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Wer hat das entschieden?

Es gibt Designentscheidungen, bei denen man durchaus an der Unzurechnungsfähigkeit der Entwickler zweifeln darf. Sogar bei großen Titeln, bei Hits. Die Liste der „Warum zur Hölle habt ihr das getan?“-Entscheidungen ist lang, an dieser Stelle möchte ich nur zwei Beispiele nennen.

Sonic the Hedgehog erschien 1991 und war Segas Antwort auf Super Mario von Nintendo. Ich spielte das vor allem auf dem Game Gear, mochte die Welt, die Musik und die unglaubliche Geschwindigkeit des blauen Igels. In der Werbung raste die Figur immer wie eine Flipperkugel durch das Level. Das Scrolling war butterweich und Mario wirkte dagegen wie ein alter Mann mit Gehhilfe.

Werbung und Wirklichkeit

Tatsächlich aber waren Werbeversprechen und Realität zwei unterschiedliche Welten. Sonic war schnell, doch nur für 3 Sekunden. Laufend geriet man in irgendeine Falle, die den Igel ausbremste. Und wenn man das Level wirklich beherrschte, exakt sprang, alle Hindernisse überwand, verpasste man 90 % des Levels. Die Designer hatten nämlich die Idee, viele Verstecke und Boni einzubauen, die man nur fand, wenn man Sonic so spielte, wie es nie gedacht war. Großartiger Humor!

Fast noch bescheuerter fand ich eine Designentscheidung bei Full Throttle (1995, auf Deutsch „Vollgas“) von LucasArts. Das Point-and-Click-Adventure-Genre war damals in der Krise, also suchten die Designer nach Wegen, das scheinbar öde Lösen von Rätseln aufzupeppen. In Indiana Jones gab es Boxkämpfe, was zu der Filmvorlage passte. In Indiana Jones and the Last Crusade (1989) konnte man am Anfang sogar an der Universität trainieren. Eine großartige Idee! In Sam & Max Hit the Road (1993) gab es Minispiele, die sich hervorragend in das Setting einfügten, meist optional und immer leicht zu schaffen waren.

Indiana Jones and the Last Crusade
Indiana Jones and the Last Crusade

Und in Full Throttle? Hier gab es Actionsequenzen, die zwar thematisch passten, aber schlecht umgesetzt wurden und nervten. Vor allem, wenn man den Kontext betrachtet. Die Rätsel waren extrem einfach zu lösen, selbst nach heutigen Standards. Und plötzlich kommt, wie aus dem Nichts, der Action-Part, der mechanisch nicht zum Rest passen will. Frustrierend ist, wenn man die Abschnitte für Geschicklichkeit nicht schafft und deswegen nie das Ende sehen kann, da LucasArts keine Möglichkeit eingebaut hat, diese Stellen mit Köpfchen zu überwinden.

Sam & Max Hit the Road
Sam & Max Hit the Road

Fazit

Ja, früher gab es großartige Spiele und einige der hier erwähnten mag ich immer noch. Aber man sollte nicht so tun, als wären die vergangenen Jahrzehnte perfekt gewesen. Frustrierend ist, dass heute noch viele o. g. Fehler begangen werden. Mit dem Unterschied, dass es heutzutage mehr Spiele und damit Alternativen gibt.

Als Hobbyspieleentwickler kann man davon nur lernen. Ein sanfter Einstieg, Vermeidung von unnötigen Frustmomenten, Abbau überflüssiger Komplexität, umgehen von Sackgassen und unerwarteten Toden helfen bereits.

Das bedeutet nicht, dass man nur noch Spiele entwickeln sollte, die sich von selbst spielen. Games sollen nicht nur Spaß machen, sondern Herausforderungen bieten. Das funktioniert, ohne unfair zu sein.

Vergessen darf man nicht, dass ein paar Titel deshalb zum Hit wurden, weil sie so schwer waren. Für den Entwickler ist dies aber ein unkalkulierbares Risiko, welches man als Hobbyentwickler dennoch hin und wieder eingehen kann. Im besten Fall schafft man mehrere Schwierigkeitsgrade oder zumindest Alternativen, etwa einen frei wählbaren Hardcore-Modus oder entsprechenden Abschnitt. Es sollte die Entscheidung des Spielers sein, wenn er sich quälen will, nicht die des Gamedesigners.

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