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Serienkiller

blankDie Entwicklungskosten für King‘s Quest I betrugen mehr als 850.000 US-Dollar, was für die damalige Zeit enorm viel war. Trotz der revolutionären Ideen verkaufte sich das Spiel zunächst kaum, da es für den IBM PCjr fast keine Käufer gab. Erst im laufe des Jahres, als das Spiel auf andere Systeme portiert und andere IBM kompatible Computer wie der Tandy 1000 erschienen, stiegen die Verkaufszahlen langsam an.

Der Erfolg kam nicht über Nacht, aber Sierra hatte die Engine, die Erfahrung, einige Mitarbeiter, eine neue Marke und eine Gamedesignerin mit vielen Ideen. So erschien 1985 King’s Quest II: Romancing the Throne und bis 1988 zwei weitere Teile der Serie. Mit jedem weiteren Spiel von Sierra On-Line wurde die Firma und dessen Spiele bekannter und beliebter. Die Williams‘ hatten eine Gelddruckmaschine und wussten diese zu nutzen.

1986 startete die Space Quest – Serie, die es bis 1995 auf sechs Teile brachte. 1987 marschierte der hormongesteuerte Leisure Suit Larry über den Monitor und brachte es bis 1993 auf ebenfalls sechs Teile. Freunde der Polizeiarbeit durften sich über Police-Quest freuen. Zwischen 1987 und 1993 erschienen vier Teile, die mit jedem Teil simulationslastiger wurde.

Police Quest II Titelbild
Police Quest II Titelbild

Dazu kamen zahlreiche andere Adventure von denen nur ein bis zwei Teile erschienen, etwa Laura Bow (1989 und 1992), EcoQuest (1991 und 1993) und The Adventures of Willy Beamish von Entwickler Dynamix (1991).

Ausschnitt aus dem Intro von Laura Bow in The Dagger of Amon Ra

Die Liste der veröffentlichten Spiele war schier endlos. Quest for Glory, Gabriel Knight, Phantasmagoria und andere Titel lassen heute noch die Herzen vieler Spieler höher schlagen und spülten über viele Jahre Geld in die Kassen der Unternehmens mit dem Berg-Logo. Quest for Glory schaffte dabei sogar einen wunderbaren Mix aus klassischem Adventure und Rollenspiel, inklusive Kämpfen. Man wählte zwischen drei Klassen, hatte verschiedene Lösungswege und die Errungenschaften konnte man von einem zum nächsten Teil über alle fünf Teile hinweg mitnehmen.

Erfolgsgeheimnis

Die Spiele waren zu unterschiedlich um den Erfolg auf ein Rezept zu reduzieren. Insgesamt muss man festhalten, dass Sierra sehr viele Szenarien bediente und darauf achtete, eine möglichst große Zielgruppe zu erreichen. Wer Adventures liebte, fand mit Sicherheit ein Spiel von Sierra, das ihn begeisterte.

Titelbild von "The Adventures of Willy Beamish"
Titelbild von „The Adventures of Willy Beamish”

Die Larry Spiele sprachen ein erwachsenes und heranwachsendes, männliches Publikum an. Das Ziel bestand darin, eine Frau ins Bett zu bekommen, was am Ende des Spiels auch immer gelang. Was wie ein billiges Porno-Spiel klingt, war stattdessen ein unglaublich witziges, charmantes Abenteuer, das sich der Programmierer, Gamedesigner und Komponist Al Lowe scheinbar irgendwann beim Erdnüsse zählen in einer Bar ausdachte. Selbst heute treiben mir viele Szenen, wie etwa das Ende von Leisure Suit Larry 6: Shape Up or Slip Out!, vor lachen Tränen in die Augen.

Tatsächlich stammt die Idee für Larry nicht von Al Lowe, sondern wurde vom Spiel Softporn inspiriert. Dieses 1981 von Charles Benton programmierte Textadventure enthielt bereits fast alle Settings und Rätsel des ersten Larry-Spiels und wurde auch von Sierra verkauft. Der erste Larry-Teil mit dem vollständigen Titel Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards war in gewisser Hinsicht eine Parodie auf das Softporn-Spiel.

Laura Bow hingegen war eine ernste Journalistin, die Kriminalfälle detektivisch durch Befragungen und Untersuchungen löste. Police-Quest war ein durchaus ernstes Spiel, das sich um Polizeiarbeit drehte, hatte aber in den ersten beiden Teilen immer ein kleines Augenzwinkern parat. Space Quest spielte, wie der Name schon sagt, im Weltraum und war eine Aneinanderreihung skurriler Ideen, Gags und Parodien.

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Police Quest I

Die Bausteine der meisten Sierra-Spiele bestehen aus einem interessanten Setting, einem interessanten Helden oder Antihelden, interessanten oder skurrilen Charakteren, Dialogen und Rätseln, die den Spieler nie völlig kalt lassen.

Als Beispiel ziehe ich das bisher noch nicht erwähnte Freddy Pharkas: Frontier Pharmacist heran. Der Spieler schlüpft in die Rolle des Apothekers Freddy Pharkas, der im Wilden Westen in einer kleinen Stadt namens Coarsegold sein Dasein fristet. Im verlaufe des Spiels hilft man den Bewohnern der Stadt bei der Bewältigung von Krankheiten, kämpft gegen Katastrophen und arbeitet die eigene Vergangenheit auf. Es entfalten sich nette, kleinere und größere Geschichten mit jeder Menge Spaß. Geistiger Vater ist wieder Al Lowe, der seiner Figur Larry in Form des Ur-Urgroßonkel einen Gastauftritt schenkt, indem er Werbung für das kommende Larry-Spiel macht.

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Freddy Pharkas

Die Dialoge sind zum Schreien und als Kopierschutz liegt dem Spiel ein Apotheker-Handbuch bei, mit dessen Hilfe man zahlreiche Rätsel um Rezepte für Medikamente lösen muss. Es ist diese Mischung aus einem außergewöhnlichen Setting, liebenswerter Grafik, tollen Charakteren, witzigen Dialogen und „scha(r)fe“ Witzen, die den Spieler in seinen Bann zieht und begeistert. Obwohl der kommerzielle Erfolg nicht sehr groß war, war das Spiel wie viele andere Sierra-Titel bei den Fans äußerst beliebt, gerade wegen der einzigartigen Mischung.

Ohnehin wurde der Humor in Adventures eine immer wichtigere Komponente, was zum Subgenre der Comedy-Adventures führte. Während die Rätsel mit den Jahren etwas an Anspruch verloren, ging man mehr dazu über, den Spieler zu unterhalten. Neben dem Humor dienten Dramen und ernste Themen dazu, künstlerisch immer weiter in Richtung Film zu gehen. Einen Aspekt, den wir im vierten Teil dieser Serie genauer beleuchten werden.

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Freddy Pharkas

Der schlichte, aber klare Grafikstil der ersten Sierra Abenteuer hatte viele Vorteile. Er erinnert in Ansätzen an die Werke von Georges Prosper Remi und zeichnet sich durch klare Konturen und dem Fehlen von Schatten aus. Die Räume waren so gestaltet, das es einen klaren Fluchtpunkt gab, man sich auf die wenigen wesentlichen Objekte konzentrieren konnte. Dies war vor allem der Farblimitierung und den damaligen Bildschirmen geschuldet. Mein erstes Adventure spielte ich mit rund 10 Jahren (ja, es war Larry) auf zweifarbigen Monitor, der neben der Farbe Schwarz noch Bernsteinfarbe zu bieten hatte. Trotz des kleinen 15“ Monitors war alles gut zu erkennen und erst etwas später, als ich das Spiel auf meinem 80286er mit VGA-Monitor spielte, wurde mir klar, dass das Spiel auch Farben hat.

Technische Vorreiter

Ein weiterer Pluspunkt der Sierra-Spiele war die Technik. Sie portierten nicht nur die meisten Titel auf zahlreiche Plattformen (oder gaben dies in Auftrag) sondern unterstützten auch unterschiedliche Grafikmodi und später auch Soundkarten.

Der PC war von Haus aus nur mit einem PC-Speaker ausgestattet, über den Sierra bereits Musik und Soundeffekte abspielte, was im Vergleich zu klassischen Homecomputern (Atari, Commodore etc.) furchtbar klang. Um ordentliche Klänge zu erhalten, mussten sich PC-Besitzer teure Soundkarten kaufen, von denen sich zuerst AdLib, später die Sound Blaster von Creative Labs durchsetzten. Sierra unterstützte diese Karten extrem früh und sorgte somit auch dafür, dass sich diese Standards durchsetzten.

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