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Die Kunst der Geschichtenerzählung ist vorwiegend in der Literatur beheimatet. Auch in Filmen und – wenn auch eher selten, in Spielen versteht man es zuweilen, mit einer guten Geschichte zu unterhalten. Doch wie erzählt man eine gute Geschichte in einem Spiel?

Der wichtigste Teil eines Spiels ist zweifelsohne die Spielmechanik. Begeistert sie den Spieler, so kann das Spiel sonst nicht mehr allzu viel falsch machen. Ist sie hingegen misslungen, so hilft der Rest höchstens, ein mittelmäßiges Produkt zu erzeugen.

Doch selbst wenn die Spielmechanik begeistert, so sind viele Spiele nach kurzer Zeit vergessen oder taugen nur noch als Pausenfüller. Im Langzeitgedächtnis bleiben zumeist gute Handlungen, garniert mit interessanten Charakteren. Ein gutes Beispiel sind die Adventure der 1990er Jahre. Wenn man Spieler befragt, werden sie sich nicht mehr an viele Rätsel und nicht nennenswert an die Steuerung erinnern können, doch die Handlung, die Charaktere, die dadurch entstandene Atmosphäre brannte sich in ihre Köpfe und lässt ihre Herzen höher schlagen. Wie sehr eine Geschichte und ihre Welt fesseln können sieht man daran, dass es selbst heute noch begeisterte Spieler von Textadventures gibt.

Starcraft 2
Starcraft 2

Selbst Abseits von klassischen Abenteuer- und Rollenspielen lassen sich Handlungen gut erzählen und Spieler begeistern. Vor allem Starcraft 2 zeigte, dass man eine Geschichte mit interessanten Charakteren in einem Echtzeitstrategiespiel erzählen kann. Einige Ego- und Third-Person-Shooter zeichnen sich durch interessanten Handlungsverlauf, Wendungen und wichtigen Entscheidungen des Spielers aus, beispielsweise die Mass Effect-Serie oder System Shock. Man kann generell feststellen, dass sich jedes Genre durch eine gute Handlung aufwerten lässt und ebenso, dass sich Spieler immer wieder nach guten Handlungen sehnen.

Need for Speed entwickelte sich von einem relativ simplen, aber technisch gut gemachten Rennspiel zu einer Geschichte, in der es vorwiegend um illegale Autorennen ging. Natürlich ist diese Serie kein Beispiel für eine gute Handlung und erst Recht nicht für glaubwürdige, interessante Charaktere, aber es zeigt, dass Spieler oft mehr wollen, als die reine Spielmechanik, eingehüllt in zeitgemäßer Grafik und Sound. Ebenso zeigt es, dass man wirklich aus jedem Genre etwas heraus holen kann. Theoretisch ließe sich selbst Pong oder Tetris mit einer übergeordneten Handlung ausstatten, auch wenn das im ersten Moment ziemlich befremdlich klingt.

Schlüssige Rahmenhandlung

Geschichten werden, wie der klassische Schulaufsatz, gerne in Anfang, Hauptteil und Ende unterteilt. Doch bevor man damit beginnt, ist eine Schlüssige, glaubwürdige Rahmenhandlung wichtig, die möglichst gut zur Spielmechanik passt und den Spieler etwas bietet, mit dem er sich identifizieren und auseinandersetzen kann.

Ein Negativbeispiel: Angenommen, wir hätten ein Strategiespiel, welches im Mittelalter spielt. Aufgabe des Spielers: „Der benachbarte König hat dich einen Trottel genannt. Vernichte ihn und sein Volk!”

Kein Mensch könnte sich damit identifizieren. Es ist platt, dumm und erinnert ein wenig an viele Hollywood-Filme, deren Handlungen im Kern nicht viel mehr hergeben.

Besser wäre: „Der benachbarte König, ein guter Freund seit Kindestagen, wird von einem unbekannten Volk überfallen. An seiner östlichen Grenze bittet er Dich um Deine Unterstützung.“

Das ist natürlich noch keine Geschichte, aber ein gutes Motiv, um zu beginnen. Wir haben auf der einen Seite einen guten Freund, der Hilfe braucht. Damit können die meisten Spieler etwas anfangen. Und dann gibt es da diesen unbekannten Feind. Wer ist er? Warum greift er an? Und wenn er unseren Freund angreift, greift er uns auch bald an? Und schon kann sich eine Handlung entfalten, die irgendwann zeigt, dass der Feind auch seine Motive hat und unser Freund vielleicht doch nicht so fein und edel ist, wie wir es dachten. Von Mission zu Mission kann man die Ausgangslage immer mehr auf den Kopf stellen.

Wir stellen fest, dass wir für die böse Seite kämpfen, obwohl wir nur Gutes tun wollten. Daraus ergibt sich sogar die Möglichkeit, den Spieler wichtige Entscheidungen treffen zu lassen. Mit jeder dieser Entscheidungen kann er sich mehr mit dem Spiel identifizieren und er wird womöglich motiviert sein, das Spiel mehrmals zu spielen, um die verschiedenen Verzweigungen der Handlung zu erforschen. Durch das Negativbeispiel wird das nicht passieren, da die meisten Spieler bereits hier die Maus in die Ecke pfeffern. Zurecht!

Bei jeder Handlung, egal für welches Genre, muss die Geschichte in sich schlüssig sein. Sie muss nicht immer logisch und streng wissenschaftlich belegbar sein, aber immer schlüssig. Das heißt, dass der Spieler die Handlung der ganzen Welt nachvollziehen kann. Das eine Geschichte glaubwürdig erscheint. Daran scheitern nicht nur Spiele sehr oft, sondern auch zahllose Bücher, Filme und Serien, in denen die Handlung oft durch pure Zufälle und die Dummheit der handelnden Personen getragen wird. Für einen Teil des Publikums mag dies sogar genügen, doch damit sollte man sich als Autor einer Handlung nie zufrieden geben.

Spannende Fragen und interessante Antworten

Portal 1
Portal 1

Eine Handlung lebt sehr stark von den Fragen, die sie beim Spieler aufwerfen. Dabei muss nicht jede Frage von den Protagonisten ausgesprochen werden. Vieles funktioniert deswegen so gut, weil die Fragen und möglichen Handlungen im Kopf des Spielers entstehen. Ein gutes Beispiel ist Portal 1. Von der ersten Sekunde an fragt man sich, wie man selbst in diese Lage kam, wer man eigentlich ist und was mit dieser komischen Roboterstimme nicht stimmt? Wo sind die Wissenschaftler, was ist hier eigentlich geschehen? Das Spiel gibt nur wenige Prozent dieser Fragen konkret vor, der Rest entsteht im Kopf des Spielers und es funktioniert großartig!

Wichtig ist, das die Rahmenhandlung solche Fragen zulässt. Es gibt kaum etwas Schlimmeres, wie eine uninspirierte Handlung, die den Spieler nicht motiviert, Antworten zu finden und Geheimnisse zu lüften. Oft ist es besser, weniger zu verraten und die Antworten stückweise zu liefern. Nur selten funktioniert es, dass über die ganze Spielzeit keine Antworten kommen und erst am Ende, mit einem großen Knall, die Schuppen von den Augen fallen und der Spieler begeistert ist. Ein sehr positives Beispiel ist Braid, wenn ganz am Ende, sobald man das letzte Level geschafft hat, klar wird, worum es im Spiel eigentlich ging. Das ist Gänsehaut pur, aber in dieser Intensität nahezu einmalig und funktioniert vor allem deswegen, weil die Spielzeit recht knapp bemessen ist.

Diablo III erzählt ebenfalls eine nette Handlung. Am Anfang wirkt die Welt sehr abgedroschen, voller Klischees, doch von Mission zu Mission stellen sich immer mehr Fragen und die Antworten auf diese sind überraschend und faszinierend genug, um weiter zu spielen. Natürlich gewinnt die Handlung keinen Preis, aber sie unterhält gut genug, um den Spieler bei Laune zu halten und ist in ihrer Qualität ausreichend, um den Spieler nicht zu demotivieren.

Der richtige Einstieg

diablo3-screenshotJedes Medium, worüber eine Geschichte erzählt wird, neigt gerne dazu, bereits am Anfang auszuschweifen und den Konsument der Handlung mit Fakten, Namen und Fachbegriffen zu überfordern. Wer kennt das nicht? Man schaut sich einen Fantasyfilm an und in den ersten fünf Minuten wurden bereits zehn Personen, vier Völker und sieben Spezialbegriffe genannt, möglicherweise in einer vom Autor ausgedachten Sprache. Für Eingeweihte mag das interessant sein, sie können der Handlung noch folgen, aber jeder Einsteiger ist damit heillos überfordert. Das ist, als würde man ein Lehrbuch für Chemie damit beginnen, über exotische Verbindungen und Reaktionen zu schreiben und dabei auch noch möglichst viele Fremdwörter benutzen. Da kann man sich gleich ein beliebiges Buch auf Kantonesisch besorgen, im Ergebnis macht das keinen Unterschied.

Eine gute Geschichte sollte vor allem mit vertrauten Dingen beginnen. Selbst wenn es eine fantastische Welt darstellt, kann man den Spieler mit Inhalten konfrontieren, die er versteht und kennt. Von dieser Position aus wird er abgeholt und sanft in die neue Welt eingeführt. Je abstrakter und je fantastischer die Welt ist, umso sanfter muss der Spieler eingeführt werden. Nicht vertraute Personennamen und Orte müssen wohl dosiert vermittelt werden, damit der Spieler Gelegenheit hat, sich das zu merken und es zu verstehen.

Doch selbst wenn die Welt, in der die Handlung stattfindet, vertraut ist, kann es zu Problemen kommen. Fjodor Michailowitsch Dostojewski war ein russischer Schriftsteller und verfasste viele, ganz hervorragende Bücher und Kurzgeschichten. In unseren Landen hat man mit diesen Werken aber vor allem das Problem, dass die Personennamen und Ortsnamen keine Bilder erzeugen. Wenn also auf den ersten 20 Seiten von 10 verschiedenen Russen und Russinnen die Rede ist, dann mögen die Situationen und die Handlungen der Personen vertraut sein, aber wir haben ein großes Problem mit der Zuordnung und können der Handlung irgendwann nicht mehr folgen.

Gleiches gilt für Filme und Spiele. Aus dem amerikanischen sind wir auf die Orte und Namen mittlerweile konditioniert, aber ließt man eine chinesische Geschichte auf Deutsch, kann man bereits sehr schnell Probleme bekommen.

Beispiel: „Dan, Mian, Li und Chi gingen zusammen durch einen finsteren Wald. Dan schubste Chi, worauf dieser sich wütend umdrehte. ‚Dan, hör damit auf, sonst sage ich es deiner Schwester Lien!‘ Dan konnte nur müde lächeln. Auch wenn seine ältere Schwester sein Vormund war, hatte er weder Angst, noch Respekt vor ihr. Noch viel eher vor Mulan, dem Drachen des Hauses.“

Die Handlung ist banal, doch wir wissen nicht einmal, welches Geschlecht Li und Mian haben und bei Mulan können wir nur annehmen, dass es eine ältere Frau ist. Bei Li könnte man, durch Filme konditioniert, noch auf einen Jungen kommen, doch auch Mian ist ein Junge und nicht, wie wir vermuten würden, ein Mädchen.

So einfache Beispiele zeigen sehr schnell, dass man bei der Erzählweise sehr vieles beachten muss. Wenn der Spieler, Leser oder Zuschauer bereits nach wenigen Minuten überfordert ist, ruiniert es das ganze Spiel!

Fassen wir kurz zusammen, welche Aufgaben der Anfang eigentlich hat. Er muss eine interessante Welt bzw. eine interessante Geschichte zeigen, aus der sich spannende Fragen und Rätsel / Geheimnisse für den Spieler ergeben. Er muss motiviert werden, die Handlung weiter verfolgen zu wollen. Dabei darf man den Spieler nicht überfordern und muss ihn sanft einführen. Bei Namen, Fachbegriffen und Orten muss immer sicher gestellt werden, dass der Spieler versteht, um was oder wen es sich gerade dreht. Wenn das nicht visuell dargestellt wird, müssen bei ihm mindestens Bilder im Kopf erzeugt werden.

Auch wenn der Eindruck entsteht, dass man bei einer Handlung immer am ganz großen Rad drehen muss, so sei dies an dieser Stelle verneint. Es muss sich nicht immer um große Reiche, Welten, Gott oder dem Universum drehen. Auch im Kleinen gibt es viele interessante Geschichten zu erzählen und man erzielt hier noch eine bessere Bindung, weil sich jeder Mensch mit Konflikten zwischen Menschen identifizieren kann, als wenn Orks und Elfen mal wieder Krieg führen.

Die richtige Erzählweise im Spiele

Viele Spiele haben das Problem, dass die Handlung einen Anfang und ein Ende hat, dazwischen aber gähnende Leere herrscht. Es wird damit gerechtfertigt, dass hier das eigentliche Spiel dominiert und angenommen, die Handlung würde nur den Spielfluss stören. Wenn man es übertreibt, ist es auch richtig, aber dennoch brauchen solche Spiele einen roten Faden. Eine schlechte Handlung ist immer nur Selbstzweck.

Beispiel: Am Anfang des Spiels wird die Freundin des Spielers entführt und er muss sie befreien. In den folgenden 30 Level kämpft er sich durch und am Ende kommt ein Abspann, indem sich die beiden küssen.

Dazwischen ist nichts, außer die 30 Level und ggf. dem einen oder anderen Bosskampf. Die Handlung diente ausschließlich als Rechtfertigung für diese 30 Level und die Chance wurde nicht genutzt, eine Geschichte zu erzählen, die Welt und ihre Charaktere genauer zu beleuchten.

Um dieses Problem mehr oder wenige elegant zu lösen, haben sich zwei Möglichkeiten bewehrt. Die eine sind Zwischensequenzen. Alle paar Level würde ein Video, eine Animation oder Text kommen, die erklärt, wie sich die Fortschritte ausgewirkt haben. Warum wurde die Freundin entführt? Was sind das für Leute, die sich einem in den Weg stellen? Was findet der Spieler auf seinem Weg zum Ziel alles heraus?

Die zweite, und meiner Meinung nach elegantere Möglichkeit ist die, Geschichten innerhalb der Level zu erzählen. Dabei muss es nicht immer um die Haupthandlung gehen. Rollenspiele leben vor allem von Quests und Nebengeschichten, die interessant sein können und dem Spieler einen, im besten Fall bleibenden, Eindruck von der Spielwelt vermitteln. Der rote Faden, die kleinen Geschichten, Schilder an den Wänden, Geräusche und vieles mehr machen aus der bloßen Spielmechanik mehr, als es im Kern ist. Sie haucht den Sprites oder 3D-Figuren Leben ein.

Natürlich spricht nichts dagegen, beide Möglichkeiten zu kombinieren. Viele AAA-Titel tun das mit großem Erfolg, doch man braucht nicht zwingend ein Millionen-Budget, um gute Lösungen zu finden und zu kreieren.

Wichtig ist, dass man den Spieler mit der Handlung bei der Stange hält und seine Taten legitimiert. Er soll möglichst zu jeder Zeit wissen, warum er das, was er tut, macht. Wenn dies nicht der Fall ist, fragt sich der Spieler unbewusst nach einer gewissen Zeit, warum er eigentlich so viele Stunden in das Spiel investiert. Das darf nicht passieren. Selbst im ersten Super Mario Land auf dem Gameboy hat man das Problem dadurch gelöst, indem man dem Spieler alle paar Level Daisy zeigte, die der Spieler retten soll. Das ist äußerst simpel, aber Wirkungsvoll.

Das richtige Ende

Wo viele Spiele am Anfang und im Mittelteil versagen, stellt sich bei noch mehr Spielen am Ende eine Katastrophe ein. Da spielt man 10, 20 oder 100 Stunden und am Ende kommt ein Textbildschirm, der einem für die Mühen dankt. Gib es nicht? Leider viel zu oft! Titan Quest war ein wirklich tolles Hack and Slay Spiel, aber wenn man nach mehr als 50 Spielstunden nur ein Textfenster als Dankeschön bekommt, dann verleitet dies nicht wenige Spieler zu einem Wutanfall. Ganz anders Diablo I, dessen Ende heute noch als Beispiel dient, wie grandios und überraschend man eine solche Handlung zu Ende erzählen kann.

Das Ende sollte immer eine Belohnung sein und sich nicht wie eine Bestrafung, oder Spott der Entwickler anfühlen. Die Geschichte muss vernünftig beendet werden und die Leistung des Spielers muss in jeder Form gewürdigt werden. Das Ende einer Geschichte sollte auch zugleich eine Verneigung vor dem Publikum sein und unmittelbar nach dem Höhepunkt einsetzen.

Ausnahmen sind legitim, wenn bereits vor dem Kauf klar ist, dass es sich um einen Mehrteiler handelt. Hier akzeptiert der Spieler, wenn auch leicht zähneknirschend, dass das Ende offen ist, erwartet aber dennoch eine Zwischenbelohnung. Leider ist dies nur selten der Fall.

Hier kann wieder das im Kern simpel gestrickte Portal als Vorbild dienen. Der erste Teil glänzt durch ein unvergleichliches Ende, was Bosskampf, Handlung und Abspann betrifft. Alleine das Lied beim Abspann wurde mehrere 1000 Mal im Internet nachgespielt. Einerseits, weil es ein wirklich tolles Lied ist, aber vor allem, weil das Ende die Spieler so begeistert hat. Die Geschichte wird vernünftig zu Ende erzählt, der Bosskampf erscheint sehr plausibel und wurde spielmechanisch perfekt umgesetzt. Es ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man mit einfachen Mitteln Spieler begeistern kann.

Der zweite Teil ist um einiges aufwändiger, was für die ganze Handlung gilt. Im ganzen Spiel wird die Handlung auf simple Weise erzählt und der Spieler erfährt nahezu alles, was es über die Welt zu wissen gibt. Am Ende folgt ein epischer Bosskampf, der nicht nur alle Fähigkeiten des Spielers fordert, sondern im ganzen Kontext perfekt in das Geschehen passt. Der Abspann ist fast so unvergleichlich schön wie vom ersten Teil. Das alles mit überschaubarem Aufwand, aber verdammt viel Herzblut. Keinen Spieler kann so ein Ende wirklich kalt lassen.

Das faszinierende daran ist, dass es sich dabei um ein Action-Adventure, im Kern sogar um ein Denk- und Geschicklichkeitsspiel handelt. Doch die Handlung und vor allem das jeweilige Ende machen dieses simple Spiel zu einem so großartigen Erlebnis, vor dem man nur den virtuellen Hut ziehen kann!

Am Schluß dürfen keine offenen Fragen bleiben. Egal ob es eine eher einfache Handlung war oder der Spieler durch komplizierte Verschleierung an der Nase herumgeführt wurde, am Ende muss alles ganz klar sein und der Spieler muss sich belohnt und befriedigt sehen. Ein eher witziges Beispiel ist hier Police Quest I. Der Spieler beginnt als Streifenpolizist und stellt u. A. Autofahrern Strafzettel aus, bis er sich hocharbeitet und einen Händlerring einer Rauschgift-Organisation hoch nimmt. Am Ende wird der Spieler für seine Leistungen gefeiert. Vor dem Gerichtsgebäude stehen Kollegen, Bürger der Stadt und sogar Leute, denen man Strafzettel verpasste dran und feiern einen.

Charaktere

Eine Handlung wird fast immer durch Charaktere und deren Handlungen getragen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Menschen, Spielzeuge oder sprechen Autos sind, der Fokus richtet sich auf Charaktere, mit denen sich möglichst viele Menschen identifizieren können. Wichtig für die Erzählung sind nicht nur die Handlungen, sondern auch die Eigenschaften der Protagonisten. Die beste Idee ist zum scheitern verurteilt, wenn die Personen langweilig, nervig oder dumm sind. Ja, dumme Charakter können sehr lustig sein, wie etwa die Figuren aus Sam & Max oder Day of the Tentacle, doch tatsächlich fußt die Faszination nicht auf der Dummheit der Charaktere, sondern ihren Facetten und Unterschieden. Jeder der drei Hauptcharaktere von Day of the Tentacle würde schnell nerven und langweilen, aber die Mischung und das Zusammenspiel, in Kombination mit der dargebotenen Slapstick, macht die Charaktere liebenswert und die Handlung sehr unterhaltsam.

Generell gilt, dass in Comedy sehr viel verziehen wird, so lange am Ende ein guter Gag rauskommt. Comedy muss nicht logisch sein, nicht intellektuell fordern, sondern vor allem lustig. Hier sind Klischees und unlogisches Handeln erlaubt, oft sogar erwünscht. In anderen Bereichen sollte man dies tunlichst unterlassen, weil es entweder nicht verstanden wird, oder wirklich stupide, dumm und uninspiriert wirkt. Wie bereits vermerkt, darf die Handlung nicht von der Dummheit der Protagonisten oder vom Zufall getragen werden. Es ist, außer im Comedy-Bereich, extrem störend, wenn die handelnden Personen unlogische Entscheidungen treffen und dies dann, durch die Aneinanderreihung von Zufällen, sogar funktioniert. Das ist, wohlwollend ausgedrückt, Filmniveau der 1980er Jahre.

Charaktere brauchen Tiefe, brauchen Profil und dürfen nicht nerven. Kein Mensch spielt gerne 20 Stunden oder mehr mit einer Nervensäge. Hat man mehrere Hauptcharakter, die den Spieler begleiten oder die der Spieler selbst steuert, müssen die gut aufeinander abgestimmt sein. Gegensätze ziehen sich in solchen Handlungen oft an, ergänzen sich und ermöglichen interessante Dialoge.

Bei allem, was bisher zur Erzählung geschrieben wurde, ist eines stets am wichtigsten: Der Spieler muss gut unterhalten werden! Wenn man sich nicht sicher ist, ob eine Handlung die Mehrzahl der Spieler begeistert, sollte man sie überarbeiten oder, wenn es nicht funktioniert, lieber ein Spiel ohne Handlung entwickeln. Denn eine Handlung kann ein Spiel unsterblich machen, oder das eigentliche Spiel töten.

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