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    EnDOSkopie – Sid Meier’s Colonization

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    Titel Colon
    • 5Minuten

    Wenn man ein 25 Jahre altes Spiel startet, um mal eben ein paar Screenshots zu machen, dann aber derart die Zeit vergisst, dass man die Lieblingssendung am Sonntag verpasst, muss es schon ein wahnsinnig gutes Spiel sein. Colonization hat heute noch das Zeug, den Spieler komplett in den Bann zu ziehen.

    Es begann mit der Zivilisation

    Colonization
    Die Entdeckung kann beginnen.

    Sid Meier ist schon ein toller Typ. Geboren 1954 in Kanada begann er bereits Anfang der 1980er Jahre damit, Computerspiele zu entwickeln. Sein erstes Spiel, Floyd of the Jungle (1982) für den Atari 800 wird kaum noch jemand kennen. Doch in den folgenden Jahren erfand er so viele unterschiedliche Hits, dass er 1999 in der AIAS Hall of Fame aufgenommen wurde. Als zweiter Gamedesigner überhaupt, nach Shigeru Miyamoto (Nintendo).

    Zu seinen Hits gehören u. a.:

    • F-15 Strike Eagle (1985)
    • Gunship (1986)
    • Pirates! (1987)
    • Sid Meier’s Railroad Tycoon (1990)
    • Sid Meier’s Civilization (1991)
    Eine neue Welt wird entdeckt. Ohne Curry, dafür mit viel Land und Silber.

    Und viele mehr. Sid Meier verstand es dabei wie kaum ein Zweiter, Spielspaß mathematisch greifbar zu machen. Bei all dem Trubel – seit 1990 zierte jedes Spiel an dem er irgendwie beteiligt war seinen Namen – blieb er stets bescheiden.

    Colonization entstand 1994 und war der geistige Nachfolger der drei Jahre zuvor erschienenen Civilization Serie. Während man im Vorgänger (und den Nachfolgern der Serie) über Jahrtausende eine Zivilisation erschaffen durfte, konzentrierte sich ein Colonization alles auf die Zeit zwischen Entdeckung und Unabhängigkeit von Amerika.

    Das Spielprinzip

    Krieg oder Frieden, das ist hier die Frage?

    Wir beginnen im Jahr 1492 und wählen eine der damaligen Seefahrernationen aus. England, Frankreich, Holland und Spanien haben alle ihre Vor- und Nachteile. Ist die Wahl getroffen, entdecken wir kurzerhand Amerika und beginnen mit der Besiedelung, während im Hintergrund die passende Musik aus dieser Zeit vor sich hin dudelt.

    Zuvor haben wir die Wahl, ob wir eine richtige Weltkarte oder eine zufällig generierte Welt wählen. Ersteres ist historisch korrekter, letzteres macht auf Dauer mehr Spaß, weil man mit jedem Spielstart die Welt neu entdecken darf. Sogar ein Map-Editor lag dem Spiel bei, mit dem man ein eigenes Amerika erschaffen konnte.

    Gespielt wird in Runden. Rundenstrategie ist leider etwas aus der Mode gekommen, dabei funktioniert es im Prinzip wie ein Brettspiel. Man macht seine Züge und Aktionen, anschließend sind die anderen Spieler dran. Die Berechnung der Gegner bzw. Mitstreiter geht hierbei, vor allem am Anfang, ziemlich schnell.

    Der Spieler baut von nun an Siedlungen, entdeckt das Land und versucht mit Eroberungen und Handel immer mächtiger zu werden. Das Ziel besteht darin, bis spätestens 1799 unabhängig zu werden.

    Handel und Krieg

    Wir beginnen mit einer kleinen Siedlung.

    Was simpel und vielleicht unspektakulär klingt, entfaltet bald einen unglaublichen Sog. Die neuen Güter aus Amerika verkaufen wir im Heimatland. Dort rekrutieren wir neue Siedler und Spezialisten. In Amerika treiben wir Handel mit den Indianern, oder wir bekämpfen sie und plündern alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Letzteres ist einfach, gibt aber am Ende des Spiels ein paar Punkte Abzug.

    Unsere Siedlungen, die wir nach und nach aufbauen, sind stark Pflegebedürftig. Jede Siedlung hat, je nach Umgebung, andere Vor- und Nachteile. Nahrung ist immer wieder ein Problem. Rohstoffe müssen abgebaut oder aus anderen Siedlungen herbeigeschafft werden um hochwertige Güter zu erschaffen. So stellen wir Werkzeuge, Rum, Kleidung und andere Dinge her, die wir entweder mit den Indianern tauschen oder im Heimatland verkaufen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Preise, je nach Angebot und Nachfrage, schwanken können. Silber ist eine tolle Sache, aber wenn wir Europa damit überschwemmen, ist es irgendwann nichts mehr wert.

    Dem nicht genug: Die anderen Nationen entdecken ebenfalls Amerika für sich und machen uns unsere Position streitig. Bauen wir als Spanier zu viele Siedlungen in der Nähe der Franzosen, bedeutet dies ganz schnell Krieg. Wenn sich dazu noch die Holländer wichtig machen, wird eine Verteidigung recht schwierig, sofern wir nicht vorgesorgt haben.

    Auf Erkundungen können wir wertvolle Objekte entdecken.

    Bei all den zahlreichen Aufgaben lässt uns das Spiel aber nie im Regen stehen. Es ist voller Hinweise und Hilfestellungen, damit wir nie den Überblick verlieren. Dennoch ist es fordernd genug, da Rohstoffe und Geld laufend Mangelware sind. Es dauert eine Weile, bis man Handelswege optimiert und eine stabile Siedlung aufgebaut hat. Investiert man mehr Zeit und Geld in Erkundung, in Militär oder in die Siedlungen?

    Als würde das nicht reichen, macht die Monarchie in Europa Stress. Die Steuern steigen, was die eigenen Bürger unzufriedener macht. Ab einem gewissen Punkt lohnt es sich nicht mehr, Waren nach Europa zu verkaufen. Wer meint, Rundenstrategie sei öde, wird hier ganz schön ins Schwitzen gebracht.

    Die Unabhängigkeit

    Vorsicht, Frösche!

    Mit Geduld und Geschick hat man irgendwann genug Punkte, um die Unabhängigkeit anzustreben. Und wie in der echten Geschichte verläuft dies nicht unblutig. Aus Europa rückt eine Armee an, die einen vom Vorhaben abbringen will. Zudem kommen die weiterhin andauernden Kriege mit den Mitstreitern, die alle ihr Gott gegebenes Recht darin sehen, den Kontinent für sich zu beanspruchen.

    Mindestens so wichtig wie die offensive Kriegsführung ist eine vernünftige Verteidigung der Siedlungen. Man kann sie mit Zäunen und einem Fort befestigen, mit bewaffneten Einheiten beschützen und hoffen, dass man bis dahin nicht zu viel Schaden erlitten hat. Schließlich können die Gegner nicht nur Siedlungen angreifen, sondern auch Schiffe, frei herumlaufende Einheiten und somit auch unsere wertvollen Güter erbeuten.

    Hat man alle Herausforderungen gemeistert, kann man sich am Ende über eine eigene Nation freuen. Und dann von vorne beginnen. Bis dahin vergehen aber viele Stunden voller Spielspaß.

    Klone

    Colonization ist im Kern selbst ein Klon des 1991 erschienen Civilization. 1993 erschien eine Windows Version, 1995 CivNet und 1996 schließlich das von der Fachpresse und den Fans so gefeierte Civilization 2. Doch nicht nur Sid Meier mit seiner Firma Microprose entwickelte legendäre Rundenstrategiespiele. Nach Civilization sprangen auch andere auf den Zug auf.

    Master of Orion (1993) sah zwar anders aus, baute dennoch auf die Grundprinzipien der Sid Meier Ideen auf. Statt sich auf die Erde zu reduzieren, konnten hier ganze Galaxien besiedelt werden. Wie bereits in Civilization, war auch hier der Schwerpunkt auf Erforschung. Ein Element, welches bei der Eroberung Amerikas überhaupt nicht vorkam.

    Master of Magic (1994) hatte ebenfalls Meier‘sche Anleihen, setzte aber in der Fantasy-Welt mehr auf Komplexität. Hunderte verschiedener Kampfeinheiten, Helden und Zaubersprüche standen zur Verfügung, was vor allem Gelegenheitsspieler überforderte. Die eher schwache KI sorgte hingegen dafür, dass Profis unterfordert waren.

    Im Kern basieren heute noch zahlreiche Rundenstrategiespiele, auch im Browser, auf Elemente dieser Spielereihe. Warenkreisläufe, Entdeckung, Forschung und Krieg, jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten, haben den Vorteil der Langlebigkeit, ohne eine besonders hervorragende Grafik zu brauchen. Die wesentlichen Dinge passieren im Kopf, nicht auf dem Bildschirm. Ein Grund, warum vor allem jüngere Generationen von solchen Spielen Abstand halten – und dadurch viel Spaß versäumen.

    Übrigens: Die meisten Spiele von Sid Meier sahen zu ihrer Zeit ziemlich nach Grütze aus. Die Präsentation wirkte stets antiquiert, dafür glänzten die Spiele durch Tiefe, Balance und Komfort.

    Colonization heute

    Im Gegensatz zur Civ-Reihe wurde die Eroberung Amerikas nicht weiter fortgesetzt. Erst 2008 erschien ein Remake unter dem Namen Sid Meier’s Civilization IV: Colonization, welches die Engine von Civilization IV nutzte. Es war weniger ein eigenes Spiel sondern mehr ein Stand-Alone-Addon. Leider war diese Version nicht ganz so motivierend wie das Original, zumal es sich in vielen Bereichen spielerisch nicht wirklich weiterentwickelte.

    Das Original Colonization kann man heute noch über GOG ergattern und dank DOSBox problemlos spielen. Sogar auf Deutsch! Wer etwas über den Tellerrand schauen möchte, kann sich auch FreeCol anschauen. Das komplett in Java Programmierte Fanspiel sieht besser aus als das Original, der letzte Patch erfolgte aber vor vier Jahren. Ein Blick ist das Spiel allemal wert.

    Freeciv, eine Freeware-Version des klassischen Civilizations, ist ebenfalls einen Blick wert. Bereits in der Version 2.6.0 von 2018 wirkt das Projekt sehr ausgereift.

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