Manchmal braucht man nicht viel für ein gutes Spiel. Es reicht eine ausgefallene Idee und zwei Menschen, die sie umsetzen. INVERSUS zeigt, dass das Spiel Schwarz gegen Weiß auch für Licht und Schatten stehen kann.
Die Idee ist simpel, aber genial. Du bist ein schwarzes Quadrat, eingesperrt von anderen schwarzen Quadraten. Da Du Dich nur auf weißen Flächen bewegen kannst, musst Du auf die schwarzen Flächen schießen. Dabei tauchen wahlweise rote und weiße Quadrate auf, die sich nur auf den schwarzen Flächen bewegen können und nach Deinem Leben trachten. Die Roten bewegen sich nur, die weißen schießen auch. Nun gilt es, in der jeweiligen Arena so lange wie möglich zu überleben und dabei so viele Punkte zu machen, wie nur möglich.
Was absolut banal klingt, entfaltet in sehr kurzer Zeit einen hohen Reiz. Man hat nur drei Leben, keine Energie und kann lediglich in vier Richtungen schießen. Hilfreich sind dabei nur ein mehrfach Schuss, den man bekommt, wenn man die Schusstaste länger gedrückt hält und der Umstand, dass die roten Gegner kaskadenartig explodieren können, wenn sie nahe genug beisammenstehen und man einen von ihnen trifft.
Das Spieltempo ist dabei atemberaubend hoch. Beginnt jede Arena in den ersten Sekunden noch ziemlich gemütlich, so hat man bereits nach einer halben Minute einen grenzwertigen Puls. Von allen Seiten nähern sich die Gegner, man hat immer zu wenig Munition und muss auf der begrenzten Fläche pausenlos ausreichen, schießen und hoffen, keinen Fehler zu machen. INVERSUS ist schnell und gnadenlos. Jeder Fehler wird gnadenlos bestraft, man muss zu 100% konzentriert sein, will man länger überleben als man „Arcade-Game“ aussprechen kann. Es ist derart fordernd, dass sich 15 Minuten damit anfühlen, wie eine Stunde mit anderen Spielen. Nicht, dass es langweilig wäre, im Gegenteil. Man steht dermaßen unter Strom, dass man sich förmlich ausgelaugt fühlt. Wenn man einen neuen Punkterekord dabei aufstellt, ist es sogar ein sehr schönes Gefühl.
Das Arcade-Spiel ist Minimalismus pur. Die Grafik könnte kaum schlichter sein. Als optische Highlights gelten schon eine leichte Bewegungsunschärfe, Glow-Effekte bei Gegnern und kleine Pixel-Partikel. Schwarz und Weiß dominieren das optische Geschehen, die Menüs sind konsequent in Grau gehalten. Zu jeder Zeit hat man das Gefühl, eine HD Version eines Atari-Spiels zu spielen.
Der Sound ist nicht so minimalistisch. Statt 8Bit Musik bekommt der Spieler einen Techno-Track zu hören. Der ist zwar sehr angenehm, beginnt aber nach etwa einer Stunde zu nerven. Hier hätten es gerne mehr Lieder sein können. Die Soundeffekte sind komplett old School, passen aber perfekt. Garniert wird es mit einer angenehmen Frauenstimme, die erst dann stört, wenn man zum gefühlt tausendsten Mal „Game Over“ hört.
Die Achillesferse von INVERSUS ist der Umfang. Es gibt einen Arcade-Modus mit sieben und einen Versus-Modus mit 27 Arenen. Man sieht, dass die Priorität ganz klar auch den Versus-Modus gelegt wurde, in dem man mit bis zu drei Mitspielern Schlachten austragen kann. Das macht durchaus Spaß, doch muss man dafür erst einmal Spieler finden. Das geht zwar auch online, aber in den unzähligen Versuchen fand sich in der Testphase kaum ein Gegner. An einem Rechner machen die 1 gegen 1 Duelle großen Spaß, auch gemeinsam gegen die KI, doch die Langzeitmotivation fehlt leider. Abgesehen davon, dass man die Level durch Fortschritte freischalten muss und man dabei noch Kleinigkeiten wie Emotions erhält, gibt es keinerlei Anreize. Es ist ein Spiel, dass man mal für ein paar Minuten zockt und es dann auch wieder liegen lässt. Daran ändern die abwechslungsreiche, teils verrückt designten Arenen nichts. Wer nicht dauerhaft einen Mitspieler hat, dürfte ziemlich schnell gelangweilt sein.
Dazu kommen noch ein paar Probleme. Im Arcade-Modus kann man zwar gemeinsam gegen die KI ballern, beide Quadrate der Spieler sehen aber identisch aus, nur die Munitionsanzeige ist unterschiedlich. Wenn die Quadrate nah beieinander sind oder sich gar überlappen, verliert man im hektischen Treiben schnell die Übersicht. Dazu kommt, dass man sich gemeinsam drei Leben teilt. Wenn der Mitspieler diese schnell aufbraucht, muss man selbst nur einmal sterben und das Spiel ist beendet. Der tiefere Sinn dahinter mag sein, dass dadurch kein Mitspieler lange zuschauen muss, das System fühlt sich aber dennoch nicht fair an. Ebenso grenzwertig ist das Spawnen der Gegner. Das kündigt sich zwar in einem Zeitraum von etwa einer halben Sekunde an, aber Gegner können auch da auftauchen, wo man gerade steht. Da das Tempo und die gesamte Hektik ohnehin dem Spieler zusetzen, hätte man das durchaus vermeiden können.
Arcade-Spiele haben meist einen sportlichen Charakter. Die Regeln sind sehr einfach, man braucht aber viel Übung, um sie zu beherrschen. So ein Spielprinzip lädt geradezu dazu ein, Statistiken zu generieren. Hier versagt INVERSES aber auf ganzer Linie. Gespeichert wird lediglich der höchste Punktestand im jeweiligen Level. Wie oft man es gespielt hat, wie viele Feinde man erledigt hat, wie viele Schüsse man gebraucht hat oder Zeiten, die angeben wie lange man pro Level überlebt hat, sucht man vergeblich. Das alles hätte die Langzeitmotivation verbessern können und die eigene Leistungen hervorgehoben.
Fazit: INVERSES ist wirklich ein tolles Spiel, das ich gerne noch viel mehr lieben würde. Einerseits bin ich vom einfachen Spielprinzip und von der Aufmachung begeistert. Die Panik, das klaustrophobische Gefühl, welches sich oft einstellt, wenn man eingeklemmt wird und die Geschwindigkeit sind atemberaubend. Andererseits birgt es auch viel Frustpotenzial und zu wenig Abwechslung. Das Ganze wird etwas gemildert, wenn man mit oder gegen Menschen spielt, aber solche Spieler muss man erst einmal finden. Selbst über das Internet finden sich kaum Mitspieler. Der Hersteller kann dafür nur sehr wenig, er hätte aber wenigstens für Solo-Spieler mehr Anreize bieten können. Darauf hoffen, dass das mit einem Patch noch verbessert wird, sollte man eher nicht. Auf einen zweiten Teil hoffe ich dennoch. Die Zuversicht ist mit dem Wunsch verbunden, dann ein eher vollwertiges Solo-Spiel zu erhalten. Momentan fühlt sich das eher wie ein Demomodus an.
Positiv | Negativ |
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+ Grandiose Spielidee | – Auf Dauer zu wenig Abwechslung |
+ Schlichtes, ansprechendes Design | – Es dauert zu lange, bis man das nächste Level freigeschaltet hat |
+ Nach einer Eingewöhnungszeit ist die Steuerung sehr gut | – Musik nervt mit der Zeit |
+ Koop-Modus, auch über das Internet | – KI ist nur durch die Masse fordernd |
+ Viele Level im Versus-Modus | – Beste Punktzahlen werden online nicht verglichen |
+ Sehr hohes Tempo | – Keine Statistiken, Persönliche Bestwerte unnötig verschachtelt |
+ Texte auf Deutsch |
Informationen:
Spielname: INVERSUS
Entwickler: Hypersect
Jahr: 2016
Plattform: Windows PC, PS4