für neue Rätsel zu erhalten. Objekte wurden eingesammelt, ggf. im Inventar kombiniert und an anderer Stelle eingesetzt. So lief der Spieler meist stundenlang vor besseren Fototapeten hin und her um eine Geschichte ins Rollen zu bringen. Mit den Jahren wurden die Rätsel durch Schalter, Schieberätsel, mal mehr, mal weniger leichten Puzzles und Minispielen ergänzt oder aufgelockert. Nur selten waren Spielelemente und Szenen dabei, die man gerne Freunden gezeigt hätte. In den späteren Leisure Suit Larry-Teilen setzte man ausschließlich auf Minispiele und alberne Dialoge, was grandios scheiterte.
Nicht vergessen darf man auch die Entwicklung der Konsolen. Adventure waren auf Tastatur und später auf Maus ausgelegt, nicht auf Gamepads und Joysticks. Zwar wurden zahlreiche Adventure auch auf Konsolen portiert, in den Jugendzimmern fanden diese Spiele aber kaum Absatz. Adventure waren mit Rollenspielen und Strategiespielen vorwiegend auf Heimcomputern angesagt.
Hinzu kommt, dass sich die großen Titel auf zwei Firmen konzentrierten und von Drittanbietern nur wenige gute Werke erschienen. Abseits von Sierra und Lucas gab es noch Westwood Studios mit der The Legend of Kyrandia Serie (ab 1992), Adventure Soft mit Simon the Sorcerer (ab 1993), Cyan Worlds mit Myst (ab 1993) und Revolution Software mit der Baphomets Fluch Reihe (ab 1996).
Alleine an diesen Jahreszahlen erkennt man, wann es mit dem Genre bergab ging. Dass Sierra dabei viel dafür tat, die eigenen Fans zu vergraulen, muss nicht weiter ausgeführt werden. Am Ende des Jahrtausends war das Genre mausetot, abgesehen von einem Licktblick.
Die längste Reise
Ich erinnere mich noch, als The Longest Journey in der deutschen Fachpresse angekündigt wurde. Ein großes, klassisches Abenteuerspiel… aus Norwegen! Im Frühjahr 2000 war es dann soweit. Das Spiel wurde mit 82 Spielspaßpunkten von der PC Player ausreichend gut bewertet, es stand mit einer ansehnlichen Packung im Verkaufsregal und wechselte Sekunden später den Besitzer.
Die Mischung aus 3D Figuren und 2D-Renderbildern war sehr stimmig. Für mich, der Comicstil in Spielen eher verschäht und die meisten 3D Adventures der damaligen Zeit an die Wand klatschen konnte, war das eine optische Offenbarung.
Die Handlung war spannend und die Spielwelt mit ihrer tollen Akustik und Charakteren so liebenswert, dass ich unbedingt in diese Welt eintauchen wollte. Dass man dabei eine Frau spielte war wohl eher dem Umstand geschuldet, dass damals Adventures eher vom weiblichen Geschlecht gezockt wurden – störte mich aber nicht die Bohne. TLJ war großartig, zumindest bis zu dem Punkt, als das Spiel abstürzte und ich (kurz vor Schluss) aufgrund eines Bugs nicht mehr weiter kam.
Der Frust saß tief, das Spiel machte aber nach vielen Jahren endlich wieder richtig Lust auf ein fast vergessenes Genre.