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Selbst 1990 waren Sportspiele nichts Neues. Viele werden sich noch an Summer Games (1984) auf dem C64 erinnern. In verschiedenen Minispielen brachte man im Titel von Epyx den Joystick an die Belastungsgrenze – und darüber hinaus. Irgendwann flatterte der zweite Teil von California Games in mein Diskettenlaufwerk – für MS-DOS. Und als ich kürzlich einen Screenshot auf Twitter sah, kamen alte, verloren geglaubte Emotionen hoch.

Der Vorgänger

Der erste Teil erschien bereits 1987 und ging voll an mir vorbei. Für diesen Artikel erwarb ich beide auf Steam und muss sagen: Teil 1 entfaltet kaum Faszination. Die Disziplinen bestehen aus:

  • Halfpipe
  • Rollschuhlaufen
  • Surfen
  • BMX
  • Footbag
  • Fliegende Scheibe
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Footbag

Was mich heute länger als fünf Minuten beschäftigte, war Footbag. Eine nette Idee, die von der Steuerung her noch ein wenig fasziniert. Surfen ist ebenfalls interessant, sobald man herausfindet, wie die Bedienung funktioniert.

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Surfen

Es zeigt sich deutlich, dass Retro-Titel, die sich nicht als Kindheits- oder Jungenerinnerungen im Stammhirn vergraben hatten, nur einen geringen Zauber aufweisen. Doch wie sieht es mit dem zweiten Teil aus?

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Rollschuhlaufen

Kopierschutz?

Ich mag es, möglichst naiv an die Dinge ran zu gehen. Am Anfang kommt eine Abfrage zwecks Kopierschutz. Kann man überspringen. Wir sind in den 2020ern, Steam, wer braucht das schon? Kurze Zeit später regte ich mich über Abstürze auf. Ursache? Kopierschutz! Das Handbuch liegt dem Spiel als PDF bei. Wird benötigt!

Erster Eindruck

Die meisten Spiele aus der EnDOSkopie-Rubrik habe ich in den letzten Jahren immer wieder gezockt. California Games hingegen hatte ich komplett vergessen. Nach dem ersten Spielstart seit bald dreißig Jahren war ich zunächst total begeistert. Der Sound, die Grafik, die ganze pixelige Atmosphäre zog mich binnen Sekunden in den Bann. Statt, wie bei Teil 1, die Sportarten in einem langweiligen Menü auszuwählen, sieht man alle Sportler graphisch. Das sorgt für deutlich mehr Immersion.

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Das Hauptmenü

Im sechsseitigen, schlecht gescannten Handbuch bekommt man sogar den einen oder anderen Tipp. Wirklich einfach sind die Disziplinen dennoch nicht. Der geneigte California-Fan darf zwischen folgenden Sportarten auswählen:

  • Drachenfliegen
  • Jetski
  • Snowboarden
  • Bodyboarding
  • Skateboarden

Skateboarden

Das hatte ich noch am besten in Erinnerung. Also gleich das Brett mit Rollen geschnappt und ab auf die Piste. Was ich nicht mehr so im Gedächtnis hatte: Man stirbt schneller, als man „Achtung Tunnel“ sagen kann. Erneut wurde mir bewusst, wie frustresistent ich damals war. Wir hatten ja sonst nichts.

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Als cooler Skateboarder fährt man einer gefühlt endlosen Rampe entlang und beschleunigt, indem man mit links und rechts Schwung holt. Die Strecke wird immer wieder durch Tunnel unterbrochen, in denen sogar Loopings möglich sind. Mit genügend Geschwindigkeit lassen sich die kurzen Röhren obendrein überspringen. Punkte gibt es nicht. Es ist ein Rennen auf Zeit, durch Artistik bekommt man aber Boni in Form von Sekunden. Es ist herausfordernd, doch immer noch ein Spaß.

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Jetski

Hatte ich deutlich actionreicher in Erinnerung. Mit einem Jetski brettert man über eine vorgegebene Strecke und sammelt Punkte ein. Mit der Leertaste wird beschleunigt. Anfang der 1990er ein riesen Spaß, in den 2020ern eher öde. Das liegt nicht am Fake-3D, sondern daran, dass heutzutage kein Gefühl für Geschwindigkeit aufkommen mag, wenn man alleine auf dem Wasser fährt.

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Sieht rasanter aus, als es ist

Drachenfliegen

Beachte den Wind! Wenn er nicht von vorne kommt, misslingt bereits der Start. Für zwischendurch ist es dennoch spaßig, es erfordert aber Geschick, Kunststückchen zu vollführen. Man kann über den zweiten Bildschirm hinaus auf das freie Wasser fliegen und findet hier Reifen, in denen man Wasserballons schießen darf, um weitere Punkte zu sammeln. Das richtige Timing ist, vor allem in der Emulation, nicht so einfach. Generell hatte ich die Steuerung direkter in Erinnerung. Da ich leider nicht mehr über echte DOS-Hardware verfüge, konnte ich dies nicht testen.

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Auf den Wind kommt es an

Snowboarden

Wie schräg ist das, bitte?! Statt direkt zu fahren, muss erst ein Helikopter betreten werden, der den Sportler zum Berg bringt. Nun, da wir selbst der Pilot sind, kann es bereits hier zum Absturz kommen. Oben angekommen, starten wir aber nicht mit dem Snowboard, sondern ruhen uns aus. Der Schlüssel: Wir müssen kurz vor der Spitze aus dem Helikopter springen.

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Zunächst geht es mit dem Heli den Berg hoch

Dann beginnt eine wilde Fahrt. Rasant fahren wir runter und weichen Hindernissen aus. Das macht – zeitweise – sogar richtig Spaß. Leider war es bei mir viel zu schnell. Möglicherweise ein weiteres Problem der Emulation. Außerdem schaut man die ganze Zeit rechts, bzw. im rechten Drittel, des Bildschirms. Der Rest ist eine Fototapete.

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Dann beginnt die rasante Abfahrt

Dennoch ist die Abfahrt abwechslungsreich, zumal wir irgendwann von Schnee auf Gras und von dort auf Sand kommen. Zwischendurch gibt es noch die Möglichkeit, seine Geschicklichkeit mit Stunts unter Beweis zu stellen.

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Abwechslung beim Snowboarden

Bodyboarding

Eine weitere Disziplin, die m. M. n. ein wenig an der Geschwindigkeit krankt. Zunächst paddelt man auf das Meer hinaus und wartet auf die große Welle. Hier kann man ein paar Drehungen machen, um Punkte zu verdienen. Anschließend geht es darum, in hoher Fahrt Objekten auszuweichen. Dies können Schwimmer, Pfosten, Felsen und andere Hindernisse sein.

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Zunächst müssen wir auf das Meer hinaus

Im schlimmsten Fall ertrinken wir. Im besten kommen wir am Stand an, wo sich die Zuschauer nur wenig beeindruckt zeigen.

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Achtung: Oma auf drei Uhr!

Gemeinsamkeit

Die Sportspiele von Epyx leben davon, dass mehrere sich den Disziplinen stellen. Wer – wie ich – nur alleine spielt, wird damit auf Dauer nicht viel Spaß haben. Ich erinnere mich aber noch gut an Kindheit und Jugend, als wir uns Schlachten um den ersten Platz lieferten. Vor allem die Schadenfreude, sobald dem zukünftigen ehemaligen Freund eine Aktion misslingt und er in den Weiten des Ozeans ertrinkt. Wenn dies einem selbst passiert, ist es natürlich weniger lustig.

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Die Hindernisse sind… sehr hinderlich

Alleine sind die Spiele lediglich für eine gute halbe Stunde erfreulich. Dann ist die Luft leider raus.

Was heute noch begeistert

California Games II hat einen guten Sound und vor allem eine stilsichere Grafik. Letzteres entfacht weiterhin Glücksgefühle in mir.

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Beim Jetski kann man auch Flaschen einsammeln. Das bereitet einen auf das Leben nach der Karriere vor.

Die Sportarten finde ich heute noch interessant. Man hätte ruhig zwei oder drei vom ersten Teil übernehmen können. Die Steuerung hingegen zieht heutzutage keine Leberwurst mehr vom Teller, was teilweise an der Emulation liegen könnte. Joystick bzw. Gamepad wollte in beiden Teilen nicht richtig funktionieren.

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Zielübungen beim Drachenfliegen

Dennoch: Das Spielprinzip ist eigentlich unkaputtbar. Neu aufgelegt, mit einer modernen 3D-Engine, wäre das heute noch ein großer Spaß. Dann allerdings mit Multiplayer und entsprechenden Online-Wettbewerben.

Das Spiel zeigt jedoch auch, dass einige Elemente nicht gut gealtert sind. California Games II ist für mich mittlerweile ein klassisches Beispiel dafür, dass die Erinnerungen an die guten alten Zeiten schöner sind, als die Wirklichkeit. Müsste ich es nach heutigen BGMM-Testmaßstäben beurteilen, käme es auf drei, mit viel guten Willen auf vier von zehn Punkten.

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